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Begegnungen
Schriftenreihe des Europa Institutes Budapest, Band 12:19–21.

FERENC GLATZ

Europa der Menschen

Begrüßungsworten

 

Geehrter Herr Präsident, werter Herr Minister, geehrter Herr Batliner!

Mit Freude begrüße ich unter uns Árpád Göncz, den Staatspräsidenten der Republik Ungarn, der im Laufe der vergangenen 10 Jahre – wie bekannt – sowohl in unserem Lande wie in der Region nicht nur als Politiker sondern ebenso als Intellektueller sehr viel im Interesse dessen unternahm, dass auch der Kultur und den Lebensverhältnissen größere Aufmerksamkeit gewidmet wird.

Gestatten Sie mir, herzlichst Herrn Minister Andrei Pleşu zu begrüßen, vor dessen Namen ich doppelt den Titel Minister setzen könnte, denn als wir uns vor 10 Jahren – d.h. 1989 – kennenlernten, war er der erste Kultusminister des neuen Rumäniens, mit dem wir seinerzeit so viele Pläne in bezug auf den kulturellen Aufschwung der mitteleuropäischen Völker schmiedeten. Und dabei waren wir beide uns im klaren darüber, dass wir uns als Intellektueller, als Philosoph, Kunsthistoriker bzw. als Historiker, nur für kurze Zeit in der Politik engagieren werden. Gegenwärtig versucht er als Außenminister des demokratischen Rumäniens alles in seinen Kräften Stehende zum Verständnis der Völker Mitteleuropas beizutragen.

Gestatten Sie mir, ebenso herzlich Herrn Vizekanzler Erhard Busek zu begrüßen, der 1989 als Kultusminister Österreichs und später dann als Vizekanzler gleichfalls bemüht war, in der nahezu zweihundertjährigen Streitfrage jene Strömung zu stärken, welche jene Meinung vertrat, dass Österreich sich für das friedliche Nebeneinander der ost-mitteleuropäischen Völker einzusetzen hat. Ich bin der festen Überzeugung, dass könnte er heute in einem anderen politischen Amt noch aktiver sein, dann unsere österreichischen Nachbarn im Bemühen um das Zueinanderfinden der ost-mitteleuropäischen Nationen auch bedeutend aktiver wären.

Es sei mir gestattet, János Martonyi, den Außenminister der Republik Ungarn zu begrüßen, von dem wir wissen, dass er dieses Amt zu einem Zeitpunkt übernahm, da die kompliziertesten Aufgaben auf die Administration des Ministeriums und den Minister persönlich warteten. Ungarn nämlich hat im Prozess der Integration in die Europäische Union die eigenen Interessen zu vertreten, hat sämtliche sich bietenden Möglichkeiten zu erkunden und zu nutzen, gleichzeitig zur Kenntnis nehmend, was die Welt konkret von uns erwartet.

Schließlich, werte Damen und Herren, begrüße ich aufs herzlichste Herrn Herbert Batliner nebst Gattin. Herrn Batliner, der einerseits einer der Gründer des Europa Institutes ist. Darüber hinaus hat er, – was ich persönlich als vielleicht noch wichtiger erachte –, in den vergangenen 15 Jahren bescheiden, seinen Namen nicht in den Vordergrund drängend, sehr viel im Interesse dessen getan, dass Ungarn und die ungarische Kultur mit der europäischen verknüpft wurde, hat Schulen und Stiftungen unterstützt – auf seine eigene, bescheidene Art und Weise.

Der Corvinus-Preis des Europa Institutes wurde von Herbert Batliner persönlich gestiftet, um ungarische und europäische Kultur mittels eines weiteren Stranges miteinander zu verbinden. Dieser Corvinus-Preis wird solchen Persönlichkeiten zuerkannt, die in ihren Bereichen der Kunst, Wissenschaft, Politik oder Wirtschaft tatkräftig und wesentlich zur Annäherung von europäischer und ungarischer Kultur beigetragen haben. Den ersten Corvinus-Preis erhielt der Regisseur und Oscar-Preisträger István Szabó, den diesjährigen hat das Kuratorium Andrei Pleşu zuerkannt. Es ist nicht meine Aufgabe, Herrn Vizekanzler Busek zuvorzukommen, der mit seiner Laudatio die Beweggründe des Kuratoriums erläutern wird, warum Herr Pleşu diesen Preis erhält.

Meine Gedanken streifen inzwischen ab, denn als ich mich auf den Weg zur Preisübergabe machte, zogen wieder einmal Bomber vom Typ F-18 gen Jugoslawien. Als wir vor zehn Jahren über die Möglichkeiten der Anpassung der Region an Europa sprachen, waren wir auf viele Probleme vorbereitet, nicht aber darauf, dass die Integration mit einem dritten Krieg im Europa des 20. Jahrhunderts einhergeht. Als wir, die hier anwesenden Freunde, vor zehn Jahren das Europa Institut gegründet haben, schwebte uns jenes Ziel vor Augen, in dieser Region Stützpunkte zu schaffen, mittels derer die Erfüllung der drei wichtigsten Aufgaben in diesem Bereich vorangetrieben werden könnten – die Realisierung der Marktwirtschaft, die Gestaltung der parlamentarischen Demokratie sowie die Verwirklichung von Modernisierung und Öffnung zur Welt. Ich bin der Ansicht, dass ein gewisser Abschnitt im Leben der Region abgeschlossen wurde. Nicht mehr rückgängig zu machen ist der politische Demokratisierungsprozess, unsere parlamentarischen Institutionen sind erstarkt, und gegenwärtig kann gesagt werden, dass Ungarn mit der Slowakei und Rumänien solche Nachbarn hat, die sich ihre Zukunft ebenfalls in einer Demokratie vorstellen. Wohl erstmals nach 150 Jahren bietet sich die Gelegenheit, unsere eigenen Wege zu finden, existiert die Marktwirtschaft nicht nur anderswo, sondern auch bei uns, und darüber hinaus ist eine wirtschaftlich-technische Modernisierung im Gange. Jetzt, zehn Jahre nach dem beschleunigten Systemwandel bin ich der Meinung, dass unsere Region einen neuen Abschnitt in Angriff nimmt, wobei sie keine andere Aufgabe mehr hat als Westeuropa auch. Wir müssen nicht den Anschluss finden, sondern gemeinsam jene Probleme bewältigen, die Westeuropa und unsere Region gleichermaßen auf die Probe stellen. Es stimmt zwar, dass die wirtschaftliche Konstruktion abgeschlossen ist – Euro und Europabank existieren, und seit Maastricht steht die politische Konstruktion. Doch haben wir uns jetzt die Frage zu stellen, was mit den Menschen wird, denn in diesem Europa leben Menschen, werden Menschen leben. Wie bewältigen wir Migration und soziale Probleme, Minderheitenkonflikte und Menschenrechtsprobleme? Leider befassen sich weder wissenschaftliche Europa-Programme noch sonstige zufriedenstellend mit diesen Themen. Ich bin deshalb der Meinung, dass es für die in den kommenden Jahren auf den politischen Schauplatz heraustretende bzw. bereits herausgetretene Generation eine der vorrangigsten Aufgaben ist, nach dem Europa der Techniker, Ökonomen und Juristen nun ein Europa der Menschen zu schaffen. Auch dieser Krieg auf dem Balkan zeugt meiner Ansicht nach davon, dass wir Europäer unsere Konflikte selbst lösen sollten und nicht andere, nicht von einem anderen Kontinent. Dies ist nicht europäischer Stolz allein, sondern die feste Überzeugung, dass nur wir fähig sind, gemeinsam einen entsprechenden Weg zu finden.

In diesem Sinne wünsche ich Herrn Pleşu, dem heute Geehrten, für sein weiteres Wirken wie bisher Erfolge bei der weiteren Verschmelzung der gemeinsamen Vergangenheit der kleinen Völker Mitteleuropas. Wir haben ja seit zehn Jahren schon immer wieder von neuem betont, dass uns mehr miteinander verbindet als voneinander trennt, es verbindet uns mehr mit den Rumänen, Slowaken, Kroaten, als uns voneinander trennt. Und, mich zumindest, verbindet mehr mit den Serben, gegen die wir jetzt einen staatlichen Krieg führen, als mich von ihnen trennt. Der Gelehrte, der Forscher lässt sich zwar von den Tatsachen leiten, kann aber selbstverständlich nie seine Gefühle und Erkenntnisse außer Acht lassen.

In diesem Sinne also, wie gesagt, möchte ich unseren werten Freund, Herrn Staatspräsident Árpád Göncz bitten, das Publikum anlässlich unserer heutigen Preisverleihung zu begrüßen.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.