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Begegnungen
Schriftenreihe des Europa Institutes Budapest, Band 16:55–67.

JÜRGEN SCHLUMBOHM

Geschichte der Geburt

Das Entbindungshospital der Universität Göttingen und seine Patientinnen, 1751 – ca. 1830

 

Tendenzen der neueren Forschung

Die Geschichte der Geburt – oder zumindest die Geschichte der Geburtshilfe – ist für die Forschung kein Neuland. Medizinhistoriker schrieben seit dem 19. Jahrhundert die Geschichte der Ideen der großen Ärzte und der wenigen Hebammen, die gedruckte Schriften hinterlassen haben1, aneinandergereiht zu einer Linie des Fortschreitens zu immer richtigeren Erkenntnissen über den Körper der Frau und die geburtshelferischen Möglichkeiten. Aus institutionsgeschichtlicher Perspektive erschien die Entstehung der medizinischen Spezialdisziplin Geburtshilfe als Teil eines zwangsläufigen Prozesses der Verwissenschaftlichung der modernen Welt sowie der Ausdifferenzierung immer weiterer Teilgebiete innerhalb der Medizin.2 Sozialhistoriker beschrieben die fortschreitende Professionalisierung des medizinischen Personals, der ärztlichen Geburtshelfer einerseits, der Hebammen andererseits. „Medikalisierung” war seit den 1970er Jahren das Zauberwort, mit dem der Wandel auf den Begriff gebracht wurde. Es hob zum einen darauf ab, dass immer mehr Menschen in die medizinische Versorgung einbezogen wurden, zum anderen betonte es die „Rationalisierung” der menschlichen Verhaltens– und Denkweisen im Sinne medizinischer Lehren und Vorstellungen. Als direkte Folge der Medikalisierung der Geburt und der Professionalisierung der Geburtshilfe erscheint dann die radikal verminderte Todesgefahr für Mutter und Kind bei, vor und nach der Geburt. Mitte des 18. Jahrhunderts starben doch hundertmal so viele Frauen im Zusammenhang mit Schwangerschaft und Geburt wie heutzutage.3

Doch in den 1970er Jahren setzte die Kritik ein. Angeregt von unterschiedlichen Impulsen wie der feministischen Bewegung, radikaler Medizinkritik und der Philosophie Michel Foucaults wurde die Entwicklung der Geburtshilfe als Macht–Geschichte beschrieben: Das neue durch den „ärztlichen Blick” gewonnene Wissen bedeutete vor allem Macht für seine Träger. Männer, nämlich Ärzte eigneten sich das Wissen der ‘weisen Frauen’ und Hebammen teils an, teils verdrängten sie es und eröffneten so den Weg zur Medikalisierung der Geburt.4 Paradoxerweise blieb diese kritische Betrachtung zunächst ihrem Gegenstück in vielem verhaftet. Sie kann als dessen spiegelbildliche Umkehrung aufgefasst werden. Beide Male erscheint der Verlauf der Entwicklung als geradlinig, und die Geschichte wird kanalisiert in dichotome Gegensätze: Frauen versus Männer, Tradition versus Wissenschaft, Natur versus Technik.

Demgegenüber ist die gegenwärtige Forschungssituation dadurch gekennzeichnet, dass in verschiedenen Ländern und in mehreren Disziplinen vielfältige neue Ansätze entstehen und erprobt werden. Bei aller Unterschiedlichkeit im Einzelnen sind die neuen Tendenzen insgesamt dadurch gekennzeichnet, dass sie die Geschichte der Geburtshilfe einbetten in eine umfassende Geschichte der Geburt. Dabei wird die Geburt verstanden als ein Ereignis, das sowohl eine biologisch–demographische, als auch eine kulturell–soziale Seite hat. Sie hat zentrale Bedeutung nicht nur für das Individuum und die engere Familie, sondern auch für die weitere Gesellschaft, deren Fortbestand und Entwicklung. Hoffnungen und Erwartungen richteten sich auf die Geburt, doch ebenso waren Sorge und Furcht mit ihr verbunden, zumal bis ins 20. Jahrhundert hinein mit dem Beginn eines neuen Lebens stets die Gefahr des Todes verbunden war. In der historischen Forschung hat vor allem die Frauen– und Geschlechtergeschichte neue Perspektiven zu diesem Problemkreis eröffnet. Zugleich wendet sich die historische Demographie der Sozial– und Kulturgeschichte zu und befreit sich so aus der Isolierung. Die Medizingeschichte hat ihr Forschungsfeld stark erweitert und die vormalige Beschränkung auf die Geschichte der großen Ärzte und ihrer Schriften überwunden. Die Volkskunde richtet verstärkt den Blick auf die Praxis einfacher Leute und verortet diese in dem jeweiligen historischen und sozialen Kontext, statt sich mit der Beschreibung ‘traditionellen Brauchtums’ zu begnügen. Auf diese Weise fällt von verschiedenen Disziplinen neues Licht auf die Geschichte der Geburt und der Geburtshilfe.

Dabei ist die französische Forschung in den 1980er Jahren vorangegangen. Während die historische Demographie umfangreiches Datenmaterial zur Geburtlichkeit, aber auch zur Säuglings– und Müttersterblichkeit in der frühen Neuzeit bereitstellte, haben die Historiker dies Forschungsfeld vor allem unter der Perspektive der Medikalisierung beleuchtet. Besonderes Interesse galt der Ablösung der ‘alten Frauen’ („matrones”) durch geschulte und professionelle Hebammen („sages–femmes”) sowie dem Aufstieg der männlichen Geburtshelfer („accoucheurs”). Zugleich arbeiteten Kulturanthropologen und Volkskundler über das traditionelle Wissen und die traditionelle Praxis der Geburt, wobei sich zahlreiche Schnitt– und Berührungspunkte mit der Sozialgeschichte ergaben.5 Im angelsächsischen Raum hat vor allem die Hinwendung zur Sozial– und Kulturgeschichte der Medizin neue Wege zur Geschichte von Geburt und Geburtshilfe erschlossen. Interesse fanden z.B. der Aufstieg des „man–midwife” – wie der ärztliche Geburtshelfer paradox genannt wurde – im 18. Jahrhundert, aber auch Hebammen– und Entbindungsanstalten.6 Ein anderer Forschungszweig hat begonnen, die Bilder vom weiblichen Körper auf die Bedeutung hin zu untersuchen, die sie seit der Aufklärung im populären und im gelehrten Diskurs für die kulturelle und soziale Prägung der Geschlechter erhielten.7 Die italienische Forschung hat sich einerseits für die soziale Funktion von Gebär– und Findelhäusern im 18. Jahrhundert interessiert, andererseits in anthropologischer Perspektive das Ereignis der Geburt in spezifischen regionalen, sozialen und kulturellen Zusammenhängen betrachtet.8 Inzwischen ist auch in den deutschsprachigen Ländern eine vielfältige und differenzierte Forschung im Gange.

Die wichtigsten neuen Ansätze lassen sich folgendermaßen umreißen: Angeregt von Fragestellungen der „Geschlechtergeschichte” (gender history), bemühen sich eine Reihe von Arbeiten, die herrschenden vereinfachenden Vorstellungen vom Wandel der Leitbilder und Rollen von Mann und Frau durch eine differenzierte und vielschichtige Analyse zu überwinden. Was genau heißt es, wenn man sagt: Die ‘traditionelle Geburt’ war ein Ereignis unter Frauen?9 Gefragt wird nach der Rolle, die Männern vor der Medikalisierung im Zusammenhang mit dem Geburtsereignis zukam, andererseits nach den Wünschen und Hoffnungen, nach der Scham und den Ängsten, die Frauen dem wissenschaftlich gebildeten Geburtshelfer entgegenbrachten. Ebenso wird detailliert untersucht, ob und in welchem Ausmaß eine konsequente Umgestaltung der Praxis aus der radikalen Polemik folgte, die die frühen Vertreter ärztlicher Geburtshilfe gegen Hebammen und ‘alte Frauen’ richteten.10 Dabei wird stets auf die Unterschiede zwischen verschiedenen Ländern, Regionen, aber auch sozialen Schichten geachtet. Die Medizingeschichte hat, besonders in England, zur Kenntnis genommen, dass das Entbindungshospital, oft eine zentrale Institution der ärztlichen Geburtshilfe, bis weit ins 19. Jahrhundert hinein ein Ort stark erhöhter Sterblichkeit war11, also keineswegs in so direkter Weise die Wohltaten der neuen geburtshilflichen Wissenschaft verbreitete, wie man bisher zu glauben geneigt war. Was die Rekonstruktion der Wissensbestände und der geburtshilflichen Praktiken betrifft, so begegnen sich neuere volkskundliche Forschungen mit medizingeschichtlichen in dem Bemühen, hinter den gedruckten Texten zur Geburtshilfe, die durchweg der ‘gelehrten Kultur’ angehören, auch das mündlich tradierte – und daher in unseren Quellen meist nicht direkt bezeugte – Erfahrungswissen der Hebammen freizulegen und so den Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Formen und Ebenen des Wissens auf die Spur zu kommen.12 Die Rechtsgeschichte fragt neuerdings nach der Bedeutung rechtlicher Normen für die Praxis. Die Hebammenordnungen, wie sie zahlreiche Städte und Territorien des Alten Reiches seit dem 15. Jahrhundert erließen, werden darauf befragt, wieweit sie entweder einen bereits eingetretenen Wandel kodifizierten oder angestrebte Veränderungen programmatisch antizipierten oder aber normative Wunschvorstellungen abseits jeder praktischen Umsetzung kundgaben.13

So tritt an die Stelle einer einlinigen Fortschrittsgeschichte der Medikalisierung und Professionalisierung oder einer Geschichte von der Entmachtung der Frauen eine vielgestaltige, mannigfach gebrochene und widersprüchliche Geschichte der kulturellen Ordnungen und sozialen Praktiken der Geburt. Der oft als überhistorisch angenommene Gegensatz zwischen Männern und Frauen, Ärzten und Hebammen löst sich bei sorgfältiger Betrachtung auf in vielfältig gelagerte und unterschiedlich ausgehandelte oder ausgefochtene Felder von Konflikt, aber auch Kooperation.14

Das gilt auch für das spezielle Feld, mit dem ich mich besonders befasse, die Geschichte der Entbindungshospitäler. Für die traditionelle Medizingeschichte schien die Bedeutung der Gebärhäuser klar: Diese Institutionen spielten eine entscheidende Rolle bei der Umwandlung der Geburtshilfe aus einer Hebammenkunst in eine medizinische Wissenschaft, und deshalb waren sie mitverantwortlich für all die Segnungen, die daraus folgten.15 In den 1970er und 1980er Jahren wurde auch diese Geschichte von einer kritischen Richtung umgedreht: Nun wurden die Entbindungshospitäler als zentrale Instrumente angesehen, durch welche männliche Ärzte Schwangere und Gebärende ihrer Disziplin unterwarfen und die Hebammen verdrängten.16 Auch hier zeichnet sich inzwischen ein komplexeres und nuancierteres Bild ab. Vor allem wird deutlich, dass die Gebärhäuser in den verschiedenen Teilen Europas keineswegs so einheitlich waren, wie die beiden konkurrierenden Versionen der einlinigen Geschichte annahmen. Diese Institutionen unterschieden sich nicht nur in ihrer Größe und Organisationsstruktur, sondern auch in ihrer Funktion, ihrem Personal und der Art ihrer Patientinnen. Deshalb erscheint es angemessen, zunächst ein einzelnes Entbindungshospital genauer zu untersuchen, freilich so weit wie möglich in vergleichender Perspektive. Mein Beispiel ist das Entbindungshospital der Universität Göttingen von der Mitte des 18. bis zum frühen 19. Jahrhundert.17

 

Das Göttinger Entbindungshospital: Organisation und Zweck

Das Göttinger Entbindungshospital wurde im Jahre 1751 gegründet. Es war eines der frühesten in Deutschland und gilt als das erste in der Welt, das eine Universitätsinstitution war. Vorbild war die Gebärabteilung des Straßburger Bürgerhospitals. Von dort wurde auch Johann Georg Roederer (1726–1763) als erster Direktor nach Göttingen berufen. Roederer hatte nicht nur in Straßburg studiert, sondern auch eine Fortbildungsreise nach Paris, London, Oxford, Leiden und Göttingen unternommen. Dieser – damals nicht ungewöhnliche – Werdegang ist bezeichnend dafür, dass die Geburtshilfe als neuer Zweig der medizinischen Wissenschaft in einem europaweiten medizinischen Netzwerk entstanden ist.18

In den folgenden Jahrzehnten wurden an einer Reihe weiterer deutschsprachiger Universitäten Entbildungsanstalten gegründet. Dass viele – wenn auch keineswegs alle – Gebärhospitäler Universitätsinstitutionen waren, ist eine Besonderheit Deutschlands im Vergleich etwa zu England und Frankreich. In diesen Fällen war der Direktor des Hospitals zugleich Professor der Geburtshilfe. Als Teil der 1733–1737 gegründeten Universität Göttingen wurde das Entbindungshospital vom Staat, dem Kurfürstentum Hannover, finanziert. Sein Hauptzweck war, den Medizinstudenten Gelegenheit zur praktischen Ausbildung zu geben. Außerdem wurden Kurse für angehende Hebammen abgehalten.19

Die Anfänge der Universitätsentbindungsanstalt waren freilich sehr bescheiden. Sie verfügte zunächst lediglich über zwei Räume in einem spätmittelalterlichen Hospital für arme Alte. In seinen ersten Jahren entbanden Roederer und seine Studenten nur zehn bis dreißig Frauen pro Jahr. In den 1780er Jahren aber ließ die Regierung das alte Gebäude niederreißen, und ein neues weiträumiges und ansehnliches Gebäude an seine Stelle setzen. Der mit erheblichen Kosten errichtete Neubau diente ausschließlich als Geburtsklinik. Nun stieg die Zahl der jährlichen Entbindungen auf achtzig bis hundert. Das war immer noch eine bescheidene Zahl, verglichen mit den Gebärhospitälern in Dublin, Paris oder Wien, die um 1800 je weit über tausend Geburten pro Jahr verzeichneten.

1792, wenige Monate nachdem das neue Gebäude in Betrieb genommen war, wurde ein neuer Direktor und Professor der Geburtshilfe nach Göttingen berufen. Es war Friedrich Benjamin Osiander (1759–1822), und er hatte dieses Amt dreißig Jahre lang inne. Er nutzte die Vorzüge der Überschaubarkeit seines Hospitals: Da er mit seiner Familie in der Direktorenwohnung im zweiten Obergeschoss wohnte, konnte er die Anstalt genau übersehen. Und er war entschlossen, sie nach seinen Vorstellungen zu gestalten. Unterstützt wurde er dabei von einem Verwalter, der kein Arzt, sondern für die wirtschaftlichen und administrativen Aufgaben zuständig war. Die Hospitalshebamme war verantwortlich für die „Unteraufsicht über die Schwangeren und Wöchnerinnen” und „für Ordnung und Reinlichkeit auf den Wohn– und Schlafzimmern”. Sie vor allem hatte den alltäglichen Kontakt mit den Patientinnen, nahm aber auch einfache ‘chirurgische’ Aufgaben wie das Setzen von Klistieren wahr. Sie half dem Direktor bei den Entbindungen und kümmerte sich insbesondere um die Neugeborenen. In Göttingen war die Hospitalshebamme dem ärztlichen Direktor und Professor der Geburtshilfe klar untergeordnet – ganz im Gegensatz zu der Chefhebamme des großen Entbindungshauses von Port–Royal in Paris, die faktisch die Leitung des ganzen Hauses innehatte.20 Von den Patientinnen wurde natürlich erwartet, dass sie dem Direktor, dem Verwalter und der Hebamme gehorchten.

Wer waren die Patientinnen, und warum kamen sie ins Hospital?

Bisweilen hat sich Osiander deutlich über die Rolle der Patientinnen im Hospital geäußert: „Es ist [...] sehr unrichtig geurteilt, wenn man glaubt, dies Haus sei Unehelich–Schwangeren wegen da. Mitnichten! Die Schwangeren, sie seien hernach Verehelichte oder Unverehelichte, sind der Lehranstalt halber da.” Das Hospital war keine Wohlfahrtseinrichtung, sondern sollte der Wissenschaft und Ausbildung dienen. Aus diesem Grunde standen seine Türen weit offen: „Zur Aufnahme in dieses Institut ist [...] jede Schwangere, Verheuratete und Unverheuratete, Inländerin und Ausländerin, Christin und Jüdin, Weiße und Negerin fähig.” Dies Fehlen von Vorurteilen steht in auffälligem Kontrast zu den Prinzipien, die in der Armenfürsorge herrschten. Dort sollten gewöhnlich alle ausgeschlossen werden, die von auswärts kamen und nicht der örtlichen Gemeinde angehörten.21 Gerade die Tatsache, dass die Patientinnen im Entbindungshospital als Lehrmaterial benutzt wurden, machte eine solche liberale Aufnahmepolitik möglich.

Die Aufnahmebücher des Göttinger Hospitals, in die der Verwalter die Personaldaten jeder Patientin eintrug, bestätigen, dass die liberalen Grundsätze in der Praxis befolgt wurden.22 Was die Religion angeht, so waren 61 % der Patientinnen lutherisch, 28 % calvinistisch, 10 % katholisch und 1 % jüdisch. Es kamen mehr Frauen aus anderen Staaten als dem Kurfürstentum Hannover: 40 % stammten aus Kurhannover, aber 49 % aus Hessen–Kassel – das freilich schon etwa 20 km südlich von Göttingen begann. Nur 12 % aller Patientinnen hatten einen Weg von mehr als 50 km bis Göttingen zurückgelegt.

Fast alle Patientinnen aber hatten ein gemeinsames Merkmal: Sie waren nicht verheiratet. Von den fast 3600 Frauen, die von 1791 bis 1829 im Göttinger Hospital entbunden wurden, erklärten sich nur 2 % als verheiratet und weitere 2 % als verwitwet. Über 95 % der im Hospital geborenen Kinder waren also unehelich. Ähnlich sah es in den meisten Hospitälern Kontinentaleuropas aus, anders freilich in einigen britischen Gebäranstalten, insbesondere in London (was damit zusammenhängt, dass viele britische Hospitäler Anstalten der privaten Wohltätigkeit, also von Spendern abhängig waren).23

Die große Mehrheit der Göttinger Patientinnen waren Mägde und Dienstmädchen. In den meisten Teilen Deutschlands, konnten Mägde fristlos entlassen werden, wenn sie als schwanger befunden wurden. Für alleinstehende Schwangere aus den unteren Schichten war das Hospital attraktiv, weil es freie Unterkunft und Verpflegung in der schwierigen Zeit vor und nach der Entbindung bot. 46 Tage weilten die Göttinger Patientinnen der Periode 1791 bis 1829 durchschnittlich im Hospital (das ist doppelt so lange wie bei der Pariser Anstalt)24. Im Durchschnitt blieben sie einen Monat vor und zwei Wochen nach der Geburt. Die Schwangeren hatten die Wöchnerinnen und Neugeborenen zu versorgen, so dass die Anstalt neben der Hospitalshebamme nur eine Magd benötigte und Kosten sparte. Noch wichtiger war, dass die Schwangeren den Medizinstudenten und Hebammenschülerinnen für Untersuchungsübungen zur Verfügung standen.

Wie die meisten deutschen Gebäranstalten, aber im Gegensatz zu Wien, Paris und Turin25, hatte die Göttinger Einrichtung kein Findelhaus. Die Mütter mussten also ihre Babys mit nach Hause nehmen. Wenn die allermeisten im Hospital geborenen Kinder illegitim waren, so ging umgekehrt doch nur eine kleine Minderheit aller ledigen Mütter zur Entbindung ins Hospital. Offenbar waren es vor allem diejenigen Frauen, die keine andere Unterstützung hatten.26

Verheiratete Frauen brachten ihre Kinder zu Hause zur Welt, gewöhnlich mit Hilfe einer Hebamme und in Gegenwart anderer erfahrener Frauen, Verwandten und Nachbarinnen. Gelegentlich wurde der Direktor der Gebäranstalt auch zu Hausentbindungen in der Stadt oder in nahen Dörfern gerufen. Solche Fälle konnten aber nicht als Lehrmaterial für die Studenten benutzt werden. Vielmehr musste der Professor bei Hausgeburten die Wünsche der Gebärenden berücksichtigen, auch die ihrer Ehemänner und der anderen anwesenden Frauen, die ebenfalls Erfahrung und Wissen auf dem Gebiet der Geburtshilfe beanspruchten.27

 

Das Hospital und die Entstehung der männlich-ärztlichen Geburtshilfe

Im Vergleich dazu war das Autoritätsverhältnis zwischen Patientin und Arzt im Hospital umgekehrt. Während die Gebärende bei einer Hausentbindung gewöhnlich die Hebamme oder den Arzt zu bezahlen hatte, schuldeten die Patientinnen des Gebärhospitals der Anstalt Dank für freie Behandlung, Unterkunft und Verpflegung. Darüber hinaus kamen sie allein, und ihr Kontakt mit der Außenwelt war strikt kontrolliert. Die Patientin war also isoliert, wenn sie dem Hospitaldirektor, dem Personal und den Studenten gegenübertrat. Einige Medizinprofessoren kritisierten die Institution des Hospitals genau aus diesem Grunde: Da im Hospital „die Kranken [...] ganz unter den Befehlen des Arztes stehen” und „alles auf den Wink des Arztes mit der größten Pünktlichkeit vollzogen wird”, lernt „in dem Hospital [...] der junge Arzt die Dinge so kennen, wie sie sein sollten”; nur wenn „die Kranken [...] in ihren Häusern besorgt werden”, lernt er die Dinge so kennen, „wie sie wirklich in der Welt sind [...]”.28

In radikaler Weise wurden die Frauen, die in das Göttinger Entbindungshospital kamen, in medizinische Fälle verwandelt. Wie das geschah, kann anhand der Hospitaltagebücher verfolgt werden, in die der Direktor über jeden Fall eine Doppelseite eintrug.29 Die Patientinnen hingegen haben kaum je schriftliche Dokumente hinterlassen. Ihre Erfahrungen können wir also nur indirekt aus den Quellen erschließen, die vom Direktor oder dem Verwalter niedergeschrieben wurden.

Osiander rühmte sich seiner durchgehenden Präsenz in der Klinik: „Bei jeder Geburt, sie sei bei Tag oder bei Nacht, bin ich, wenn keine Krankheit, Reise aufs Land oder ein anderes wichtiges Geschäft mich hindert, vom Anfange bis zu Ende zugegen [...].” Im Vergleich zu den ärztlichen Direktoren sehr großer Gebäranstalten, die unmöglich derartiges von sich behaupten konnten30, belegen die Göttinger Tagebücher in der Tat eine den klinischen Alltag weithin bestimmende Rolle des Geburtshelfers. Darüber hinaus unterrichtete Osiander im Lehrsaal des Hospitals jedes Semester 30 bis 60 Studenten in theoretischer und praktischer Geburtshilfe. Dazu gehörten auch Demonstrationen und Übungen am Phantom, einem mit Leder überzogenen weiblichen Becken. Außerdem hielt Osiander zweimal jährlich einen dreimonatigen Kurs für Hebammenschülerinnen. Gewöhnlich gab es drei bis acht Teilnehmerinnen. Auch sie übten am Phantom, aber – im Gegensatz zu den Medizinstudenten – benutzten sie nie Instrumente, insbesondere nicht die von Osiander so hoch geschätzte Zange.

Der entscheidende Vorzug des Gebärhospitals lag natürlich darin, dass es Gelegenheit zur praktischen Ausbildung und Arbeit mit Patientinnen bot. Ein– oder zweimal pro Woche untersuchten Gruppen von etwa acht Studenten die Schwangeren. Durch äußerliche und innerliche manuelle Untersuchung sollten sie lernen, den Stand der Schwangerschaft und die Kindslage zu bestimmen.31 Kern der praktischen Ausbildung aber war die Anwesenheit und Tätigkeit bei den Entbindungen. Daher hat Osiander in seinen Veröffentlichungen detailliert beschrieben, wie dieser entscheidende und heikle Teil seiner Lehre vonstatten ging. Auch über die Funktion der Patientinnen für die Lehre hat er sich freimütig geäußert: „[...] da der ganze Zweck dieses Instituts dahin gerichtet ist, dass den Studierenden der Geburtshülfe sowohl als den Hebammen der Vorteil verschafft werde, sich durch Zusehen und Handanlegen zu wahren, der Menschheit nützlichen Geburtshelfern und Hebammen zu bilden; ferner dass der Lehrer Gelegenheit haben möchte, seinen Zuhörern die Lehrsätze der Geburtshülfe in der Natur anschaulich zu machen, so werden auch die ins Haus aufgenommenen Schwangeren und Kreißenden gleichsam als lebendige Phantome angesehen, bei denen alles das [immer freilich mit der größten Schonung der Gesundheit und des Lebens ihrer und ihres Kindes] vorgenommen wird, was zum Nutzen der Studierenden und Hebammen und zur Erleichterung der Geburtsarbeit vorgenommen werden kann.”

 

Die Reaktionen der Patientinnen

Wie reagierten die Frauen auf diese Zumutung? Es gibt Anzeichen, dass sie trotz ihrer meist schwierigen sozialen Lage der Realisierung des Projekts, sie in lebendige Übungspuppen zu verwandeln, Grenzen setzten. Ihren ‘Eigensinn’ zeigten Patientinnen auf verschiedene Weise. Manche Frauen kamen nicht zurück, nachdem der Direktor sie im Anschluss an die Eingangsuntersuchung für einige Tage oder Wochen wieder weggeschickt hatte, weil der Geburtstermin noch zu weit entfernt war und kein Mangel an Schwangeren im Hospital bestand. Ein gutes Drittel der Aufnahmesuchenden musste zunächst wieder gehen, und von ihnen kehrte jede Fünfte nicht zurück (das waren etwa 6 % aller registrierten Patientinnen). Offenbar hatten diese Frauen nach einmaliger Untersuchung genug von der Anstalt; sie fällten ihr Urteil mit den Füßen. – Hin und wieder kam es auch vor, dass Patientinnen, die bereits stationär aufgenommen waren, vor der Entbindung weggingen. In diesem Fall sollten sie für ihren Aufenthalt bezahlen, in der Regel einen Taler pro Woche. Das war eine beträchtliche Summe für eine arme Frau: Die Hospitalmagd erhielt pro Monat kaum einen Taler an Barlohn (neben freier Unterkunft und Verpflegung). So überrascht es nicht, dass von 1791 bis 1829 nur sieben Frauen verzeichnet sind, die vor der Niederkunft weggingen und für ihren Aufenthalt bezahlten. Mehr als viermal so viele, nämlich, aber sind als „heimlich” entwichen registriert (also 1 % aller Patientinnen); von ihnen ließ sich kein Geld eintreiben.

Wieder andere Frauen ärgerten den Direktor, weil sie zu spät auf dem Hospital ankamen. Zwar war es nicht ungewöhnlich, dass Patientinnen erst eintrafen, nachdem die Wehen eingesetzt hatten; 10 % aller Patientinnen wurden am selben Tag stationär aufgenommen, an dem sie dann auch ihr Kind zur Welt brachten. Einige aber kamen buchstäblich im allerletzten Moment. Die 27–jährige Anna Margaretha Zieglerin, die schon zwei Jahre zuvor im Göttinger Hospital von einem Kind entbunden worden war, erschien am 24. Mai 1796 und sagte, „sie glaube, auf Johan[nis, d. i. 24. Juni] niederzukommen”. Nach der üblichen Untersuchung trug Osiander in das Tagebuch ein: Sie „will in 3 Wochen nieder– und in 14 Tagen aufs Hause kommen”. Tatsächlich kam sie „den 12. Jun[i] nachmitt[ags] um 3 Uhr [...] in Wehen so auf dem Hause an, dass man sie kaum in Stuhl [den Gebärstuhl] bringen konnte, so schoss das Kind herbei.” Osiander fügte hinzu: „Es war ihr vor 14 Tagen so ernstlich eingeschärft, dass sie nicht zu spät kommen sollte; sie schien es aber darauf angelegt zu haben. Sollte sie sich daher wieder einmal als schwanger melden, so kann sie nicht mehr aufgenommen werden, da sie wahrscheinlich bei dem Verzögern böse Absichten hatte, ihrem Kinde Schaden zu tun.” Nun mag man sich fragen, warum sie überhaupt auf das Hospital kam, wenn sie tatsächlich vorhatte, ihrem Kind etwas zuleide zu tun. Auffällig ist bei diesem Geburtsprotokoll, dass am Rande nicht wie üblich der betreuende Geburtshelfer bzw. die Hebamme namentlich genannt ist, sondern ein vager Plural gebraucht wird: Die im Hospital gegenwärtigen Hebammen leisteten Beistand. Offenbar war es zu spät, die Medizinstudenten aus der Stadt herbeizurufen. Osiander selbst scheint auch nicht dabei gewesen zu sein; denn das Geburtsprotokoll erwähnt ihn nicht, und auch die Angaben über Gewicht und Maße des Neugeborenen fehlen im Tagebuch. All das legt die Vermutung nahe, dass eine tiefere Ursache für den Ärger des Direktors darin lag, dass diese Patientin sich der Aufgabe entzog, die ihr für die akademische Lehre zugedacht war.

Wieder andere Frauen suchten im Hospital ihre Wehen zu verheimlichen, offenbar im Einvernehmen mit den anderen Patientinnen. Anna Maria Ostermeyerin, ein Dienstmädchen von 27 Jahren, das am 3. Mai 1800 zum zweiten Mal im Göttinger Accouchierhaus niederkam, „verheimlichte” laut Tagebuch „ihre Geburt bis diesen Morgen um h[alb] 5 Uhr, wo der Kopf schon im Einschneiden war. Um 5 Uhr wurde das Kind [...] geboren. [...] Sie soll die ganze Nacht Wehen gehabt, aber zu den andern, die bei ihr waren, gesagt haben, dass es nur Krämpfe seien.” Da jeweils zwei Frauen ein Zimmer teilten, blieb den anderen nicht verborgen, dass sich Anna Marias Zustand veränderte; die Hospitalshebamme benachrichtigten sie nicht, obwohl die „Hausgesetze” das nachdrücklich einschärften. Bei knapp 4 % der Entbindungen spricht das Tagebuch mehr oder weniger deutlich von Versuchen, die Wehen zu verheimlichen. Sehr häufig ist dies Verhalten demnach nicht gewesen. Dennoch irritierte es den Direktor in besonderer Weise. Wollten diese Frauen doch die Wohltaten der Gebäranstalt – freie Unterkunft und Verpflegung, eine Zuflucht in den schwierigen Wochen vor und nach der Niederkunft – in Anspruch nehmen und die Gegenleistung, sich entbinden zu lassen, verweigern.

Das Göttinger Hospital zeigt, dass die Entbindungsanstalt in Deutschland für den Aufstieg der ärztlichen Geburtshelfer und die Umwandlung der Geburtshilfe in eine medizinische Wissenschaft tatsächlich eine zentrale Rolle spielte. Insofern ist der Göttinger Fall eher geeignet, die Sicht der traditionellen Medizingeschichte – oder aber deren feministisch inspirierte Kritik – zu bestätigen, als das Beispiel des Pariser Entbindungshospitals von Port–Royal, das ausschließlich Hebammen in zweijährigen Kursen ausbildete und faktisch von der Chefhebamme geleitet wurde. Trotzdem konnte auch das Göttinger Hospital die Frauen nicht einfach in Fälle und Objekte der entstehenden geburtshilflichen Wissenschaft verwandeln. Vielmehr benutzten die Frauen das Gebärhaus auch für ihre eigenen Zwecke und hatten selbst in dieser Anstalt eine ‘weibliche Sphäre’, die der Direktor nicht ohne weiteres durchdringen konnte.

 

Anmerkungen

1

Klassisch und in dieser Hinsicht immer noch nützlich: Heinrich Fasbender, Geschichte der Geburtshilfe, Jena 1906, Nachdruck Hildesheim 1964.

2

Dazu Hans–Heinz Eulner, Die Entwicklung der medizinischen Spezialfächer an den Universitäten des deutschen Sprachgebietes (Studien zur Medizingeschichte des 19. Jahrhunderts 4). Stuttgart 1970, S. 283 ff.

3

So kam in Schweden, für das besonders lange Datenreihen vorliegen, um 1750 etwa ein Todesfall einer Mutter auf 100 Geburten, um 1975 weniger als ein Todesfall auf 10.000 Geburten. Grundlegend und differenziert zu diesem Problem: Irvine Loudon, Death in childbirth: An international study of maternal care and maternal mortality 1800–1950, Oxford 1992, hier S.409, 553 f.

4

Siehe z.B. Jean Donnison, Midwives and medical men: A history of inter–professional rivalries and women’s rights, London 1977; Ute Frevert: Frauen und Ärzte im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert. Zur Sozialgeschichte eines Gewaltverhältnisses. In: Annette Kuhn/Jörn Rüsen (Hg.), Frauen in der Geschichte II. Düsseldorf 1982, S. 177–210; Marjorie Tew, Safer childbirth? A critical history of maternity care, 2. Aufl. London usw. 1995; vgl. Michel Foucault, Die Geburt der Klinik. Eine Archäologie des ärztlichen Blicks, München 1973 (Orig.: Paris 2. Aufl. 1972).

5

Yvonne Verdier, Drei Frauen. Das Leben auf dem Dorf, Stuttgart 1982 (Orig.: Paris 1979); Mireille Laget, Naissances. L’accouchement avant l’âge de la clinique, Paris 1982; Jacques Gélis, L’arbre et le fuit. La naissance dans l’Occident moderne XVIe–XIXe siècle, Paris 1984 (gekürzte deutsche Fassung: Die Geburt. Volksglaube, Rituale und Praktiken von 1500–1900, München 1989); Ders., La sage–femme ou le médecin. Une nouvelle conception de la vie, Paris 1988.

6

Adrian Wilson, The making of man–midwifery: Childbirth in England 1660–1770, London 1995; Hilary Marland (Hg.): The art of midwifery: Early modern midwives in Europe. London usw. 1993; Hilary Marland/ Anne Marie Rafferty (Hg.)., Midwives, society and childbirth: Debates and controversies in the modern period. London 1997.

7

Ludmilla Jordanova, Sexual visions: Images of gender in science and medicine between the eighteenth and twentieth centuries, New York usw. 1989; Barbara Duden, Geschichte unter der Haut. Ein Eisenacher Arzt und seine Patientinnen um 1730, Stuttgart 1987.

8

Claudia Pancino, Il bambino e l’acqua sporca. Storia dell’ assistenza al parto dalle mammane alle ostetriche (sec. XVI–XIX), Mailand 1984; Dies., Voglie materne. Storia di una credenza, Bologna 1996; Nadia Maria Filippini: La nascita straordinaria. Tra madre e figlio. La rivoluzione del taglio cesareo (sec. XVIII–XIX) Mailand 1995.

9

Laurel Thatcher Ulrich, A midwife’s tale: The life of Martha Ballard, based on her diary 1785–1812, New York 1990; Eva Labouvie: Andere Umstände. Eine Kulturgeschichte der Geburt. Köln 1998.

10

Hans Christoph Seidel: Eine neue „Kultur des Gebärens”. Die Medikalisierung von Geburt im 18. und 19. Jahrhundert in Deutschland. Stuttgart 1998; detaillierte Regionalstudie: Eva Labouvie: Beistand in Kindsnöten. Hebammen und weibliche Kultur auf dem Land, 1550–1910. Frankfurt/M. 1999.

11

Loudon, Death in childbirth, S. 193 ff., 327 ff., 428 ff.

12

Esther Fischer–Homberger, Medizin vor Gericht. Gerichtsmedizin von der Renaissance bis zur Aufklärung. Bern usw. 1983, bes. S. 53–68, 175–292; Waltraud Pulz: „Nicht alles nach der Gelahrten Sinn geschrieben”. Das Hebammenanleitungsbuch von Justina Siegemund, München 1994; Nina Rattner Gelbart, The King’s midwife: A history and mystery of Madame du Coudray, Berkeley 1998.

13

Sibylla Flügge: Hebammen und heilkundige Frauen. Recht und Rechtswirklichkeit im 15. und 16. Jahrhundert. Frankfurt/M. 1998.

14

Diese Tendenzen spiegelten sich auch in der internationalen und interdisziplinären Arbeitsgruppe zur Geschichte der Geburt und der Geburtshilfe, die sich von 1994 bis 1999 zu jährlichen Arbeitsgesprächen in Göttingen traf. Sie wurde vom Max–Planck–Institut für Geschichte und der Mission Historique Française en Allemagne getragen und von der Volkswagen–Stiftung gefördert. Aus ihrer Arbeit ist bisher ein Sammelband hervorgegangen: Jürgen Schlumbohm/ Barbara Duden/ Jacques Gélis/ Patrice Veit (Hg.): Rituale der Geburt. Eine Kulturgeschichte (Beck’sche Reihe 1280) München 1998. Eine weitere Publikation, speziell zur Geschichte des Ungeborenen und der Schwangerschaft, wird in Kürze als Band in der Reihe Veröffentlichungen des Max–Planck–Instituts für Geschichte erscheinen.

15

Siehe z.B. Fasbender, Geschichte der Geburtshilfe, S. 146.

16

Siehe die in Anm. 4 zitierte Literatur und Marita Metz–Becker, Der verwaltete Körper. Die Medikalisierung schwangerer Frauen in den Gebärhäusern des frühen 19. Jahrhunderts, Frankfurt/Main usw. 1997.

17

Vgl. Jürgen Schlumbohm, „Verheiratete und Unverheiratete, Inländerin und Ausländerin, Christin und Jüdin, Weiße und Negerin”: Die Patientinnen des Entbindungshospitals der Universität Göttingen um 1800, in: Struktur und Dimension. Festschrift für Karl–Heinrich Kaufhold zum 65. Geburtstag, hg. Hans–Jürgen Gerhard (Vierteljahrschrift für Sozial– und Wirtschaftsgeschichte Beiheft 132), Stuttgart 1997, S. 324–343; ders., Der Blick des Arztes, oder: wie Gebärende zu Patientinnen wurden. Das Entbindungshospital der Universität Göttingen um 1800, in: Schlumbohm u. a. (Hg.), Rituale der Geburt, S. 170–191; ders., „Die edelste und nützlichste unter den Wissenschaften”: Praxis der Geburtshilfe als Grundlegung der Wissenschaft, ca. 1750–1820, in: Hans Erich Bödeker u. a. (Hg.), Wissenschaft als kulturelle Praxis, 1750–1900 (Veröffentlichungen des Max–Planck–Instituts für Geschichte 154), Göttingen 1999, S. 275–297; ders., „The pregnant women are here for the sake of the teaching institution”: The lying–in hospital of Göttingen University 1751 to c. 1830, in: Social history of medicine 14, 2001, S. 59–78. In diesen Aufsätzen werden auch die im Folgenden angeführten Quellenzitate nachgewiesen.

18

Dazu Gélis, Sage–femme, S. 291 ff.

19

Dazu Henrike Hampe, Zwischen Tradition und Instruktion. Hebammen im 18. und 19. Jahrhundert in der Universitätsstadt Göttingen (Beiträge zur Volkskunde in Niedersachsen 14), Göttingen 1998.

20

Scarlett Beauvalet–Boutouyrie, Naître à l’hõpital au XIXe siècle. Paris 1999; dies., Die Chef–Hebamme: Herz und Seele des Pariser Entbindungshospitals von Port–Royal im 19. Jahrhundert, in: Schlumbohm u.a. (Hg.), Rituale der Geburt, S. 221–243.

21

Johanna–Luise Brockmann, Friedrich Benjamin Osianders Bericht „Über die Ursachen, warum so viele uneheliche und verlassene Kinder von Zeit zu Zeit der Stadt Göttingen zur Last fallen”, in: Göttinger Jahrbuch 30, 1982, S.161–180; allgemein vgl. Christoph Sachsse/ Florian Tennstedt, Geschichte der Armenfürsorge in Deutschland, Bd. 1, Stuttgart 1980, S. 110 f.

22

Näher dazu Schlumbohm, „Verheiratete und Unverheiratete”.

23

Seidel, Kultur des Gebärens, S. 164 ff.; Metz–Becker, Der verwaltete Körper; Labouvie, Beistand in Kindsnöten, S. 290 ff.; Verena Pawlowsky, Ledige Mütter als „geburtshilfliches Material”, in: Comparativ 3,5, 1993, S. 33–52; Beauvalet–Boutouyrie, Naître à l’hõpital, S. 142 ff.; Sandra Cavallo, Charity and power in early modern Italy: Benefactors and their motives in Turin, 1541–1789, Cambridge 1995, S. 199 ff.; Nadia Maria Filippini, Sous le voile. Parturientes et utilisation des hospices de maternité en Italie, in: Revue d’histoire moderne et contemporaine (im Druck); Wilson, Man–midwifery, S. 146 f.; Bronwyn Croxson, The foundation and evolution of the Middlesex Hospital’s lying–in service 1745–86, in: Social history of medicine 14, 2001, S. 27–57.

24

Scarlett Beauvalet–Boutouyrie, Perdre la vie en la donnant. La mortalité maternelle à Port–Royal, 1815–1826, in: Annales de démographie historique 1994, S. 237–260, bes. 247 ff.

25

Seidel, Kultur des Gebärens, S. 223, 232 ff.; Verena Pawlowsky, Trinkgelder, Privatarbeiten, Schleichhandel mit Ammen: Personal und Patientinnen in der inoffiziellen Ökonomie des Wiener Gebärhauses, 1784–1908, in: Schlumbohm u.a. (Hg.), Rituale der Geburt, S. 206–220; Beauvalet–Boutouyrie, Naître à l’hõpital, S. 87–97, 272–276; Cavallo, Charity and power, S. 196 ff.; Filippini, Sous le voile.

26

Brockmann, Osianders Bericht, S. 167.

27

Wilson, Man–midwifery, S. 176 ff.; Labouvie, Andere Umstände, bes. S. 103 ff.; Seidel, Kultur des Gebärens, S. 288, 400 ff.

28

Christoph Wilhelm Hufeland, Nachrichten von der Medizinisch–Chirurgischen Krankenanstalt zu Jena, nebst einer Vergleichung der klinischen und Hospitalanstalten überhaupt, in: ders. (Hg.), Journal der practischen Arzneykunde und Wundarzneykunst 3, 1797, S. 528–566, bes. 529 ff., 535 f. Vgl. Isabelle von Bueltzingsloewen, Machines à instruire, machines à guérir. Les hõpitaux universitaires et la médicalisation de la société allemande, 1730–1850, Lyon 1997, S. 242 ff.

29

Siehe Schlumbohm, Blick des Arztes, S. 172 ff.

30

Siehe Beauvalet–Boutouyrie, Chef–Hebamme; Pawlowsky, Trinkgelder.

31

Vgl. Seidel, Kultur des Gebärens, S. 286 ff. zu dieser „Überschreitung des Schamtabus”, die in der Privatpraxis kaum zulässig war.