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Begegnungen
Schriftenreihe des Europa Institutes Budapest, Band 21: 71–86.

JÁNOS PÉNTEK – ATTILA BENŐ

Die juristische Regelung des Sprachgebrauchs in Rumänien und die sprachlichen Rechte der Muttersprachensprecher

 

1. Die demographische und statistische Charakterisierung des Ungartums in Rumänien

Die heutigen Grenzen Rumäniens wurden auf den Friedensverhandlungen am Ende des Ersten Weltkrieges gezogen. Das Ungartum ist auf dem Gebiet des heutigen Rumäniens eine autochthone nationale Gemeinschaft, die gerade als Ergebnis dieser Grenzveränderung zu einer Minderheit wurde. Der Volkszählung vom Jahre 1992 nach macht die Gesamtbevölkerung Rumäniens 22 810 035 aus. Davon waren 1 624 959 (= 7,12%) Ungarn. Etwas größer ist die Zahl jener, die sich als Ungarischmuttersprachler bezeichneten (1 639 135 Personen, 7,19% der Bevölkerung Rumäniens). Die Ungarn bilden die größte nationale Minderheit des Landes. Den Angaben in Bezug auf die nationale Identität bei der Volkszählung von 1992 nach ist der Anteil anderer nationaler Minderheiten an der Gesamtbevölkerung Rumäniens bedeutend geringer als der der Ungarn (Roma 1,75%, Deutsche 0,52%, Ukrainer 0,28%, Russen 0,16%, Serben, Kroaten 0,14%, Türken 0,13%, Tataren 0,10%, Slowaken 0,08%, Juden 0,04%, Bulgaren 0,04% usw.) Diese offiziellen Angaben zeigen, dass 10,53%, das sind 2 401 896 Personen, sich zu einer von der rumänischen Nationalität abweichenden Nationalität bekannten.

Da 98,71% der Ungarn in Rumänien in Siebenbürgen leben, sind die siebenbürgischen demographischen Angaben der Ungarn vom Gesichtspunkt des Umfelds der örtlichen und der Regionalsprache von Bedeutung.1 Im Jahre 1992 hatte Siebenbürgen eine Bevölkerung von 7 723 313 Personen, davon bekannten sich 1 603 923 als Ungarn. Das macht 20,76% der Bevölkerung Siebenbürgens aus. Vergleichen wir diese Prozentzahlen mit den entsprechenden Angaben der früheren Volkszählungen, können wir jene Schlussfolgerung ziehen, dass der Anteil der Ungarn in Siebenbürgen kontinuierlich abgenommen hat. 1956 belief sich der Anteil der Ungarn in Siebenbürgen auf 25,05%, im Jahre 1966 waren es 23,77%, 1977 waren es 22,54% und im Jahre 1992 waren es die erwähnten 20,7%. In dieser Epoche vollzog sich unter der Ägide der sozialistischen Industrialisierung jene wesentliche Veränderung, dass die ungarische Bevölkerung infolge der massenweisen Um- und Ansiedlungen in den bedeutenden städtischen Siedlungen (das Széklerland ausgenommen) überall in die Minderheit geriet. Diese Relationen haben sich seit 1992 weiter verschlechtert. Nach den vorläufigen Ergebnissen der Volkszählung des Jahres 2002 leben nämlich beinahe zweihunderttausend Ungarn weniger in Rumänien als 1992. Die wichtigsten Gründe für die Abnahme sind: die Assimilierung, die niedrige Geburtenfreudigkeit, die umfangreiche Auswanderung, bei der außer den wirtschaftlichen Gründen auch die in den früheren Epochen von der Staatspolitik vertretenen nationalistischen Ideen eine bedeutende Rolle spielen.

Im Jahre 1992 lebten 56% der rumänischen Ungarn in Siedlungen, in denen ihr Anteil an der Bevölkerung bei über 50% lag. Wenn wir diesen 56-prozentigen Anteil nach der Gliederung der Siedlungen untersuchen, finden wir bedeutende Unterschiede. Während 79,05% (561 926 Personen) der in Dörfern lebenden Ungarn an ihrem Wohnort die absolute Mehrheit bilden, leben nur 38,42% der in den Städten lebenden rumänischen Ungarn (349 591 Personen) in solchen Siedlungen, wo ihr Anteil die 50% überschreitet.

 

2. Minderheitenpolitik und Sprachenpolitik im heutigen Rumänien

Charakteristisch für das Rumänien nach den Veränderungen von 1989 sind der Mangel an rechtsstaatlichen Traditionen und der auf der tatsächlichen Anerkennung des Pluralismus beruhenden politischen Kultur, das Fortleben der Tradition der nationalen Ausschließlichkeit und der Idee des homogenen Nationalstaates. In der Mehrheit der in den 90er Jahren verabschiedeten Gesetze sind die Spuren des totalitären Systems, das man überwinden wollte, und der traditionellen rumänischen Nationalpolitik zu entdecken. So führt die 1991 angenommene neue rumänische Verfassung thesenhaft die Idee des Nationalstaates aus, verschließt sich vor der die breiteren gesellschaftlichen Gruppen umfassenden Autonomie und erhält mit einigen auflockernden Schritten die zentralisierte Staatsorganisation am Leben.2 In einem solchen Sinn ist die neue rumänische Verfassung die organische Fortsetzung der früheren (aus den Jahren 1923, 1952 und 1965).

Eine Veränderung stellt aber dar, dass in der Gesetzgebung die Voraussetzungen für die Deklaration und die entschiedene Vertretung der Rechtsanforderung realisiert worden sind. Die in das Parlament gewählten Vertreter der Minderheitengemeinschaften verleihen durch ihre Legitimität und durch ihren politischen Spielraum diesen Rechtsanforderungen eine Stimme. Ihre Verantwortung ist es, dass sie im politischen Kampf zwischen der Mehrheit und der Minderheit sogar vor den internationalen Foren die Rechte des Sprachgebrauchs und auch die anderen Minderheitenrechte vertreten, und dass sie den bereits gesetzlich verankerten Rechten kontinuierlich Geltung verschaffen.

2.1 Artikel 1 der im Jahre 1991 angenommenen Verfassung Rumäniens deklariert feierlich:

„Rumänien ist ein souveräner, unabhängiger, einheitlicher und unteilbarer Nationalstaat.”

Im Einklang mit dem Charakter des Nationalstaates des Landes fixiert Artikel 13 der Verfassung, der für die offizielle Sprache geltende Artikel, Folgendes:

„In Rumänien ist die rumänische Sprache die Amtssprache.”

Auf ähnliche Weise hängen nachstehende Verfügungen mit dem nationalstaatlichen Charakter und der offiziellen Stellung der rumänischen Sprache zusammen:

Artikel 32 Abs. 2:

„Der Unterricht wird auf allen Stufen in rumänischer Sprache gehalten. Entsprechend den Voraussetzungen des Gesetzes kann der Unterricht auch in einer Weltsprache betrieben werden.”

Artikel 127. Abs. 1:

„Das Verfahren der Rechtssprechung wird in rumänischer Sprache geführt.”

Und schlussendlich folgt als ewige Garantie all dieser Verfügungen die Verfügung von Artikel 148 Abs. 1, die die Bedingungen für die Revision der Verfassung fixiert:

„Die Verfügungen der gegenwärtigen Verfassung in Bezug auf den nationalen, unabhängigen, einheitlichen und unteilbaren Charakter des rumänischen Staates, auf die Staatsform als Republik, auf die territoriale Integrität, auf die Unabhängigkeit der Rechtsprechung, auf den politischen Pluralismus und die offizielle Sprache können nicht Gegenstand einer Revision bilden.”

Die Verfügung in Bezug auf die Amtssprache kann also nicht modifiziert werden und damit gelangte die Verfassung Rumäniens in die Reihe der starrsten Verfassungen.

In der Verfassung fehlen auch die Verfügungen in Bezug auf die Regelung des Gebrauchs der Minderheitensprachen nicht. So in Artikel 32 Abs. 3:

„Das Recht der den nationalen Minderheiten angehörenden Personen zum Erlernen ihrer Muttersprache und das Recht dazu, sie in dieser Sprache zu unterrichten, wird garantiert; die Art und Weise der Ausübung dieser Rechte wird in einem besonderen Gesetz geregelt.”

Artikel 127 Abs. 2 schreibt Folgendes vor:

„Die zu den nationalen Minderheiten gehörenden Staatsbürger sowie die die rumänische Sprache nicht verstehenden oder sprechenden Personen haben das Recht, über Dolmetscher Kenntnis zu erhalten über sämtliche Dokumente und Vorgänge in den Anklagen, und vor dem Gericht mit Hilfe eines Dolmetschers zu sprechen und ihre Schlussfolgerungen zu formulieren; in Strafprozessen ist ihnen der Gebrauch dieses Rechts unentgeltlich zu sichern.”

Vom Gesichtspunkt des Rechts des Sprachgebrauchs aus sind beide Absätze von Artikel 6, die das Recht auf die Identität fixieren, von Bedeutung:

„1 Der Staat anerkennt und garantiert das Recht der den nationalen Minderheiten angehörenden Personen auf die Bewahrung, die Entwicklung und den Ausdruck ihrer ethnischen, kulturellen, sprachlichen und religiösen Identität.

2 Die auf die Bewahrung, Entwicklung und den Ausdruck der Identität der den nationalen Minderheiten angehörenden Personen gerichteten staatlichen Schutzmaßnahmen haben im Vergleich zu den übrigen rumänischen Staatsangehörigen dem Prinzip der Gleichheit und der Befreiung von der Diskriminierung zu entsprechen.”

Letztere Vorschrift kann als Verbot der positiven Diskriminierung, als Verbot der positiven Diskriminierung der Gemeinschaften der Minderheiten aufgefasst werden; hat doch die Verfassung keinen Artikel, der die positive Diskriminierung der Mehrheit verbieten würde, und dies bedeutet implizit die benachteiligende Diskriminierung der Minderheit.

Bei der Sicherstellung der sprachlichen Rechte, der Rechte des Sprachgebrauchs ist im Allgemeinen neben den individuellen Freiheitsrechten die Anerkennung der kollektiven Rechte wichtig. Dazu bietet die Verfassung Rumäniens keine Möglichkeit: der Artikel 23 fixiert die individuellen Freiheitsrechte, wobei die kollektiven Rechte nicht erwähnt werden, wie auch in den vorstehend zitierten Artikeln nur von den nationalen Minderheiten angehörenden Personen die Rede ist, von der konkreten Gemeinschaft dagegen nicht.

Hinsichtlich der in den internationalen Institutionen laufenden Kodifizierungsarbeiten in Bezug auf den Sprachgebrauch und der gültigen Abkommen und Empfehlungen ist vielversprechend, dass Artikel 11 der Verfassung die Gültigkeit der ratifizierten internationalen Verträge anerkennt. Der Artikel 20 Abs. 2 erkennt auch Folgendes an:

„Im Falle von Abweichungen zwischen den von Rumänien als Signatarstaat in Bezug auf die grundlegenden Menschenrechte unterzeichneten Abkommen und Verträgen und den inländischen Gesetzen müssen die internationalen Regelungen bevorzugt werden.”

Auch wegen der grundlegend gesellschaftlichen Natur der Sprache ist bei der Sicherung der sprachlichen Rechte, der Rechte des Sprachgebrauchs neben der Anerkennung der individuellen Freiheitsrechte auch die der kollektiven Rechte wichtig. Hierzu bietet die Verfassung Rumäniens keine Möglichkeit: in Artikel 23 werden die individuellen Freiheitsrechte fixiert, die kollektiven Rechte werden dort nicht erwähnt, wie auch in den vorstehend zitierten Artikeln nur von den nationalen Minderheiten angehörenden Personen die Rede ist, und von der konkreten Gemeinschaft nicht. Dies befindet sich nicht im Einklang mit der Deklaration der im Juni 1990 in Kopenhagen abgehaltenen Konferenz der KSZE. Auf dieser Konferenz wurden nämlich von den teilnehmenden Staaten – so auch von Rumänien – im Grunde genommen die kollektiven Rechte anerkannt, erklärt doch die gemeinsame Erklärung, dass „die den Nationalitätenminderheiten angehörenden Personen von ihren Rechten sowohl individuell als auch gemeinsam mit den Mitgliedern ihrer Gruppe Gebrauch machen können”3

Die Definition des Landes als Nationalstaat und der hervorgehobene offizielle Status der rumänischen Sprache reiht Rumänien unter die Staaten ein, die einer Sprache, nämlich der Sprache der Mehrheit, einen hervorgehobenen, übergeordneten Status sichern. Dem nationalstaatlichen Modell zufolge kommt in der Sprachenpolitik eines Landes unweigerlich die Ideologie der Assimilation und jene Strategie zur Geltung, die den Nationalstaat dem Ideal „ein Land – eine Sprache” näher bringt. In der Zeit der Diskussion der Verfassung hatte es auch unter den Abgeordneten der Minderheit solche Vertreter gegeben, die mit naivem Optimismus der Auffassung waren, dass die Statuierung des Nationalstaates nur eine symbolische Bedeutung hat. In der seither verstrichenen Zeit hat sich erwiesen, dass diesem eine determinierende Bedeutung zukommt; sowohl in der weiteren Kodifizierungspraxis als auch in der Gestaltung der Nationalpolitik und der öffentlichen Stimmung (der Toleranz, Intoleranz usw.). Der offizielle Status der Sprache jedoch wird im alltäglichen Leben von den lokalen Behörden zumeist mit der Kategorie der öffentlichen Sprache identifiziert, die nicht offiziellen Sprachen geraten so im Gebrauch in der Öffentlichkeit in eine benachteiligte Situation. Beabsichtigt gelangt mit der offiziellen Sprache die Kategorie der Fremdsprache in eine falsche Opposition. Aller Wahrscheinlichkeit nach ist die Folge davon, dass z. B. in der offiziellen Terminologie der Schulbehörden die Muttersprache eine nur für die Minderheiten gültige Kategorie ist, im amtlichen Verzeichnis der Fachrichtungen des Hochschulwesens gelangt auch diese „Muttersprache” in die Gruppe der Fremdsprachen (oder aber diese wird nach einer anderen möglichen Deutung gar nicht erwähnt). Der politischen Praxis der Behörde zufolge beruht die Chancengleichheit im Unterrichtswesen nicht auf der Muttersprache von jeder Seite, sondern auf „der gemeinsamen” offiziellen Sprache, und so ist dies schon ab ovo diskriminativ.4 Der Gebrauch der Sprache der nationalen Minderheiten ist auf gewissen Gebieten nur geduldet, doch ist er nicht in allen Äußerungsformen gesichert: die Verfassung sichert die Möglichkeit sowohl zur Beschränkung des Sprachgebrauchs als auch zur benachteiligenden Differenzierung.

2.2 Der rumänische Sprachgesetz-Entwurf ist nicht das sogenannte Gesetz über die Staatssprache, seine gewollte Funktion ist nicht die, dass der Entwurf weiter das Verhältnis der auf dem Territorium des Landes gesprochenen Sprachen regelt, obzwar er gewiss auch eine derartige Auswirkung haben wird oder haben kann. Der Titel des jetzt gültigen, in Debatten des Senats und des Parlaments noch abänderbaren Gesetzes lautet: Gesetz über den richtigen Gebrauch der rumänischen Sprache auf öffentlichen Plätzen, in öffentlichen Einrichtungen und in öffentlichen Relationen. Obzwar es auch früher bei der Kodifikation der rumänischen Sprache Beispiele für die behördliche (politische) Regelung gab, ist das in Vorbereitung befindliche Gesetz in seinem ungewohnten ersten Artikel ein Gesetz über die Sprachrichtigkeit, d. h. es legt die Bestrafung der orthographischen und Sprachrichtigkeitsfehler der veröffentlichen Texte in rumänischer Sprache fest, im Weiteren ist es ein Gesetz der Sprachverteidigung gegenüber den Fremdsprachen. Auf obligatorische Art und Weise wird die rumänischsprachige Publikation der sogenannten Texte von öffentlichem Interesse vorgeschrieben. Gemäß dem Artikel 2 Abs. 1 gilt jener Text als Text von öffentlichem Interesse, der von den Medien der Massenkommunikation zu dem Zweck publiziert wird, dem Publikum gewisse Informationen zur Kenntnis zu bringen.

Vom Gesetz wird eine weitere Diskriminierungspraxis weiter am Leben gehalten, wenn Artikel 3 Abs. 3 Folgendes verfügt:

„Der Gebührentarif des Aushängens, Veröffentlichens oder der Publikation von Texten von Handelscharakter wird sich im Falle von ausschließlich rumänischsprachigen Texten auf 100%, im Falle des Gebrauchs von einer oder mehreren Fremdsprachen auf 125% belaufen.”

Sehen wir ab von der Absurdität der Fassung der sprachlichen Norm (Norm der Sprachrichtigkeit) in ein Gesetz und von der sonstigen Betrachtungsweise des Gesetztextes, der von anderen, linguistischen Gesichtspunkten aus für dilettantisch gehalten werden kann, dann kann dieser im Allgemeinen so aufgefasst werden, dass das Gesetz für jeden Fall die den bevorzugten Status der rumänischen Sprache, bzw. den untergeordneten Status aller anderen Sprachen weiter festigt, da außer dem Rumänischen alle anderen Sprachen zu den Fremdsprachen gezählt werden (die Opposition offizielle Sprache – Fremdsprache erscheint auch hier). Die zitierte Vorschrift in Bezug auf die Tarife der Publikation wirkt sich aber diskriminativ nicht nur auf die einzelnen Sprachen, sondern auch in Bezug auf die Sprecher der Sprachen aus.

 

3. Die sprachlich-rechtlichen Beziehungen der bilateralen Vereinbarungen

Obzwar die bilateralen Vereinbarungen den Rahmen der innerstaatlichen Gesetze und die internationalen Verpflichtungen nicht überschreiten, können sie den rechtlichen Status der einzelnen Sprachen ebenfalls festigen oder schwächen, können sie die Grundlage der Berufung auf die Forderung und die Durchsetzung der Rechte darstellen.

3.1 Von Rumänien und Ungarn wurde im Jahre 1996 eine für die Dauer von 10 Jahren abgeschlossene zwischenstaatliche Vereinbarung, der sogenannte Grundlagenvertrag abgeschlossen. Wichtig ist in diesem Vertrag die prinzipielle Anerkennung, dass der Schutz der Minderheiten keine innere Angelegenheit ist, sondern „dass er Bestandteil des internationalen Schutzes der Menschenrechte bildet”. Als gegenseitige Verpflichtung wurden von den Vertragspartnern der ethnische, kulturelle, sprachliche und religiöse Schutz und die Entwicklung der Minderheiten, sowie der freie Ausdruck und die Bewahrung der Identität festgehalten. Das Recht auf die eigenen Unterrichts-, Kultur-, Religionsinstitutionen, -organisationen und -vereinigungen wurde anerkannt. Die Urkunde enthält auch die Übernahme der Verpflichtung, dass die Parteien sich aller Formen des Zwangs der Assimilation enthalten werden.

In Bezug auf den Sprachgebrauch übernehmen die Vertragsparteien in Artikel 15 Abs. 3 des Vertrages die Verpflichtung mit Bezug darauf, dass sie das Recht des Gebrauchs der Muttersprache im Privatleben und vor der Öffentlichkeit achten, in Wort und in Schrift, die Voraussetzungen für die Aneignung der Muttersprache und des muttersprachlichen Unterrichts in jeder Form und auf allen Ebenen sichern, außerdem sichern sie den Gebrauch der Muttersprache in den Kontakten mit der örtlichen Verwaltung und dem Gericht, sowie den Gebrauch der Ortsnamen und Straßennamen. Bedingungslos erkennen sie das Recht der Namensgebung und der Namensführung an.

Auf ähnliche Weise übernahmen die beiden Vertragsparteien die Verpflichtung, in der Muttersprache den Zugang zu Informationen, den freien Strom der Informationen und die Kommunikationsbeziehungen und persönlichen Kontakte zu sichern.

Der Grundlagenvertrag hat zwei grundlegende Mängel: der eine Mangel ist, dass alle Rechte ausschließlich als persönliche Rechte bestimmt werden (auch in dem Zusammenhang, dass der Ausdruck der Identität „individuell oder mit anderen Angehörigen ihrer Gruppe” praktiziert wird), der andere, dass die Erfüllung der aus dem Vertrag resultierenden Verpflichtungen von den innerstaatlichen Rechtsnormen abhängig gemacht wird, was bedeutet, dass diese Urkunde nicht für eine solche gehalten wird, die über den innerstaatlichen Rechtsnormen steht. Auch das kann festgestellt werden, dass die beiden Partner in der seit 1996 verstrichenen Zeit in Bezug auf die gegenseitige Kontrolle der Erfüllung des Vertrages nicht die entsprechende Aufmerksamkeit gewidmet haben.

3.2 Ein Jahr vor dem Abschluss des Grundlagenvertrages, im Jahre 1995, wurde zwischen dem ungarischen Ministerium für Unterricht und Bildung und dem rumänischen Unterrichtsministerium das auch heute gültige Regierungsabkommen abgeschlossen. Dieses Abkommen hat zwar keine unmittelbare Beziehung zu den sprachlichen Rechten, dennoch spielte es in der vergangenen Zeit eine wichtige Rolle bei der Erweiterung des Rahmens des muttersprachlichen Unterrichts und des Hochschulwesens auf dem Gebiet der Hungarologie, bei der Verbesserung des Niveaus durch die Anregung der institutionellen und persönlichen Beziehungen im Unterrichtswesen und in der Forschung. So wichtige in der Vereinbarung enthaltene Vorschriften, wie z. B. die gegenseitige inhaltliche Abstimmung des Geschichtsunterrichts, die gegenseitige Annahme der Lehrbücher, die Zusammenarbeit bei dem Verfassen und bei der Edition der Lehrbücher wurden nicht realisiert, im Gegenteil ist eher zu registrieren, das in der Wirklichkeit das Gegenteil davon geschieht, was in der Vereinbarung enthalten ist. In Rumänien ist das Verbot der Verwendung der in Ungarn aufgelegten Lehrbücher und Lehrmaterialien, sowie Hilfsmaterialien zu neuem Leben erwacht, von Zeit zu Zeit wird eine Hetzjagd gegen die Lehrer veranstaltet, damit sie eingeschüchtert werden.

4. Die Gültigkeit der internationalen Vereinbarungen
in Rumänien

Die internationalen Vereinbarungen, die von Rumänien unterzeichnet wurden, sind für die Gesetzgebung des Landes obligatorisch, doch besagt Artikel 20 der rumänischen Verfassung, dass die internationalen Vereinbarungen Priorität genießen vor den innerstaatlichen gesetzlichen Regelungen.

Von Rumänien sind bisher nachstehende internationale Dokumente unterzeichnet und ratifiziert worden:

– die Allgemeine Deklaration der Menschenrechte (1948),

– das Europäische Rahmenabkommen der Nationalen Minderheiten (1950),

– das UNESCO-Dokument über den Kampf gegen die Diskriminierung im Unterrichtswesen (1961),

– die Internationale Vereinbarung über die bürgerlichen und politischen Rechte (1966),

– die Vereinbarung über die Rechte des Kindes (1989),

– das Kopenhagener Dokument der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (1990),

– die UN-Deklaration über die Rechte der zu Nationalen, Ethnischen, Religiösen und Sprachlichen Minderheiten Gehörenden (1992),

– die Empfehlung Nr. 1201/11993 des Europäischen Parlaments.

Die Europäische Charta der Regional- und Minderheitensprachen sowie die Europäische Charta der Lokalen Selbstverwaltungen wurden von Rumänien zwar unterzeichnet, doch noch nicht ratifiziert.5

Es muss hinzugefügt werden, dass den neuesten Nachrichten zufolge im Februar 2002 die Ratifizierungsarbeiten der Europäischen Charta über Regional- und Minderheitensprachen aufgenommen wurden. Die von Seiten der offiziellen Kreise bereits laut gewordene Beanstandung ist: das internationale Dokument verstößt gegen die Verfassung.

 

5. Die Durchsetzung der sprachlichen Rechte im Unterrichtswesen und in der Verwaltung

Die Funktion der einzelnen institutionellen Systeme wird von besonderen Gesetzen geregelt. Von diesen sind hervorzuheben das neuere Unterrichtsgesetz und das Gesetz über die Verwaltung.

5.1 Im neuen, 1995 verabschiedeten und im Jahre 1999 modifizierten rumänischen Unterrichtsgesetz6 sind zahlreiche benachteiligende Diskriminierungen und Beschränkungen enthalten, obzwar die Minderheiteninteressenvertretung im Jahre 1999 der Regierungskoalition angehörte. Auch das verweist darauf, wie wichtig die Äußerung der Rechtsanforderung und die entschiedene Vertretung in der rechtlichen Kodifizierung ist, denn durch die Annahme des Unterrichts der Geschichte und der Geographie in rumänischer Sprache ist von der Interessenvertretung ein prinzipielles Zugeständnis gemacht worden.

Bereits bei den allgemeinen Grundprinzipien sind im Zusammenhang mit den Unterrichtszielen solche Einschränkungen zu finden, die nicht den in den auch von Rumänien unterzeichneten internationalen Verträgen enthaltenen Erwartungen entsprechen. So schreibt Artikel 4 Abs. 2 des Gesetzes Folgendes: „Der Unterricht sichert die Pflege der Heimatliebe, der Liebe zur historischen Vergangenheit und zu den Traditionen des rumänischen Volkes.” Dies ist ein ausschließlich auf die Achtung des rumänischen Volkes und seiner Kultur gerichtetes Ziel, und es fehlt die Entwicklung der Achtung gegenüber anderen Völkern und ihren Kulturen, auf die deutlich in Artikel 26 Abs. 2 der Deklaration der Allgemeinen Menschenrechte und in der UNESCO-Vereinbarung über den Kampf gegen die im Unterricht angewendete Diskriminierung verwiesen wird.

In Artikel 8 Abs. 1 des Gesetzes wird die Sprache des Unterrichts wie folgt bestimmt:

„Der Unterricht wird auf allen Stufen in rumänischer Sprache gehalten. In Rahmen der Bedingungen des Gesetzes kann der Unterricht auch in der Sprache der nationalen Minderheiten sowie in Weltsprachen gehalten werden.”

Dies verweist eindeutig darauf, dass der Grundauffassung nach das Rumänische die Sprache des Unterrichts ist. Die Möglichkeit des Lernens in rumänischer Sprache ist nicht an Bedingungen geknüpft. Das Lernen in der Sprache der Minderheiten ist sekundär, es ist ausschließlich unter den Bedingungen des Gesetzes möglich. Indirekt bedeutet das jedoch, dass im Falle des Unterrichts in den Minderheitensprachen Beschränkungen angewendet werden können, im Falle der rumänischen Sprache aber nicht. Die unbeschränkte Durchsetzung der Staatssprache und die Einengungen im Zusammenhang mit den Minderheiten sind in noch indirekterer, noch mehr verhüllter Form auch in Artikel 8 Abs. 2 des Gesetzes anwesend:

„In jeder Ortschaft sind Unterrichtseinheiten, Klassen oder Unterrichtsgruppen mit rumänischer Unterrichtssprache und den Umständen entsprechend mit der Unterrichtssprache der Minderheiten zu organisieren und zu betreiben, oder aber ist der Unterricht in der Muttersprache in der nächstgelegenen Ortschaft sicherzustellen, die dazu die Möglichkeit bietet.”

Diese im Gesetz enthaltene Vorschrift kann für absurd gehalten werden, wenn man berücksichtigt, dass es in Siebenbürgen mehrere Ortschaften gibt, in denen kein einziger Rumäne lebt, doch wird auch diesen Ortschaften vom Gesetz die Einrichtung von Klassen mit rumänischer Unterrichtssprache vorgeschrieben. Auch diese Verfügung zeigt gut die Ungleichheit der Staatssprache und der Minderheitensprachen nach dem Gesetz, die hervorgehobene Rolle der rumänischen Sprache.

In Artikel 8 Abs. 3 des Gesetzes wird das Lernen und die Aneignung der rumänischen Sprache nicht als Recht, sondern als Verpflichtung formuliert:

„Das Erlernen und die Aneignung der rumänischen Sprache als offizielle Sprache ist unabhängig von der Nationalität in Bezug auf alle Staatsbürger des Landes obligatorisch.”

Das rumänische Unterrichtsgesetz enthält über die diskriminierenden Elemente hinaus auch zahlreiche Beschränkungen. Die offensichtlichste Beschränkung der Minderheitensprachrechte ist die Verfügung in Artikel 120 des Gesetzes, nach welchem in der Grund- und Mittelschule gewisse Unterrichtsfächer nur in rumänischer Sprache gelehrt werden können, auch dann, wenn in der konkreten Klasse die Sprache des Unterrichts eine Minderheitensprache ist. Artikel 120 Abs. 2 besagt: in der Grund- oder Mittelschule kann die Geschichte des rumänischen Volkes und die Geographie Rumäniens ausschließlich in rumänischer Sprache, nach dem Lehrplan der rumänischsprachigen Klassenzüge unterrichtet werden. Die beschränkende Verfügung ist in Bezug auf ihre Auswirkung diskriminierend: am Abschluss der VIII. Klasse nehmen die Schüler nämlich an einer ihr Weiterlernen entscheidenden Abschlussprüfung teil. Bei dieser Prüfung können die ungarischen Schüler die Prüfung in den vorstehend erwähnten beiden Fächern nur in rumänischer Sprache ablegen, während die rumänischen Schüler diese Prüfung in ihrer Muttersprache ablegen können (das ist der typische Fall der „Chancengleichheit” aufgrund der staatssprachlichen Grundlage). Dies schafft für die in der Minderheitensprache lernenden Kinder eine offensichtlich benachteiligte Situation, und schadet auch statistisch nachweisbar ihren Chancen beim Weiterlernen. Zugleich verweist der obligatorische Unterricht der beiden Fächer in rumänischer Sprache auf den Umstand, dass gewisse Unterrichtsfächer als „national” eingestuft werden.

Dem rumänischen Unterrichtsgesetz zufolge ist die Sprache der vom Unterrichtsministerium registrierten offiziellen Urkunden ausschließlich das Rumänische (Artikel 8 Abs. 4), damit wird die umfassende Anwendung der schriftlichen Variante der Muttersprache beschränkt.

Für einen allgemeineren, nicht nur die nationalen Minderheiten betreffenden Rechtsverstoß kann gehalten werden, dass vom Unterrichtsgesetz nur die Unentgeltlichkeit des staatlichen Unterrichts gesichert wird, der Artikel 103 Abs. 4 des Gesetzes behandelt die Förderung der Privatschulen (Privatinstitutionen) nur als Möglichkeit:

„Die akkreditierten Privatinstitutionen des Unterrichtswesens und ihre Einheiten können staatliche Förderungen erhalten.”

Das bedeutet, dass die staatlichen Schulen und die Privatschulen (und innerhalb dieser die akkreditierten und die nicht akkreditierten) unterschiedlich behandelt werden, dadurch kann das Recht der freien Schulwahl geschmälert werden.

Artikel 166 des Unterrichtsgesetzes enthält nachstehende Verfügungen:

„Die finanzielle Grundlage für das staatliche Unterrichtswesen stellen die gesamten vermögensrechtlichen Aktiva des Unterrichtsministeriums dar, der Unterrichts- und Forschungseinrichtungen des Unterrichtssystems zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des gegenwärtigen Gesetzes, sowie die nachträglich zurückerworbenen oder aber erworbenen vermögensrechtlichen Aktiva.”

Von dieser Anordnung wird eine zweite Verstaatlichung sanktioniert, da bei dem Inkrafttreten dieses Gesetzes jene Immobilien zum Vermögen des Unterrichtsministeriums gehörten, die kraft der Unterrichtsreform des Gesetzes Nr. 175 des Jahres 1948 staatliches Eigentum wurden, und unter denen unter anderem sich auch mehrere hundert ehemalige kirchliche Schulen der Minderheiten befanden.

5.2 Das im Jahre 2001 verabschiedete rumänische Verwaltungsgesetz7 bedeutet in gewisser Hinsicht einen Fortschritt in Bezug auf die Sprachrechte der Minderheiten, es erweitert nämlich den Bereich des Gebrauchs der Minderheitensprachen. Artikel 17 des Gesetzes legt jene Bedingungen fest, unter denen in der Verwaltung eine Minderheitensprache angewendet werden kann:

„In jenen territorialen, lokalen Verwaltungseinheiten, in denen mehr als 20 Prozent der Bevölkerung der Minderheit angehören, müssen die lokalen Verwaltungsbehörden in den zu ihnen bestehenden Kontakten auch den Gebrauch der Muttersprache sicherstellen, entsprechend den Vorschriften der Verfassung, des vorliegenden Gesetzes und der von Rumänien als beteiligter Vertragspartei unterzeichneten internationaler Vereinbarungen.”

Hier muss hinzugefügt werden, dass die 20-prozentige Grenze in einem nicht geringen Maße einen beschränkenden Charakter hat, weil doch in größeren Städten deshalb mehrere tausend oder zehntausend Einwohner, die Minderheitensprachsprecher sind, in eine benachteiligte Situation geraten können.

Im Sinne von Artikel 90 des Verwaltungsgesetzes ist die rumänische Sprache die Sprache der Verwaltung und kann als solche unbegrenzt verwendet werden, die Minderheitensprachen können nur bei dem Bestehen der erwähnten 20-%-Bedingung in der Verwaltung geduldet werden, was trotz des positiven Scheins für die in einer Großstadtdiaspora lebenden Minderheitenangehörigen eine diskriminative Spitze bedeutet. Auch dafür gibt es Beispiele, dass die örtliche Vertretung auf paradoxe Weise nicht die Durchsetzung der Rechte des eigenen Sprachgebrauchs fordert (z. B. im Rat der Stadt Tîrgu Mureš /Marosvásárhely/), und damit der Glaubwürdigkeit des damit zusammenhängenden Rechts schadet.

Abs. 4 desselben Artikels schreibt mit der Bedingung der bekannten 20-%-Klausel den Gebrauch der Muttersprache vor von den Verwaltungsbehörden bei der Anbringung der Namen und Benennungen der Institutionen und der ihnen unterstellten öffentlichen Einrichtungen, sowie bei der Verkündung der Bekanntmachungen an die Staatsbürger, die zur betreffenden Minderheiten gehören. Der Gebrauch der ungarischen Ortsnamen wird auch weiterhin durch den lokalen, meistens gewaltsamen Widerstand erschwert.

Der erwähnte Absatz 4 von Artikel 90 wäre an sich eine positive Maßnahme, wenn der folgende Absatz nicht die weitere Ungleichheit der Staatssprache und der Minderheitensprachen sanktionieren würde:

„Die offiziellen Urkunden sind obligatorisch in rumänischer Sprache auszustellen.”

Dieser Absatz macht keine Ausnahme möglich, er sanktioniert die hervorragende Funktion der rumänischen Sprache auch in Bezug auf die offiziellen Urkunden. Zweisprachige offizielle Urkunden werden nicht erwähnt, nicht einmal als Möglichkeit.

Der Schlüsselbegriff des Verwaltungsgesetzes ist die lokale Autonomie, deren Deutung ziemlich beschränkt ist. Die lokale Autonomie kann nur im Rahmen des unteilbaren, einheitlichen Nationalstaates zur Geltung kommen:

„Artikel 2 Abs. 1 In den territorialen Verwaltungseinheiten wird die Verwaltung aufgrund des Prinzips der lokalen Autonomie, der Dezentralisierung der öffentlichen Dienste, der Wählbarkeit der lokalen Verwaltungsbehörden, der Gesetzlichkeit und der Befragung der Staatsbürger bei der Lösung der besonderen Fragen von örtlichem Interesse organisiert und wird auch so aktiv.

Abs. 2 Die Anwendung der in Abs. 1 erwähnten Prinzipien kann nicht gegen den Charakter Rumäniens als einheitlicher und unteilbarer Nationalstaat verstoßen.”

Unter Berufung auf diesen Artikel können alle Anträge abgewiesen werden, von denen die wirkliche wirtschaftliche und territoriale Autonomie angeregt wird, da diese nicht genau festgelegt ist, was sie eigentlich ist, was gegen den Charakter als einheitlicher und unteilbarer Nationalstaat verstößt. Artikel 4 des Gesetzes spricht übrigens eindeutig aus, dass die lokale Autonomie ausschließlich einen administrativen und finanziellen Charakter hat, und dass sie aufgrund des Gesetzes bzw. in dem vom Gesetz verkündeten Rahmen praktiziert werden kann. Ebenfalls als Beschränkung der lokalen Autonomie in gewissen Grenzen kann das System der nach dem französischen Vorbild eingeführten Präfekten aufgefasst werden:

„Artikel 26–1 Für jeden Bezirk und für die Stadt Bukarest wird von der Regierung je ein Präfekt ernannt. 1 Der Präfekt ist der lokale Repräsentant der Regierung und führt die dezentralisierten öffentlichen Dienste der Ministerien und der anderen zentralen Organe in den territorialen Verwaltungseinheiten durch.

Artikel 27–Der Präfekt kann vor dem Verwaltungsgericht ganz oder partiell die vom lokalen Rat oder vom Bezirksrat angenommenen Beschlüsse, oder die vom Bürgermeister oder dem Vorsitzenden des Bezirksrates erlassenen Verfügungen angreifen, wenn er diese Urkunden und die einzelne Verordnungen von diesen für gesetzwidrig erachtet. Die angegriffenen Urkunden oder Verordnungen sind von Rechts wegen auszusetzen.”

Im Rahmen dieser zentralisierten Vorstellung ist das Selbstverwaltungssystem kein selbständiger Zweig der Macht, sondern der lokale Durchführer der einheitlichen, unteilbaren Staatsmacht.8

Es kann festgestellt werden, dass gegenwärtig in Rumänien der Gedanke der lokalen Autonomie und des Regionalismus im Allgemeinen auf starken Widerstand stößt. Auch das hat übrigens einen selektiven Charakter: ein großes Misstrauen und gegebenenfalls eine Hysterie begleiten die Autonomiebestrebungen im Széklerland, den Gedanken des siebenbürgischen Regionalismus, doch ohne Widerspruch wird die „Autonomie” des Bürgermeister von Cluj- Klausenburg, seine lokale Willkür, geduldet.

 

6. Das Recht des Gebrauchs der Personnamen

Nach 1989 wurde in Rumänien kein neues Gesetz verabschiedet, das die Namensführung regeln würde. So ist gegenwärtig das Namensgesetz des Jahres 1968 gültig.9 Gemäß Artikel 4 des Namensgesetzes können die rumänischen Staatsbürger – mit begründeter Argumentierung – die Modifizierung ihres Familien- oder Vornamens, eventuell beider erreichen. Vom Gesichtspunkt der Minderheitensprachen aus ist einer der wichtigster Artikel des Gesetzes der Artikel 19, der besagt, dass jene Personen, deren Namen in eine andere Sprache übersetzt oder nach der Orthographie einer anderen Sprache eingetragen worden sind, die „Rückübersetzung” ihres Namens, oder die Modifizierung nach der Orthographie ihrer Muttersprache beantragen können. Dieses Prinzip wird in der heutigen Praxis von den Behörden häufig so interpretiert, dass dies in erster Linie für die Erleichterung der Romanisierung gilt.

Im Jahre 1996 wurde vom Parlament Rumäniens ein neues Gesetz über das Personenstandswesen verabschiedet. Dieses Gesetz enthält überhaupt keinen Verweis auf die Muttersprache der nationalen Minderheiten und detailliert von diesem Gesichtspunkt aus die Art der Eintragung der Personennamen nicht. In den allgemeinen Anweisungen steht nur, dass die Familien- und Vornamen nach dem Personalausweis und dem Auszug aus der Geburtseintragung zu schreiben sind (Artikel 5 Abs. 2). Die offizielle Eintragung des Namens der Neugeborenen wird vom Gesetz überhaupt nicht detailliert ausgeführt. Der hierfür geltende Artikel 18 besagt nur, dass die Namensgebung der Neugeborenen vom Gesetz geregelt wird, als solches wird auf das geltende Gesetz aus dem Jahre 1968 verwiesen. Es muss auf Artikel 18 Abs. 2 verwiesen werden, nach dem der Standesbeamte die Registrierung gewisser Vornamen verweigern kann, wenn er diese als unschicklich oder lächerlich beurteilt. In Artikel Abs. 3 wird festgehalten, dass die offiziellen Urkunden in rumänischer Sprache verfasst werden müssen.

 

7. Zusammenfassende Gedanken: sprachliche Rechte in der Theorie und in der Praxis

Im Allgemeinen kann gesagt werden, dass die Rechtswirksamkeit der Gesetze in Rumänien schwach ist, häufig gibt es Probleme im Zusammenhang mit der Anwendung des Gesetzes, schwankt doch gegenwärtig Rumänien zwischen dem gewisse Minderheitenrechte verweigernden, eine verhüllte Assimilationspolitik betreibenden Nationalstaat und dem Rechtsstaat. Die Kluft zwischen dem Gesetz und der Anwendung des Gesetzes gilt sowohl für die internationalen Vereinbarungen als auch für die innerstaatliche gesetzliche Regelung.

In der ersten Hälfte der 90er Jahren haben offensichtliche Anzeichen darauf verwiesen, dass die Mehrheit der rumänischen politischen Klasse einen verhüllten Widerstand gegen die allgemein anerkannten Vorschriften des internationalen Rechts zeigte. Ein typisches Beispiel für diese Haltung ist, dass Ion Iliescu in seiner Eigenschaft als Staatspräsident damals erklärte, er erkenne den obligatorischen Charakter der Empfehlung Nr. 1201 des Europas für Rumänien nicht an.10

Neben all diesen Feststellungen ist die eine stillschweigende Interpretation von internationalen Gesetzen durch Rumänien nachweisbar, die „die Schranken und die Ausnahmen der international anerkannten und durch Vereinbarungen garantierten Rechte betont, und den allgemeinen, umfassend interpretierbaren Charakter von nicht einer Verfügung der Verträge konsequent zur Einengung der Rechte verwendet.”11 Häufig bieten die internationalen Grunddokumente selbst die Möglichkeit hierzu, wenn sie die Durchsetzung der Minderheitenrechte an Bedingungen knüpfen, deren Interpretation nicht eindeutig ist. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Europäische Charta der Regional- und Minderheitensprachen, die in zahlreichen Fällen auch das Gewicht der Verfügung verringernde, auch willkürlich deutbare Bedingungen formuliert, wie z. B. „so weit es möglich ist”, „im konkreten Fall”, „wo es notwendig ist”, „wo es die Schüler in der für ausreichend gehaltenen Zahl fordern”, wo „die Zahl der Sprecher der Minderheitensprache es erforderlich macht”, usw.12

Die Rechtspraxis zeigt, dass Rumänien nach außen hin die Menschenrechte und Minderheitenrechte anerkennt, die praktische Verwirklichung der internationalen Vereinbarungen zusagt, doch verweisen seine nach innen gerichteten Maßnahmen häufig darauf, dass der Staat nicht immer die in den internationalen Dokumenten eingegangenen Verpflichtungen vor Augen hält, da „über den allgemeinen Regeln der Interpretation der Verträge die politische Doktrin des nationalen Etatismus dominiert”.13

 

Anmerkungen

1

Der Gehalt des Termins Siebenbürgen (ung. Erdély) hat sich in den historischen Epochen mehrmals verändert. Im heutigen Sprachgebrauch wird das Wort im Allgemeinen für das gesamte Gebiet verwendet, das sich von dem Bogen der Ost- und Südkarpaten ganz bis zur ungarischen Landesgrenze erstreckt. So umfasst Siebenbürgen über das historische Siebenbürgen hinaus auch die Gebiete Partium und das Banat.

2

Kukorelli (1995) : p. 3-6

3

Takács (1959) : p. 2

4

Kontra - Szilágyi, N. Sándor (2001)

5

Horváth, István–Scacco, Alexandra (2001) : From the Unitary to the Pluralistic: Fine-tuning Minority Policy in Romania. In: Diversity in action. Local Public Management of Multi-ethnic communities in Central and Eatern Europe. ed. by Anna-Mária Bíró and Petra Kovács. p. 241-272 Budapest: Local Government and Public Service Reform Initiative, Open Society Institute

6

Legea învatamăntului (Legea nr. 84). In: Monitorul Oficial al Romăniei nr. 167 vom 31. Juli 1995; modifiziert durch das Gesetz Nr. 131 vom 29. Dezember 1995 In: Monitorul Oficial al Romăniei nr. 167 vom 29. Dezember 1995). Neu veröffentlicht: In: Monitorul Oficial al Romăniei Nr. 1 vom 5. Januar 1996. Die Modifizierung durch die Dringlichkeitsregierungsverordnung Nr. 36 vom 10. Juli 1997 erschien in Monitorul Oficial al Romăniei nr. 1 vom 5. Januar 1996. Die Bestätigung des Gesetzes Nr. 151, die das Unterrichtsgesetz Nr. 84/1995 modifizierende und ergänzende Dringlichkeitsregierungserordnung Nr. 36 wurde in Monitorul Oficial al Romăniei nr. 370 vom 3. August 1999 veröffentlicht.

7

Legea nr. 215 din 23 aprilie 2001 administratiei publice locale publicat în Monitorul Oficial al Romăniei nr. 204 vom 23. April 2001

8

Kukorelli (1995) : 2. p. 2-7

9

Decret Nr. 975 din 23 octombrie 1968 cu privire la nume. Emis de: Consiliul de Stat al Republicii Socialiste Rumânia. In: Buletinul Oficial nr. 136 din 29 octombrie 1968

10

Izsák, Balázs (2000)

11

Izsák, Balázs op. cit.

12

Skutnabb–Kangas (1997) : p. 75

13

Izsák, Balázs op. cit. die beschränkenden diskriminierenden Beziehungen der erwähnten rumänischen Gesetze, sowie die Art und Weise der Anwendung der Gesetze in der alltäglichen Praxis. Ein gutes Beispiel hierfür ist, dass im ungarisch - rumänischen Grundvertrag Rumänien die Bewahrung der Identität der nationalen Minderheiten übernimmt, während es konsequent die grundlegenden sprachlichen Rechte der Csángós (Tschangos) in der Moldau verweigert. Charakteristisch ist auch jene Praxis in der Gesetzgebung, dass eindeutige, positive Vorschriften einzelner Gesetze von den Durchführungsverordnungen entkräftet werden, somit ist die äußere Beurteilung des Gesetzes positiv, hat aber keine innere Wirkung oder aber ist negativ. Es gibt auch Gesetze, wie z. B. das im Jahre 2000 verabschiedete Antidiskriminierungsgesetz, das – da es die diskriminierenden Elemente der gültigen anderen Gesetze nicht berührt – ausschließlich der positiven internationalen Beurteilung dient.

Literatur

Horváth, István–Scacco, Alexandra (2001): From the Unitarian to the Pluralistic: Fine-Tuning Minority Policy in Romania. In: Anna-Mária Bíró and Petra Kovács (ed.) Diversity in Action. Budapest: Open Society Institute, 241-272.

Izsák, Balázs (2000): A román tanügyi törvény a nemzetközi jog szemszögéből [Das rumänische Unterrichtsgesetz vom Gesichtspunkt des internationalen Rechts aus]. In: Magyar Kisebbség [Ungarische Minderheit] Jg. VI, Nr. 3, p. 181-204

Kontra, Miklós - Szilágyi, N. Sándor (2001): Do the majority-language speakers have a mother tongue, or only minority-language speakers do? (Manuskript) Vortrag auf der internationalen Konferenz am 19.-21. April 2001 in Riga unter dem Titel Kleine Sprachen im Europa des 21. Jahrhunderts.

Kukorelli, István (1995): Románia alkotmányáról [Über die Verfassung Rumäniens]. In: Magyar Kisebbség [Ungarische Minderheit] Jg. I, Nr. 2, p. 2-7

Skutnabb-Kangas (1997): Nyelv, oktatás és a kisebbségek [Sprache, Unterricht und Minderheiten]. Budapest: László-Teleki-Stiftung

Szépe, György (1994): Central and Eastern European Language Policies in Transition (With Special Reference to Hungary). In: Current Issues in Language and Society. Vol. 1 No. 1, p. 41-64

Takács, Imre (1995): Gondolatok Románia alkotmányáról [Gedanken über die Verfassung Rumäniens]. In: Magyar Kisebbség [Ungarische Minderheit]. Jg. I Nr. 2