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Veranstaltungen 2010–2011

Mai 2010–Mai 2011

1. Konferenzen / Werkstattgespräche

 

28. Mai 2010 INTERNATIONALE KONFERENZ

Das Friedenssystem von Versailles, 1919-1938

(Gemeinsame Veranstaltung des Europa Instituts Budapest, des Instituts für Geschichtswissenschaft der UAW, der Arbeitsgruppe zur Geschichte Europas an der UAW, der Zeitschrift História)

Im Rahmen der internationalen wissenschaftlichen Konferenz wurden die 1919-1920 abgeschlossenen Friedensverträge und ihr Nachleben – die Konsequenzen sowie Auswirkungen für die einzelnen Staaten – aus einer vergleichenden Perspektive untersucht und zwar parallel aus der Sicht der Siegermächte und der Besiegten. Die Grußworte und den einführenden Vortrag sprach Prof. Ferenc Glatz. Er erläuterte im Näheren das nationale Trauma der Ungarn, den Trianon-Schock, der breite Schichten der Gesellschaft ergreifend auch in der wissenschaftlichen Tätigkeit der zeitgenössischen Historiker nachvollzogen werden kann – insbesondere in den Werken von Gyula Szekfű, wobei Prof. Glatz die diesbezüglichen Verweise bereits 1976 systematisch in seiner Habilitationsarbeit auswies. In seinem Vortrag sprach er über den Ursprung der damaligen Konflikte nationaler und sozialer Art, die in Folge des Friedensvertrages von Trianon an die Oberfläche gelangten. Er verwies ebenfalls darauf, inwieweit die den Friedensverträgen von Paris unterliegenden Prinzipien mit Hinsicht auf die Auflösung der Österreichisch-Ungarischen Monarchie und des Osmanen Reiches nicht angemessen gewählt waren, und so zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges führten und in Folge der Pariser „Friedensstifter” eine Reihe von Konfliktsituationen im Nahen Osten (1960er Jahre) herauf beschworen. Er analysierte die Gründe für das Scheitern der zwischen 1938 und 1992 unternommenen politischen Bestrebungen zur Auflösung der durch den Friedensvertrag von Trianon geschaffenen Konflikte. Er sprach seine Überzeugung aus, dass die wirkliche Auflösung der Konflikte von Trianon gerade in den aktuellen Tendenzen und den Zeitfaktoren der Gegenwart zu suchen seien, mitunter in der territorialen und administrativen Integration von Europa, den grenzüberschreitenden Projekten (sowohl im regionalen, wirtschaftlichen, die natürliche Umwelt und die ländliche Entwicklung betreffenden Bereichen, Migration der Arbeitskraft, Bewirtschaftung und menschenrechtliche soziale Initiativen). Den einleitenden Vortrag der Vormittagssitzung über die Friedensverträge von 1919 und 1920 aus der Sicht der Besiegten sprach Prof. Arnold Suppan, Generalsekretär der ÖAW. Vorsitz hatte Prof. Horst Haselsteiner (Universität Wien). Prof. Suppan erläuterte die Frage aus einer umfassenden internationalen Perspektive, ob die Verträge des Friedenssystems von Versailles und die Interessen, entlang welchen diese abgeschlossen wurden, zu kurzsichtig gewählt waren. Er suchte eine Antwort darauf, ob die politischen Begebenheiten nach dem Ersten Weltkrieg gegeben waren, um eine Neuordnung Europas durchzuführen. Die Referenten der Vormittagssitzung zu Deutschland, Österreich, Ungarn, Bulgarien und Türkei waren: Prof. István Németh (Eszterházy Hochschule, Eger), Róbert Fiziker (Budapest), Péter Sipos (Institut für Geschichtswissenschaft der UAW), Prof. Emil Palotás (Eötvös-Loránd-Universität, Budapest), Pál Fodor (Institut für Geschichtswissenschaft der UAW). Bei der Nachmittagssitzung wurden verschiedene Aspekte (Minderheitenfrage und Nationalitäten, Wirtschaft- und Finanzwesen, usw.) des Friedenssystems von Versailles aus der Sicht der Sieger und der Besiegten untersucht. Hier sprach Prof. em. Mária Ormos, ord. Mitglied der UAW, den einführenden Vortrag. Vorsitz hatte Prof. Dušan Kováč (Slowakische Akademie der Wissenschaften). Prof. Ormos bot einen chronologischen Überblick der Meilensteine im internationalen Umfeld, die zum Friedenssystem von 1919-1920 führten, und erläuterte umfassend das Kraftfeld, in dem die Entscheidungen zustande kamen. Referenten der Nachmittagssitzung waren: Prof. Gerhard Seewann (Universität Pécs), Tibor Dömötörfi (Institut für Geschichtswissenschaft der UAW); Prof. István Majoros (Eötvös-Loránd-Universität, Budapest), Miklós Lojkó (Eötvös-Loránd-Universität, Budapest), Prof. Ferenc Szávai (Corvinus-Universität, Budapest), Prof. Roman Holec (Comenius-Universität, Preßburg), Árpád Hornyák (Universität Pécs), Ottmar Traşcă (Institut für Geschichtswissenschaft der Rumänischen Akademie der Wissenschaften), Ferenc Eiler (Institut für Minderheitenforschung der UAW)

(100 Teilnehmer)

 

8. Juni 2010 KONFERENZ

Ivan T. Berend: Zwischen zwei Krisen: Europa im Wandel, 1973-2010

(Veranstaltung des Europa Instituts Budapest)

Prof. Berend ist seit langen Jahren regelmäßig Gast im Europa Institut Budapest. Seine Vorträge sind in breiten Kreisen beliebt. Auch diesmal waren zahlreiche führende Persönlichkeiten der UAW, Akademiemitglieder, Vertreter der Bereiche Wissenschaft, Kultur, Wirtschaft und öffentliches Leben bei der Veranstaltung anwesend. Eine Besonderheit war dennoch, dass zugleich der gegenwärtige Präsident der UAW, József Pálinkás, und die früheren Präsidenten Ferenc Glatz und Szilveszter E. Vizi dem Vortrag von Prof. Berend, der selber ehemaliger Präsident der UAW war, beiwohnten. In der Periode zwischen 1973-2008 entfalteten sich zwei Krisen, die das Schicksal von Europa bedeutend prägten. Die erste (doppelte) Krise fand zwischen 1968-1985 statt. Der Referent erläuterte, dass eine der Ursachen für die Krise es war, dass der Energie- und Rohstoff, bzw. der Arbeitskraftanspruch der zu Anfang der 1970-er Jahre gestarteten groß angelegten Investitionen die Wirtschaft in eine Lohnspirale jagten und die Inflation erhöhten. In dieser Periode fand jedoch auch ein anderer Prozess statt: eine neue technische Revolution entfaltete sich (Großcomputer und nukleare Technik, Jet-Flieg- und Raketentechnik), die zur Zurückdrängung der sich auf die alten technisch-technologischen Grundlagen stützenden leitenden Sektoren bzw. Exportbranchen sowie zur Verbreitung der die Errungenschaften der neuen Technik verwendenden Zweige geführt hat. Somit entfaltete sich ein neues Wirtschaftsphänomen, die Stagflation, die die parallel laufende Wirkung von Stagnation und Inflation ausdrückt. Die Wirtschaftskrise von 1970–80 setzte in einer Zeit ein als sich ebenfalls in der Gesellschaft und in der Politik eine Krise entwickelte: die von Prosperität gekennzeichneten Friedensjahre wurden von einer auf sozialer Ebene vollziehenden Konfrontation ergriffen. Zum anderen eroberte die Finanzwelt die Welt mit einer größeren Geschwindigkeit denn je. Im Laufe der Umgestaltung wurden die herrschenden Ideologien der Jahrzehnte nach dem Krieg in Frage gestellt. Die strukturelle Krise und die Globalisierung setzten neue Ideologien in den Vordergrund. Das Sowjetsystem vertrat damals keine Alternative mehr. Die jahrzehntelange Hegemonie der Wirtschaftspolitik von Keynes bezüglich des Eingriffs des Staates und der Schaffung von Nachfrage wurde gestürzt, da sie für die Stagflation keine entsprechende Lösung hat. Die westliche Welt schloss sich stark nach rechts ab. Als organischer Teil des sich neu entfaltenden Zeitgeistes verbreiteten sich die postmoderne Kultur und Ideologie. Im Zeichen der neuen Ideologien veränderte sich auch die Landkarte von Europa. Am meisten erfolgreich waren die neuen populistischen Parteiformationen, die ihre „Prinzipien” den Ansprüchen der Politik entsprechend flexibel veränderten. Westeuropa spielte in der „ersten Globalisierung” zur Wende des 19. – 20. Jahrhunderts eine vorrangige Rolle, doch mittlerweile hat es seine damaligen Monopolpositionen verloren. In den 1960er Jahren stürzte auch das Kolonialsystem endgültig zusammen, gleichzeitig schnitten sich die amerikanischen und japanischen Konkurrenten immer größere Brocken aus der Weltwirtschaft aus. Westeuropa musste auf diese Herausforderung eine Antwort geben und die Weltmächte haben das auch getan. Ihre Antwort war die europäische Integration sowie deren Vertiefung ab den 1970er Jahren. Das andere entscheidende Element bei der Formulierung einer Antwort auf die Globalisierung war die Vertiefung der europäischen Integration. Die westliche Hälfte Europas schloss sich schnell dem großen Konkurrenten, den Vereinigten Staaten von Amerika, auf. Obwohl Westeuropa im Jahre 1950 nur die Hälfte und 1970 70% des amerikanischen Produktionsniveaus erreichte. Mit der europäischen Integration konnten die sich neu beigetretenen, sich in einem Umwandlungsprozess befindlichen Staaten bedeutende Gewinne verbuchen, da die Veränderungen mit einer strukturellen Modernisierung, mit einer demokratischen Umwandlung, mit der Einströmung der neuen Technologie sowie mit einem bedeutenden Kapitaleinfluss verbunden waren. Obwohl die ersten Jahre der Umwandlung besonders schmerzvoll waren, und dabei große Schichten der Gesellschaften zu Verlierern wurden, wurde die Modernisierung begonnen und diese Staaten holten mit der Zeit immer weiter auf.

In dieser Situation brach 2008 die neue finanzielle Krise aus, die sich bald auf den ganzen Kontinent ausdehnte. Die neue Krise kann als Folge der Umwandlung nach 1973 betrachtet werden. Europa bezahlt den Preis des kurzfristigen Gewinns der neoliberalen Deregulierung, wobei dem Finanzkapital eine führende Stellung eingeräumt wird. Das Wachstum der Weltwirtschaft wurde gestoppt, die Arbeitslosigkeit nahm chronische Maße an und der Obligationsmarkt sank weltweit von fünfzig Milliarden USD auf fünf Milliarden USD zurück. Der aufsteigende Konjunkturzweig des langfristigen, fünfzig-sechzig Jahre dauernden Zyklus der Weltwirtschaft erreichte 2000–2007 seine Spitze, und der abfallende Zweig des fünften Zyklus hat die Phase der sogar bis 2020 dauernden Stagnierung und des langsamen Wachstums eröffnet.

Mit der Krise im Jahre 2008 schloss sich der Kreis. Es scheint, dass damit auch die neoliberale Ideologie und Praxis in eine Krise gerieten, Europa kehrt zu einem solideren, geregelten Marktsystem zurück, wobei die Wirtschaft den sozialen Interessen untergeordnet wird. Europa muss eine Antwort darauf geben wie der Prozess der Integration beschleunigt werden kann. Mit dieser Krise kann erneut eine Periode von einem Dritteljahrhundert abgeschlossen werden, und es öffnet sich der Weg für zahlreiche neue Vermutungen und schockierende Vorhersagen sowie für einander widersprechende Visionen.

(80 Teilnehmer)

 

6. Juli 2010 KONFERENZ

Der Ungarische Nationalrat in der Vojvodina, 2010

(Gemeinsame Veranstaltung des Europa Instituts Budapest und des Sozialforschungszentrums der UAW)

Die nunmehr vierte Veranstaltung der Konferenzreihe „Unsere gemeinsamen Angelegenheiten” (Közös dolgaink) fand am 6. Juli 2010 statt. Das Thema der diesjährigen Konferenz war die Aufstellung des Ungarischen Nationalrats in der Vojvodina. Auch diesmal konnte die von dem Europa Institut Budapest und dem Sozialforschungszentrum der UAW gemeinsam organisierte Veranstaltung auf ein breites Publikum zählen, und zwar im doppelten Sinne: zu einem zeugte die Großzahl der Anwesenden von dem regen Interesse für dieses aktuelle Thema, und zum anderen waren sowohl die Fachexperten der wissenschaftlichen Bereiche, deren Spezialgebiete die serbisch-ungarischen Beziehungen, die Minderheitenfragen bzw. die Balkanforschung sind, als auch die Vertreter und Akteure des politischen, öffentlichen und diplomatischen Lebens präsent. Prof. Ferenc Glatz verwies in seinem Eröffnungsvortrag auf die Bedeutung und Rolle der Politik, die auf einer ethnischen Grundlage beruht, und der Autonomie und des Prinzips des Selbstverwaltungswesens im Europa des 21. Jahrhunderts. Er betonte: Die Leistungen der ungarischen Parteien der Nachbarstaaten sind seiner Meinung nach als die größte Erfolgsgeschichte der Politik des Ungarntums nach 1945 zu werten. Denn es ist ihnen gelungen ein Modell aufzustellen, das die europäische liberale Demokratie – die die staatsbürgerliche und in erster Linie die mit der Weltanschauung des Einzelnen verbundene Identität als maßgebend betrachtete – zu Beginn des 20. Jahrhunderts bereits aufgegeben hatte. Bei diesem Modell wird die ethnische Identität als einer unter den vielen Identitäten des Individuums zu einer politischen Institution erhoben. Was nun in der Vojvodina verwirklicht wird, ist ein wichtiger Moment mit gesamteuropäischer Dimension. Hierbei wird die südöstliche Erweiterung der EU vorteilhaft an die Europäisierung und Demokratisierung der Region angekoppelt. Ferenc Glatz sprach seine Anerkennung über die Bereitschaft der serbischen politischen Elite aus einen Weg in Südosteuropa einzuschlagen, welchen noch keiner der Nachbarstaaten gewagt hatte zu beschreiten und den nationalen und ethnischen Kollektiven eine kulturelle Autonomie zu sichern, die als Modell, als Lösungsansatz für die sich vermehrenden Konflikte in ganz Europa dienen wird. Letztendlich sind es die Auslösung der ethnischen und Minderheitenkonflikte, die in Westeuropa in Folge der wachsenden Migrationswellen die wichtigsten Fragen im Bereich Sozialwesen und Menschenrechte darstellen. Zsolt Németh, Staatssekretär des Außenministeriums der Republik Ungarn, sprach über die aktuellen außenpolitischen Tendenzen aus südosteuropäischer und gesamt-europäischer Perspektive. István Pásztor, Präsident der Allianz der Ungarn in der Vojvodina, und Tamás Korhecz, der neu gewählte Präsident des 2010 errichteten Ungarischen Nationalrats in der Vojvodina, boten einen Einblick in die Ereignisse und Entwicklungen, die zur Aufstellung der Nationalräte geführt hatten, und beschrieben die aktuellen Schwerpunkte der Tätigkeit des Ungarischen Nationalrats sowie die Fragenbereiche, für die Lösungsansätze ausgearbeitet werden müssen. Sie schilderten ebenfalls die zukünftigen Pläne und Aufgabenbereiche, die verwirklicht werden sollen.

(100 Teilnehmer)

 

15. Oktober 2010 KONFERENZ

Stv. Staatssekretär János Hóvári: Neue Inhalte der Außenpolitik

(Im Rahmen der Konferenzreihe Vorträge über den Balkan gemeinsame Veranstaltung des Europa Instituts Budapest und des Programmkomitees für Strategische Forschungen der UAW)

Stellv. Staatssekretär des Außenministeriums der Republik Ungarn, János Hóvári, folgte der Einladung von Prof. Ferenc Glatz und hielt am 15. Oktober 2010 einen Vortrag mit dem Titel „Neue Inhalte der Außenpolitik” im Rahmen der gemeinsamen Konferenz des Europa Instituts Budapest und des Programmkomitees für Nationale Strategische Forschungen der UAW. Der Gastgeber der Konferenz, Prof. Ferenc Glatz, begrüßte in seinem Eröffnungsvortrag, dass anerkannte Fachexperten aus der staatlichen Administration vertreten waren. Er sprach über seine langjährige Bekanntschaft mit János Hóvári, aus der Zeit als Herr Hóvári noch ein junger Forscher in dem von ihm geleiteten Institut für Geschichtswissenschaft der UAW war. Anschließend sprach János Hóvári in seinem Vortrag über die kurz- und langfristigen Zielsetzungen der ungarischen Außenpolitik, wobei er jeweils Parallelen zu den historischen und aktuell politischen Aspekten zog. Er zählte die gewichtigen Schwerpunkte in den internationalen Beziehungen auf, die dazu beitragen sollen die Positionen und die Anerkennung des Landes sowohl in der Region und innerhalb der EU als auch im globalen Umfeld zu stärken. Er führte ebenfalls die wichtigsten Aufgaben in Verbindung mit der EU-Präsidentschaft Ungarns an und bot einen Einblick in die laufenden Vorbereitungen. Er bot einen interessanten Einblick in die Behördenwege des Ministeriums, die Zuständigkeitsbereiche der einzelnen Hauptabteilungen und die Abwicklung von Sachfällen, die eine enge Kooperation zwischen mehreren Abteilungen oder auf interministerialer Ebene erforderlich machen. Referenten der Veranstaltung waren die Akademiker Mihály Simai und József Bayer, die ihre Standpunkte über die Entwicklung der ungarischen Außenpolitik in den vergangenen 50 Jahren erläuterten. Prof. Simai verwies in seinem Referat auf die verschiedenen Wege und Kanäle in den internationalen Beziehungen und erwähnte u.a. auch die für die Forscher und die Nachwelt interessanten Details zu den inoffiziellen Wegen, denen sich die Außenpolitik in den 1970/80er Jahren bedienen konnte. Prof. Bayer betonte die Bedeutung einer auf Kontinuität und auf eine konsequente Haltung basierenden Außenpolitik.

(70 Teilnehmer)

 

26. Oktober 2010 FESTVERANSTALTUNG

Minderheitenpolitik und Geschichtsforschung – Prof. Zoltán Szász zum 70. Geburtstag

Die Mitarbeiter und Freunde des Europa Instituts Budapest sowie die Historiker-Kollegen begrüßten Herrn Prof. Zoltán Szász anlässlich seines 70. Geburtstags im Rahmen einer Werkstattgesprächsrunde zum Thema Minderheitenpolitik und Geschichtsforschung. Prof. Glatz betonte in seiner Laudatio die wissenschaftlichen und persönlichen Leistungen, die Ausdauer und die unermüdlichen Forschungen von Prof. Szász zur Erforschung der Minderheitenfrage, zur Geschichte und Stellung der Minderheiten in Europa und in den Nachbarländern, in erster Linie in Rumänien. Er hob seine wissenschaftlichen Verdienste in der Geschichtswissenschaft, seine zahlreichen Publikationen auf Ungarisch, Deutsch, Rumänisch, Französisch und Englisch sowie seine universitäre Lehrtätigkeit als Titularpofessor der Eötvös-Loránd-Universität in den Fachbereichen Museologie und Europäische Integration heraus.

(30 Teilnehmer)

 

11. November 2010 FESTVERANSTALTUNG

Übergabe der Festschrift an Herrn Prof. Arnold Suppan anlässlich seines 65. Geburtstags
im Institut für Osteuropäische Geschichte in Wien

Der Direktor des Europa Instituts Budapest, Prof. Ferenc Glatz, und Prof. Zoltán Szász nahmen am 11. November 2010 an dem im Institut für Osteuropäische Geschichte der Universität Wien organisierten festlichen Programm zur Überreichung der Festschrift anlässlich des 65. Geburtstags von Herrn Prof. Arnold Suppan teil.

 

16. November 2010 WERKSTATTGESPRÄCH

Wasser, Donau-Strategie im Karpatenbecken – Diskussion der Kleinmonographie von Ferenc Glatz

(Gemeinsame Veranstaltung des Europa Instituts Budapest und des Instituts für Geschichtswissenschaft der UAW)

Das Europa Institut Budapest betrachtet die Donau und das Donautal sowie den Umgang mit Wasser und die Wasserwirtschaft seit seiner Gründung als ein prioritäres Thema seiner wissenschaftlichen Tätigkeit. Als das Institut 2006 erfolgreich an einer Ausschreibung teilnahm, wurde gemeinsam mit der Ungarischen Akademie der Wissenschaften und dem Amt des Ministerpräsidenten ein gemeinsames Projekt über eine komplexe Donau-Forschung begonnen. Auf diese Weise konnten die bereits angesammelten Erfahrungen und Potentiale des Institutes in diesem Bereich auch praktische Anwendungen finden. Die Fortsetzung dieses erfolgreichen Vorhabens war die Beteiligung an einem zweiten Projekt mit den gleichen Partnern zum Thema der Erforschung der Wasserwirtschaft im Karpatenbecken. Es wurden zahlreiche Konferenzen und Werkstattgespräche organisiert, die die Experten der Fachbereiche mit den Akteuren des politischen und öffentlichen Lebens zusammenführten. Ebenfalls wurden die Ergebnisse der Forschungen publiziert, sowohl auf Ungarisch als auch auf Deutsch und Englisch. Zum Abschluss des Projektes wurden die führenden Mitarbeiter von Prof. Ferenc Glatz eingeladen, um im Rahmen eines Werkstattgesprächs die gemeinsam erbrachten Leistungen zu rekapitulieren, die Ergebnisse und Errungenschaften zusammenzufassen, die Konsequenzen zu ziehen und vor allem um einander für die gegenseitige Unterstützung und die gemeinsame Arbeit zu danken. Bei diesem Anlass wurde die von Prof. Glatz verfasste Kleinmonographie über Wasser, Donau-Strategie und Gesellschaft präsentiert, deren Auszüge in gedruckter Form in der Zeitschrift História veröffentlicht wurden. Er verweist hierin darauf, wie wichtig es bei der Vorbereitung und Ausarbeitung eines Wasserwirtschaftsprogramms für den Karpatenbecken war, dass ein entsprechend umfassender und präziser Lagebericht erstellt werden konnte und zur Verfügung stand – mitsamt einer Bilanz der Geschichte, der historischen Ereignisse und Abläufe. Mit Bezug auf die Zielsetzungen des Programms, wünschte es die Gewässerprozesse im Karpatenbecken in ihrer Komplexität zu erfassen und zugleich das Verhältnis von Gesellschaft und Wasser (sog. „Leben mit dem Wasser”) einer näheren Untersuchung zu unterziehen – sowohl aus historischer Perspektive als auch mit Hinsicht auf die aktuellen Tendenzen. Es präsentierte ebenfalls einen Überblick der mit der Wasserwirtschaft verbundenen Organisationen und Institutionen sowie eine chronologische Darstellung der Grundprinzipien und Problemfelder der Wasserwirtschaft. Prof. Glatz erarbeitet in dem entsprechenden Kapitel seiner Kleinmonographie eine Zusammenfassung zu den geltenden Leitgedanken und den Debatten für den Zeitraum 1920-2009 über Trinkwasserversorgung, Abwasserentsorgung, Besitzstruktur, Flussregelungen, Schifffahrt, Wasserenergie, Nutzung von Heilwasserquellen. Er erachtet es als eine prioritäre Aufgabe die Wissenschaftler und Forscher der Sozialwissenschaften zum aktiven Mitdenken und zu einer synthetisierenden Herangehensweise zu bewegen: denn die Naturwirtschaft ist nicht ausschließlich die Sache der Ingenieure, der Naturforscher und der Umweltschützer, sondern auch die Aufgabe der Wissenschaftler, die die menschliche, die Umwelt benutzende und nutzbar machende Gesellschaft zum Thema ihrer Forschungen machen.

(30 Teilnehmer)

 

12. Februar 2011 WERKSTATTGESPRÄCH

Vom Zusammenleben bis zu den Massenmorden. Serben, Ungarn, Deutsche, Kroaten, Juden, Rumänen, Slowaken in der Vojvodina, 1941-1945

(Gemeinsame, in Szabadka/Subotica gehaltene Veranstaltung der Ungarischen Sektion der Ungarisch-Serbischen Akademischen Kommission, des Europa Instituts Budapest und mit der Unterstützung des Verbandes der Ungarn in der Vojvodina)

Das Europa Institut Budapest beteiligte sich gemeinsam mit der Ungarischen Sektion der Ungarisch-Serbischen Akademischen Kommission und mit der Unterstützung des Verbandes der Ungarn in der Vojvodina an der Organisation und Abwicklung des ersten wissenschaftlichen Forums dieser Kooperation, welches in Szabadka/Subotica einberufen wurde. Ebenfalls anwesend waren István Pásztor, der Vorsitzende der Allianz der Vojvodina Ungarn und der Botschafter der Republik Ungarn in Serbien, Oszkár Nikowitz. Im Rahmen des wissenschaftlichen Forums präsentierten die Forscher einen Lagebericht über den Stand der Forschungen und die Aufarbeitung der archivalischen Quellen zu den Ereignissen in der Vojvodina von 1941-1945. Prof. Ferenc Glatz, Präsident der Ungarischen Sektion der Ungarisch-Serbischen Akademischen Kommission, betonte in seinem einführenden Vortrag, dass die vorrangige Zielsetzung dieser Kooperation ist es, anstelle von Rachezügen die Erinnerung an die Opfer in den Vordergrund zu stellen und diese für die kommenden Generationen in Ehren zu bewahren. Die Forschungen sollen die genauen Zahlen der Opfer ermitteln; es sollen Gedenktafeln ausgestellt werden. In diesem Zusammenhang sollen die Ereignisse von 1944 und 1945 ebenfalls in Verbindung mit den Ereignissen von 1942 diskutiert werden. Er verwies darauf, dass man die Fehler, die begangen wurden, eingestehen muss. Zugleich soll es aber ebenfalls beachtet werden, dass im Zweiten Weltkrieg der ungarische Staat als einziger gegen die Atrozitäten seiner eigenen Streitkräfte auftrat. Die Nachbarstaaten, Serbien, die Slowakei und Rumänien, müssen verstehen, dass sie dann wirklich stark sein können, wenn sie das unabhängige Dasein ihrer Minderheiten ebenfalls mittels der Gewährleistung eines entsprechenden institutionellen Rahmens anerkennen, wenn sie ihren ethnischen Minderheiten erlauben ihrer eigenen Geschichte und ihrer eigenen Vergangenheit zu gedenken. Es ist die Aufgabe der Serbisch-Ungarischen Akademischen Kommission die Möglichkeiten und Initiativen zur Versöhnung zu erforschen und zu präsentieren. Dem einführenden Vortrag von Prof. Ferenc Glatz folgend sprachen Lajos Gecsényi, Leiter der Arbeitsgruppe für archivalische Forschung, István Fodor, Direktor des Archivs in Zenta, und Zsuzsanna Mezei, Hauptarchivarin des Archivs in der Vojvodina, über den aktuellen Stand der Forschungen.

(110 Teilnehmer).

 

31. März 2011 FESTVERANSTALTUNG

20 Jahre Europa Institut Budapest – Begrüßung von Prof. Ferenc Glatz anlässlich seines 70. Geburtstags (im engen Kreise der Mitarbeiter des Europa Instituts Budapest)

Der enge Mitarbeiterkreis des Europa Instituts Budapest versammelte sich, um Prof. Glatz zu seinem 70. Geburtstag zu gratulieren. Prof. Károly Manherz und Prof. Attila Pók würdigten seine langjährige, ausdauernde Arbeit, sein unermüdliches Bestreben das Institut stets auf dem aktuellsten Kurs zu halten, sei es die Rede von Wissenschaftsorganisation, von neuen Terrains der fach-wissenschaftlichen Forschung oder von der Behandlung der gegenwärtigen Herausforderungen, denen Ungarn, die Region, Europa oder die Welt entgegen-sieht. Sie betonten sein stetes Unterfangen persönliche und institutionelle Beziehungen auszubauen, die Zusammenarbeit in allen Fachbereichen und mit allen Nationen zu fördern und das angesammelte Wissen breiten Kreisen zugänglich zu machen sowie an die kommenden Generationen zu übermitteln.

(24 Teilnehmer)

 

5. Mai 2011 FESTVERANSTALTUNG

„Die Akademie als Ratgeber der Nation” – Übergabe der Festschrift anlässlich des 70. Geburtstages von Prof. Ferenc Glatz im Festsaal der Ungarischen Akademie der Wissenschaften

(Gemeinsame Veranstaltung der Ungarischen Akademie der Wissenschaften und des Instituts für Geschichtswissenschaft der UAW)

Die Mitglieder, Amtsträger und Mitarbeiter der Ungarische Akademie der Wissenschaften sowie die früheren Kollegen und gegenwärtigen Mitarbeiter ehrten den früheren Präsidenten der UAW (Mai 1996-Mai 2002), Ferenc Glatz, zu seinem 70. Geburtstag mit einer Festschrift. Im Rahmen der Festveranstaltung sprach József Pálinkás, der gegenwärtige Präsident der UAW, die Eröffnungs-worte. Die Laudatio wurde von dem Akademiemitglied Prof. István Láng gesprochen. Prof. Láng ist der Redakteur der Festschrift, der die Studien der Wissenschaftlerkollegen und der Mitglieder der Akademie zu den Themenschwerpunkten enthält, welche Ferenc Glatz während seiner Präsidentschaft unterstützte und förderte (nationalstrategische Forschungen, kulturnationale Grundlage der Akademie der Wissenschaften, aktueller Stand und die Zukunft der Fachwissenschaften, Ausbildung der wissenschaftlichen Grundlagen unserer Weltanschauung, die Emanzipation der Sozialwissenschaften, Konsolidierung des Forschungsnetzwerks, funktionsfähige Wissenschaftsorganisation, das Programm der planmäßigen Vorgehensweise). Anschließend hielt Prof. Ferenc Glatz seinen Festvortrag mit dem Titel „Der öffentliche Nutzen der Wissenschaft”. Hierin zeichnete er auf Grund seiner persönlichen Eindrücke und mit den Augen seiner Altersgenossen, seiner Generationsgefährten ein Bild über die allgemeinen und wissenschaftshistorischen Grundfragen, die die vergangenen 50 Jahre, die Zeit des Kalten Krieges und des Systemwandels, prägten. Er war es, der sich auf die Akademie der Wissenschaften als „Ratgeber der Nation” berief, dessen Zielsetzung ist es, die zukünftigen Programme bzw. Projekte zu den Bereichen europäische Integration, regionale und lokale Wirtschaft und Sozialpolitik zu formulieren und Lösungsansätze bzw. Alternativen für die politischen Akteure und die Gesellschaft anzubieten.

(120 Teilnehmer)

 

15. Juni 2011 FESTVERANSTALTUNG

Geschichtswissenschaft gestern, heute und morgen – Feierliche Buchpräsentation anlässlich der Herausgabe der Festschrift für Prof. Ferenc Glatz zu seinem 70. Geburtstag

(Gemeinsame Veranstaltung der Eötvös-Loránd-Universität und des Europa Instituts Budapest)

Die Leitung der Eötvös-Loránd-Universität, die Historiker- und Professorenkollegen sowie die Mitarbeiter der Universität und des Instituts und der Lehrstühle für Geschichtswissenschaft versammelten sich auf Einladung des Rektors der Eötvös-Loránd-Universität und des Dekans der Philosophischen Fakultät im Festsaal der Philosophischen Fakultät der Universität, um Prof. Ferenc Glatz zu seinem 70. Geburtstag zu gratulieren. Bei diesem Anlass überreichten sie einen zu Ehren von Prof. Glatz veröffentlichten Band mit dem Titel „Ungarische Geschichtswissenschaft zur Jahrtausendwende”, der die Studien seiner Kollegen und Schüler zu seinen beliebtesten wissenschaftlichen Themen beinhaltet. Im Rahmen der im Festsaal der Philosophischen Fakultät der Eötvös-Loránd-Universität Budapest gehaltenen feierlichen Veranstaltung sprachen der Rektor der Universität, Prof. Barna Mezey, der Dekan, Tamás Dezső, ihre Glückwünsche aus. Anschließend hielt der Redakteur der aus den Werken der Historiker-Kollegen zusammengestellten Festschrift, Prof. Lajos Izsák, die Laudatio, worin er die wissenschaftliche Tätigkeit, die Lehrtätigkeit und die Leistungen von Prof. Glatz auf dem Gebiet der Gründung von geschichtswissenschaftlichen Schulen würdigte. Prof. Glatz sprach in seiner Rede seinen Dank an seine Lehrer und Professoren aus und betonte, wie wichtig die gegenseitige Toleranz im Beruf der Historiker ist, denn nur hierdurch kann eine Atmosphäre des geistigen Schaffens und der wissenschaftlichen Produktivität gewährleistet werden. Er dankte ebenfalls seinen Schüler für das in ihn gesetzte Vertrauen und ihre beständige und ausdauernde Arbeit. In seinem Festvortrag bot er einen Überblick der wichtigsten Meilensteine hinsichtlich der methodologischen Ansätze und der Themenwahl in der Entwicklung der europäischen und ungarischen Geschichtsschreibung und beschrieb welche Auswirkungen diese auf die Wendepunkte seiner Laufbahn hatten (Weltverband der Historiker, die Zeitschrift História, Themen zur Naturgeschichte, usw.) Er betonte wie wichtig die Anwendung der globalen und gesamteuropäischen Perspektive bei der wissenschaftlichen Arbeit und bei den Forschungen sei, wie auch die Bewandertheit in der internationalen Fachliteratur. Er verwies ebenfalls darauf, dass den kommenden Generationen, den jungen Forschern stets die Möglichkeit gewährt werden sollte sich an der Arbeit der wissenschaftlichen Werkstätten zu beteiligen.

(100 Teilnehmer)

 

2. MA-Fachrichtung
„Die Geschichte und Gegenwart der europäischen Integration”
(„Donnerstagnachmittage im Europa Institut”)

 

Herbstsemester 2010

 

16. September 2010

Prof. Ferenc Glatz: Europäische Integration der Bereiche Wirtschaft, Rechtswesen, Kultur, Sozialwesen (Einführung)

Prof. Ferenc Glatz hielt den einführenden Vortrag des dritten Semesters der Fachrichtung „Die Geschichte und Gegenwart der europäischen Integration”. Im Rahmen der angebotenen Kurse in den vergangenen zwei Semestern wurde die wirtschaftliche und die politische Integration ins Visier genommen, somit die Vorgeschichte der EU, die ersten Gemeinschaften der Integration, der wachsende Wille zur politischen Integration und zur Aufstellung und später Erweiterung der Europäischen Union. Jetzt aber kommt der schwierigere Teil: Was genau soll den Inhalt der Integration auf dem europäischen Kontinent bilden? Wie sollen die Wirtschaft, die Wirtschaftspolitik der EU und das Budget aussehen, sowohl auf EU-Ebene als auch auf der Ebene der Nationalstaaten? Wie soll das Rechtssystem aussehen, das geeignet ist um alle Bereiche abzudecken und eine entsprechende Rechtssicherheit für die Staaten, die Wirtschaftsakteure und die Bürger der EU zu sichern? Wie soll die kulturelle Integration aussehen und wie soll die integrative Kultur beschaffen sein und vor allem auf welcher Ebene soll diese erfolgen? Hierbei kommt die Frage der Muttersprache und der Lingua franca auf. Ebenfalls die Frage der unzähligen Sitten- und Gebräuchesysteme. Und natürlich die Frage hinsichtlich der Beschaffung und Definition der Multikulturalität. Alles große Fragenbereiche, mit denen man sich auseinander-setzen muss. Im Folgenden bot er einen Überblick der Themen, die im Laufe des Halbjahres behandelt werden: Wirtschaft, Rechtswesen, Kultur, Sozialwesen bzw. soziale Versorgungsnetze sowie die aktuellen politischen Fragen und Herausforderungen, denen sich die Europäische Union stellen muss. In Verbindung mit dem wirtschaftlichen Bereich verwies er auf die Wettbewerbsfähigkeit bzw. -unfähigkeit der EU und ihrer Mitgliedstaaten, somit auf die Grenzen des wirtschaftlichen Wachstums, im europäischen und globalen Umfeld. Er erläuterte den Hintergrund der 2008 einsetzenden Wirtschaftskrise und die Versuche der einzelnen Mitgliedstaaten den bröckelnden Finanzmärkten Einhalt zu bieten. Hinsichtlich der integrativen Tendenzen im Bereich Rechtswesen betonte er wie wichtig die Harmonisierung der Rechtsgrundlagen und –verfahren sei, vor allem da diese sich sowohl auf die Wirtschaft als auch auf weitere Bereiche eines vereinten Europas auswirken. Die gegenwärtigen Tendenzen und Errungenschaften der neuesten industriell-technischen Revolution im „globalen Dorf” öffnen neue Dimensionen für unser Interesse an Kultur und unsere kulturelle Neugier. Die Migrationswellen innerhalb von Europa und aus allen Teilen der Welt in Richtung Europa stellen uns vor Herausforderungen, die neue Dimensionen des Begriffs Multikulturalität öffnen. Der Wohlfahrtsstaat als Modell, welches sich nach dem Zweiten Weltkrieg in Europa und in den USA herausgebildet hatte, muss neu überdacht werden – und nicht nur in der ostmitteleuropäischen Region, wo weit bescheidenere Mittel zur Finanzierung dieser sozialen Systeme zur Verfügung stehen, sondern auch in den westlichen Staaten, die USA mit inbegriffen. Abschließend ging er auf die Vorteile des Staatsverwaltungsprinzips ein, welches sich im Laufe der vergangenen Jahrhunderte in der ostmitteleuropäischen Region ausbildete, und welche auf den Autonomievorstellungen dieser multiethnischen Region beruht.

(15 Teilnehmer)

 

23. September 2010

Ferenc Glatz: Der Begriff der europäischen Integration und ihre Vorgeschichte (Einführender Vortrag)

Ferenc Glatz betonte wie wichtig es ist die europäische Integration umfassend aus einer komplexen und vergleichenden historischen Perspektive und aus der Sicht der Anpassung an die gegenwärtigen und zukünftigen globalen Tendenzen (effektive institutionelle Basis, Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft, Förderung der Entwicklung der Fachbereiche, Bildung und Kultur, Sozialwesen usw.) zu behandeln. Als Ausgangspunkt für das Studium der Europa-Geschichte gilt, dass jede(r) EU-BürgerIn neben den Kenntnissen über die Geschichte des Nationalstaates hinaus über ein angemessenes Wissen hinsichtlich der Geschichte der europäischen Integrationsprozesse, somit ebenfalls über die Entstehung, Geschichte und Tätigkeit der Europäischen Union verfügen muss. Somit soll sich in den Bürgern, die in einer der gegenwärtig bedeutendsten Verwaltungseinheiten des Kontinents leben, ein Europa-Bewusstsein ausbilden. Für die fundierte Aneignung der Kenntnisse ist es ebenfalls wichtig die Schwerpunkte, die Potentiale aber auch die zu lösenden Problemfelder und Konfliktsituationen sowie die Grenzen der EU in ihrer Komplexität zu sehen. Hierbei sei zu beachten, dass erst mit der Zeit die Stellung, Langlebigkeit und Effizienz der EU aus historischer Sicht beurteilt werden kann. Unter den wichtigsten Themen des Lehrplans wurden die folgenden Themenschwerpunkte aufgezählt: 1.) Integrationsbestrebungen ab dem 17. Jahrhundert mit besonderer Hinsicht auf die wirtschaftlichen und kulturellen Faktoren, denen neben den diplomatischen und militärischen Aspekten selten ein angemessener Platz eingeräumt wird; 2.) perspektivischer Ausblick auf die Beispiele solcher Integrationsvorhaben in der Geschichte; 3.) Untersuchung des weltweiten Umfelds. Hierbei verwies Prof. Glatz auf das Phänomen des Integrationspluralismus, und zwar auf lokaler und inhaltlicher Basis, also auf die Organisationskraft der Integration. Dies bedeutet, dass lokal an unterschiedlichen Orten der Erde Integrationsbestrebungen zustande kommen, die sich mit Hinsicht auf ihre Ausdehnung und ihre spezifischen inhaltlichen Elemente unterscheiden. Diese inhaltlichen Elemente können wirtschaftlicher, kulturanthropologischer, verwaltungspolitischer und militärischer Art sein, wobei zu allen diesen Elementen Beispiele aus der Geschichte angeführt wurden. Es gilt ebenfalls zu erkennen, dass bei den meisten Integrationsvorhaben Politik, Wirtschaft und Kultur Seite an Seite stehen und in den meisten Fällen die unterschiedlichen inhaltlichen Elemente gleichzeitig dominieren. Seltene Beispiele für die überwiegende Präsenz eines einzigen dieser inhaltlichen Elemente kann bei der Integrationspolitik der Steppenvölker beobachtet werden, bei der außer der Steuerzahlungspflicht keine weiteren wirtschaftspolitischen oder kulturellen Elemente der Integration vorzufinden waren. Ein weiteres Beispiel sind die ausschließlich auf Grund von wirtschaftlichen Interessen zustande kommenden Integrationseinheiten, wie einige der mittelalterlichen Städteverbände, so z.B. die Hansastädte oder die wirtschaftlichen Integrationseinheiten der modernen Welt. Die meisten Beispiele sind aber weiterhin unter den auf militärischen Bündnissen beruhenden Integrationsbestrebungen zu finden.

(15 Teilnehmer)

 

30. September und 14. Oktober 2010

Dr. Ferenc Henrik Glatz: Die Integration der EU in den Bereichen Wirtschaft, Bank- und Rechtswesen (Teil 1 und 2)

Im Rahmen des Vortrages wurden zwei wichtige Momente des Integrationsprozesses im wirtschaftlichen bzw. wirtschaftspolitischem Bereich behandelt: 1.) Formulierung bzw. Verwirklichung von integrativen Ansätzen in der Wirtschaft und auf dem Kapitalmarkt und 2.) die praktische Umsetzung dieser Ansätze. Als Ausgangspunkt wurde die Gründung der Finanzunion (EPU-1950) genommen, deren Ziel es war die Handels- und finanziellen Beziehungen nach dem Zweiten Weltkrieg zu normalisieren. (Die EPU gilt zugleich als Vorläufer der Integration.) Im Vortrag wurden die finanziellen-politischen Kooperationen nach dem Römischen Vertrag dargestellt: Währungsausschuss, Europäische Investitionsbank (EIB) sowie deren ausführliche Tätigkeit, sowie die Funktion und die Rolle des Europäischen Währungsfonds (EUA) bei der Bereitstellung von finanziellen Unterstützungen. Ebenso wurden im Vortrag die Vorstellungen der Pläne bezüglich der Vorbereitung der Montanunion (Barre, Schiller), besonders des Werner-Ausschusses, beziehungsweise die Bremswirkung der Krise im Jahre 1973 vorgestellt. Das Hauptziel des EMS-Gründungsbeschlusses vom 1978 war die Schaffung der Kursstabilität mit der Einführung der ECU (gemeinsame Verrechnungseinheit) im Jahre 1979. Der Referent hat die Prinzipien und den Mechanismus des Betriebs von ECU vorgestellt. Gesondert hat er die drei Entwicklungsphasen des Europäischen Währungssystems sowie die Bedeutung der Annahme von SEA und die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung im Jahre 1991 behandelt. Der abschließende Großkapitel des Vortrags präsentierte die Einführung des EURO (mit dem Delors-Plan als Ausgangspunkt), sowie die Sicherung der freien Kapitalbewegung, das Inventar des wirtschaftlichen Konvergenz-Programms, die Gründung von EMI (1994), die Entscheidung in Madrid neben der Einführung des EURO, die Gründung der Zentralbank sowie die Einführung des EURO 1999 bzw. 2002 mit deren strengen Folgen. Zum besseren Verständnis der Integration wurden auch der Aufgabenbereich sowie die tägliche Tätigkeit der Europäischen Zentralbank vorgestellt. Besondere Aufmerksamkeit wurde im Vortrag den jeweiligen Schwierigkeiten des finanziellen Integrationsprozesses bzw. den sich verändernden Umständen der Weltwirtschaft gewidmet.

(15 Teilnehmer)

 

7. Oktober 2010

Dr. Lilla Krász: Europäische Integrationsbestrebungen. 1648-1789

Mit den Rahmendaten des Westfälischen Friedens von 1648 und der Französischen Revolution von 1789 ist eine Epoche umschlossen, die in der Fachliteratur als „Zeitalter des Absolutismus”, oder neulich als „Zeitalter der Herrschaftsverdichtung und Fürstenbezogenheit” bezeichnet wird. Gleichzeitig stehen aber 1648 und 1789 für die Auflösungsdaten zwei absoluter Monarchien mit darauffolgenden Hinrichtungen zwei Könige – der eine in England, und dann 150 Jahre später der andere in Frankreich. Im Blockseminar wurde die unbeschränkte monarchische Herrschaftsform als Integrationsfaktor auf 1) politisch-diplomatischen, 2) wirtschaftlich-finanziellen, 3) demographisch-umweltlichen sowie auf 4) kulturell-wissenschaftlichen Ebenen des gesellschaftlichen Zusammenlebens beleuchtet.

Es wurden unter diesen vier Gesichtspunkten die von den absoluten Staaten aufgenommenen Bündnisse und (dynastische, Religions-, und koloniale) Kriege um die Vorherrschaft in Europa, die daraus erfolgenden globalen Migrations-, Geld- und Warenströme sowie die Strukturwandelprozesse im Heer- bzw. Finanzwesen (Aktivitäten der Ostindiengesellschaften und der zahl-reichen spezialisierten europäischen privaten Kommissionshändler, Entstehung der Versicherungsgesellschaften, der Börse, der großen Aktiengesellschaften und nicht zuletzt das Zustandekommen des Bankwesens) und in den Regierungssystemen behandelt. Zu dieser Zeit erlebte Europa ein demographisches Wachstum, einen Anstieg des Lebensstandards, und dies schaffte moderne Institutionen in Form von Medikalisierung, Hygenisierung und Hospitalisierung. Ebenfalls wurden die kulturell-wissenschaftlichen Veränderungen der Zeit angesprochen: Die globale Verbreitung des gedruckten Buches sowie die Professionalisierung der Kommunikationskanäle verschafften neue Räume (frühneuzeitliche Forschungsuniversitäten – z.B. in Göttingen, öffentliche Bibliotheken, Buchhandlungen, Lesegesellschaften, Akademien, Freimaurer-logen, usw.) und Medien (gedrucktes Buch, Druckpresse, gelehrte Briefnetz-werke, usw.) des Wissenstransfers.

(15 Teilnehmer)

 

14. Oktober 2010

Ferenc Henrik Glatz: Die Integration der EU auf dem Gebiet der Wirtschaft und des Rechtswesens (Teil 2)

S. oben (30. September)

 

21. Oktober 2010

Dr. László Csorba: Der Europa-Gedanke im 18.-19. Jahrhundert

In seiner Einleitung erläuterte der Vortragende den scheinbaren Widerspruch, das 19. Jahrhundert allgemein als die Epoche der Ausbildung der einzelnen Nationalstaaten zu betrachten, wobei gleichzeitig zum ersten Mal der Gedanke einer Vereinigung der europäischen Völker – über die Nationalstaaten hinaus-weisend, diese überschreitend – in seiner modernen Form konzipiert wurde. Die immer zügigere Verbreitung der auf den Prinzipien der Marktwirtschaft beruhenden Tendenzen barg tatsächlich wichtige Elemente in sich, die in Richtung einer Vereinigung zeigten und eindeutige Vorteile versprachen. Die prägende Idee war aber die Herstellung eines Gleichgewichts in der Machtpolitik der europäischen Reiche (balance of powers), die bei dem Abschluss jeglicher Verträge und Allianzen eine wichtige Rolle spielten. Dies führte zu einem zu der Konservierung der partikularen Machtinteressen, wodurch gewährleistet werden konnte, dass keines der Reichformationen in Europa einen übergewichtigen Einfluss erlangte. Dies war schon aus dem Grund wichtig, weil eine zu starke und einflussreiche Formation ihre pure Kraftüberlegenheit nutzend potentiell fähig gewesen wäre eine sich über enorme Gebiete erstreckende Integration zu erwirken. Mit dem Konzept des Gleichgewichts der Mächte wurde ein Modell eingeführt, das zu späteren Zeiten weite Verbreitung fand. Die Teilnehmer im europäischen Machtumfeld mussten lernen, dass sie nur eine Einigung erzielen konnten, wenn sie kontinuierlich die eventuellen gegensätzlichen Interessen der Partner vor Augen hielten und bei ihren Entscheidungen in Betracht zogen.

Die Geschichte und den historischen Verlauf – mitsamt den prägenden Faktoren – der Herausbildung des Europa-Gedankens im 19. Jahrhundert erläuternd, wurde im Vortrag auf die grundlegende Rolle der Gedanken- und Ideenwelt der Aufklärung und des Liberalismus, insbesondere auf die Rechte und Freiheiten des Menschen verwiesen. Im Weiteren wurden die prinzipiellen Problembereiche und pragmatischen Bestrebungen vorgestellt, die bereits auf dieser gedanklichen Basis beruhend versuchten die internationalen Beziehungen entlang neuen Richtlinien zu organisieren (z.B. der Fall Koszta). Dr. László Csorba würdigte in seinem Vortrag die Bedeutung und die Errungenschaften des belgischen Unionismus. Er schilderte ins Detail gehend das Konzept, das mit dem Namen von Giuseppe Mazzini verbunden ist („Vereinigte Staaten von Europa”). Abschließend wurden in Verbindung mit der Epoche darauf verwiesen, dass die Herausbildung der modernen Wissenschaften oder gar der internationalen Friedensbewegung alle mitsamt dazu beigetragen hatten, dass in den besten Köpfen der Gedanke der Einheit über den partikularistischen Tendenzen Oberhand gewann.

(15 Teilnehmer)

 

4. November 2010

Dr. László Csorba: Welchen Stellenwert besitzt Kultur in der Europäischen Union?

Wenn man heute die Initiativen, Prioritäten und Maßnahmen der Europäischen Union betrachtet so ist es überraschend wie spät Kultur einen Stellenwert innerhalb der Fachpolitiken und Schwerpunktthematiken der EU erhielt. Die Maßnahmen mit Bezug auf den kulturellen Bereich tauchen erst zu Anfang der 1990-er Jahre auf. Erst der in Maastricht abgeschlossene Vertrag (1992) verweist in Artikel 128 auf die Kultur und bietet somit erstmals die rechtliche Grundlage für die Geltendmachung von kulturellen Aspekten und der kulturellen Dimension im Prozess der europäischen Integration. Durch den Vertrag von Maastricht konnte die historisch eher auf Wirtschaft und Handel ausgerichtete EG bzw. Europäische Union nun auch kulturelle Maßnahmen initiieren, die der Bewahrung und Verbreitung sowie der Förderung von Kultur dienen. Das Ziel war den Bürgern die Europäische Union näher zu bringen und ihre Identität als EU-Bürger sowie ihre Verbundenheit zur EU zu fördern. Die Rolle der EU beschränkte sich allerdings auf die Förderung der Zusammenarbeit zwischen den Kulturakteuren unterschiedlicher Mitgliedstaaten und wünschte lediglich die gemeinsamen Initiativen zu ergänzen (Kaleidoscope-Programm, 1996, Ariane-Programm, 1997, Raphael-Programm ebenfalls 1997). Vorrangiges Ziel ist die Erhaltung der nationalen und regionalen sowie der sprachlichen Vielfalt der Mitgliedstaaten und des gemeinsamen kulturellen Erbes (wie z.B. das Programm der Kulturhauptstädte). Mit dem Starten des Programms Kultur 2000, welches 2004 für weitere 2 Jahre verlängert wurde, sollte die Verbreitung von kulturellen Errungenschaft und Leistungen in den Bereichen Musik, Literatur und bildende Künste anvisiert werden. In dieser Zeit erschien der Begriff des kulturellen Erbes und es wurden neue Wege gesucht, um kulturelle Errungenschaften sowie ihre Wurzeln und Verankerung in den Gesellschaften zu vergegenwärtigen und zu präsentieren. (Inzwischen ist dies eine der wichtigsten und etablierten Initiativen der EU.) Bei der Aufzahlung der laufenden Initiativen wurde auf das im Zeitraum 2007-2013 laufende Programm „Kultur” verwiesen, dessen Ziele die Sensibilisierung für Kulturgüter von europäischer Bedeutung, die grenzüber-schreitende Mobilität von Kulturschaffenden, die internationale Verbreitung künstlerischer und kultureller Werke und die Förderung des interkulturellen Dialogs sind.

(15 Teilnehmer)

 

18. November 2010

Ádám Bóday: Die Umweltpolitik der Europäischen Union

In den letzten 30 Jahren sind der Umweltschutz sowie die Fragen- und Problemfelder in Verbindung mit unserer natürlichen Umwelt immer mehr in den Vordergrund gerückt. Der Referent bot einen globalen Lagebericht über die aktuellen Probleme des Umgangs mit unserer Umwelt, wobei er auf die wirtschaftlichen, industriell-technischen und interkulturellen Aspekte einging und ebenfalls die Schwerpunkte der Tätigkeit von Zivilorganisationen anführte. Er verwies auf die wichtigsten internationalen multilateralen Abkommen (Kyoto-Protokoll 1997; Montreal-Protokoll 1987; Cartagena-Protokoll 2000; Nagoya-Protokoll 2010). Dem folgend bot er einen Überblick und eine Analyse zu den Meilensteinen der Fachpolitik Umwelt in der EG bzw. EU seit den 1970-er Jahren, somit zu den bisherigen 6 Umweltaktionsprogrammen. Mit dem Aufruf „Umweltschutz kennt keine Grenzen” begann in den 1970-er Jahren die Erarbeitung des Gemeinschaftsrechts auf diesem Gebiet (Gipfeltreffen in Paris, 1972). Die ersten Richtlinien bezogen sich auf den Umgang mit gefährlichen Chemikalien, den Schutz des Süßwasser- und Trinkwasserbestands und die Schwefeldioxid- oder Stickoxid-Emissionen. Im Einklang mit den generellen Bestrebungen der EG sollten die EG-Umweltgesetze der 1970-er und 1980-er Jahre die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Bürger verbessern. Die formelle rechtliche Grundlage für die europaweit bereits verabschiedeten Gesetze bildete die Einheitliche Europäische Akte (1987). Hier wurden die bisherigen Zielsetzungen (Schutz der Umwelt, Schutz der Gesundheit der Menschen) mit einem wichtigen weiteren Punkt ergänzt, nämlich die umsichtige und bedachte Verwendung der natürlichen Ressourcen. Der Vertrag von Maastricht (1992) setzte sodann das Konzept der nachhaltigen Entwicklung auf eine rechtliche Basis, und im Vertrag von Amsterdam (1997) wurde die nachhaltige Entwicklung zu einem der vorrangigen Ziele der EU erklärt und zählt somit zu den Gemeinschaftspolitiken der EU. Trotz der bestehenden rechtlichen Grundlagen verlagert die EU weiterhin die Einhaltung der Rechtsvorschriften in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten, was die effektive Durchführung von Umweltgesetzen erschwert. Abschließend wurden die Aufstellung sowie die Zielsetzungen und die Aufgaben der Europäischen Umweltagentur dargestellt.

(15 Teilnehmer)

 

25. November 2010

Zoltán Szász: Integrationsbestrebungen in der Zeit zwischen 1878-1920

Die Vorlesung gab über die europäische Entwicklung nach 1848 aus dem Gesichtspunkt einen Überblick, wie die politischen und wirtschaftsgeschichtlichen Momente, die noch nicht direkt zur Vorgeschichte der Europäischen Union gehörten, die Intelligenz des Kontinents für die Überholung der traditionellen Denkweise des Landes und der kleinen Regionen empfänglich gemacht haben. Prof. Szász hob mit Hinsicht auf die Wirtschaft das infolge der industriellen Revolution ausgebaute neue Verkehrsnetz (Dampfschiff und Bahn) sowie die schnelle Verbreitung der Großindustrieunternehmen, bzw. die Urbanisation und die Vervielfachung des Handels hervor. Im veränderten Europa mussten die Interessen des Liberalismus und der einzelnen Staaten zur Entwicklung der eigenen Wirtschaft sowie die protektionistischen Ziele mit einer Zollpolitik harmonisiert werden, die gleichzeitig die Interessenfelder mehrerer Ländern zur Geltung bringen sollten, auch in Verbindung mit bilateralen Abkommen. Die Großindustrieunternehmen, die Großbanken (und die Aktieninhaber) bauten in Europa ein Netzwerk aus, und sie setzten ihre Entwicklungstätigkeit auch an den Randgebieten fort, obwohl die Rückständigkeit der Randgebiete nur langsam aufgeholt werden konnte. Die Welt der Kolonien wurde allerdings nicht in die europäischen Kooperationen eingebunden.

Die unter dem Namen Zweibund und Dreibund bekannte militärische Bündnisse dienten neben den Friedenskonferenzen 1856 und 1878 ein Vierteljahrhundert lang der Erhaltung der Stabilität auf dem Kontinent und ermöglichten die Kooperation mit England, Frankreich und sogar mit Russland. In dieser Beziehung verwies er ebenfalls auf die Rolle der Entwicklung der Schifffahrt auf der Donau. Prof. Szász hob unter den verschiedenen europäischen Einheitsentwürfen den während des Weltkriegs entwickelten Naumann-Plan hervor, anhand dessen zahlreiche Spannungsfelder der Integrationsprozesse nachvollzogen bzw. vorgestellt werden können.

Im Rahmen des ergänzenden Seminars wurde die Österreich-Ungarische Monarchie analysiert (1867-1918), somit die dualistische Einrichtung als Wirtschaftsintegration der gleichrangigen Länder, in der ein entwickelter (österreichisch-tschechischer) Staat und ein rückständiger Agrarstaat (Ungarn) auf rationaler Kooperation beruhende Institutionen aufstellten. Die Habsburger Monarchie nach 1867 wurde von Prof. Szász ausdrücklich als Experimentwerkstatt der Europäischen Union dargestellt, deren angesammelte Erfahrungen auch in der Gegenwart genutzt werden können.

(15 Teilnehmer)

 

25. November 2010

Dr. Attila Pók: Die Grundfragen der europäischen Integration, 1920-1957

Im Vortrag wurde der Themenkreis aus zwei Richtungen erläutert: Aus dem Gesichtspunkt der Politikgeschichte der internationalen Beziehungen sowie aus der Sicht der zeitgenössischen politischen Denkweise. Die Vorlesung konzentrierte auf die Punkte, bei denen sich die diplomatischen Verhandlungen und die theoretischen Entwürfe überschnitten, wobei vor allem die Tätigkeit der Personen einer näheren Untersuchung unterzogen wurde, die sowohl perspektivisch denkende, gebildete Intellektuelle als auch Experten der politischen Interessenverwirklichung in der Praxis waren (Briand, Stresemann). Prof. Pók untersuchte die strategischen Zielsetzungen der Friedensverträge von Paris sowie aus dieser Sicht betrachtet die Möglichkeiten und die Hürden des Integrationsprozesses auf dem europäischen Kontinent bzw. der potentialen Erweiterung des Integrationsradius. Dabei wurden die möglichen Zusammen-hänge zwischen den staatlichen Einrichtungen der Länder – demokratische oder autoritäre Systeme – und dem Ablauf von Integrationsprozessen erwogen, somit ob der Integrationsprozess unter autoritären oder demokratischen Systemen leichter verwirklicht werden kann.

Bewertet wurden die Tätigkeit von Coudenhove-Kalergi sowie die möglichen Auslegungen des Vertrages von Locarno und des Briand-Kellog-Paktes. Prof. Pók analysierte die Problematik der Periode zwischen der Machtergreifung bzw. dem Sturz von Hitler aufgrund des deutsch-polnischen Vertrages im Jahre 1934, des Münchener Vertrages, des Molotov-Ribbentrop-Paktes, der Atlantischen Charta, des Schuman-Planes sowie des Memorandums von Albert Haushofer vom Herbst 1941.

Schließlich wurden die Zielsetzungen der Friedensverträge nach dem Ersten bzw. dem Zweiten Weltkrieg verglichen, und die relevanten Wendepunkte des sich in der Atmosphäre des Kalten Krieges entfaltenden wirtschaftlichen, politischen und militärischen Integrationsprozesses mit Hinsicht auf die Römischen Verträge im Jahre 1957 überblickt.

(15 Teilnehmer)

 

2. Dezember 2010

Rita Besznyák: Wie geht die EU mit sozialen und politischen Konflikten um?

Die Sozialpolitik in Europa ist eine Fachpolitik, die zwar deklariert in erster Linie in den Zuständigkeitsbereich der einzelnen Mitgliedstaaten fällt, aber die ebenfalls ein Auftreten auf Gemeinschaftsebene erfordert, um wirksame Schritte einführen zu können und entsprechende Erfolge zu erzielen. Zudem muss sich die Sozialpolitik den Herausforderungen des gesamteuropäischen und globalen Umfelds stellen und allgemein durchführbare Lösungsansätze ausarbeiten. Es müssen zeitgerechte und finanzierbare Lösungen für solche Bereiche gefunden werden, wie soziale Versorgungssysteme, demographischer Wandel, Rentenpolitik, Gesundheitswesen, Arbeitssicherheit, Spannungsfeld zwischen technologischem Fortschritt und Gesellschaft, Migration, Globalisierung, Klimawandel und Energiepolitik. Die Referentin benutzte diese Brennpunkte sowie die einschlägigen Rechtsvorlagen als Leitfaden, um die Stellung der Sozialpolitik innerhalb des europäischen Integrationsprozesses zu präsentieren – 12 Kapitel der Römischen Verträge (1957), die sich mit Sozialpolitik beschäftigen; das allgemeine Grundprinzipien festsetzende, aber rechtlich nicht bindende Soziale Aktionsprogramm (1974); die Soziale Charta (1989) zur Ausbalancierung der negativen sozialen Auswirkungen von Wirtschaftseffizienz und freiem Wettbewerb; dem Vertrag von Maastricht beigefügtes Protokoll über die Sozialpolitik (1992), was sodann mit dem Vertrag von Amsterdam (1997) in den Acquis communautaire übernommen wurde. Im Weiteren wurden die EU-Gipfeltreffen in einen wirtschaftlichen und politischen Kontext gesetzt, die für die Sozialpolitik auf EU-Ebene wichtige Meilensteine bieten – Strategie von Lissabon (2000); die in Nizza verabschiedete Europäische Sozialagenda (2000), der in Göteborg deklarierte Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung (2011). Abschließend folgte ein chronologischer Überblick der Zielsetzungen und Aufgaben des mittlerweile wichtigsten Strukturfonds der EU, der Europäische Sozialfonds (ESF).

(15 Teilnehmer)

 

2. Dezember 2010

Dr. Krisztina Arató: Die politische Integration innerhalb der EU – Problemfelder und Konflikte

Die Referentin erläuterte in ihrem Vortrag die Grundbegriffe bzw. Konzepte sowie die Problemfelder der politischen Integration innerhalb der Europäischen Union anhand von konkreten Beispielen. Ausgehend von den Schwierigkeiten einer Definition des Begriffs politische Integration, präsentierte sie die theoretischen Vorlagen bzw. Beispiele, die der Integrationsbestrebung in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg als Vorbild dienten. In Form einer chronologischen Übersicht wurden die einzelnen Stationen dieses Prozesses geschildert, die mit einer wirtschaftlichen Integration (freie Handelszone, Zollunion, gemeinsamer Binnenmarkt) begonnen, dann mit einer Integration im Finanzbereich (Währungsunion) fortgesetzt und nun in Richtung der politischen Integration verläuft. Es wurden ebenfalls aufgezeigt, welche Schritte im Laufe der vergangenen Jahrzehnte unternommen wurden, um die Balance zwischen politischem Handeln und fachgerechten, die einzelnen Sektoren betreffenden Entschlüssen zu gewährleisten (Technokratie vs. Konflikte politischer Art). Die Diskussion der Problemfelder der politischen Integration in der EU verlief entlang zwei Leitgedanken – die Frage der Demokratie und der Legitimität –, wobei stets die verschiedenen Standpunkte innerhalb der EU erläutert wurden. Zum Abschluss wurde die Krise in Griechenland eingehend diskutiert, wobei ebenfalls im Näheren auf die Gründe der gegenwärtigen Finanzkrise eingegangen wurde. Hierbei wurden sowohl der Inhalt und Bedeutung der Konvergenzkriterien der EU als auch die Aufgabe und die vermeintliche Rolle des Stabilitäts- und Wachstumspaktes verdeutlicht.

(15 Teilnehmer)

 

9. Dezember 2010

Dr. Tibor Dömötörfi: Integrationsbestrebungen, 1957-2007

Die Epoche nach 1957 (nach der Unterzeichnung der Römischen Verträge) wird in Bezug auf die europäische Integration allgemein mit den Europäischen Gemeinschaften bzw. (ab 1992) der Europäischen Union gleichgesetzt. Man darf allerdings weitere Bestrebungen nach einer europäischen Integration nicht außer Acht lassen, die besonders in den 1950er und 1960er Jahren eine Rolle spielten (Europarat, WEU, EFTA, OECD, etc.).

Nachdem die wichtigsten chronologischen Ereignisse der europäischen Integration mit den Studenten rekapituliert und die wichtigsten Punkte des Vertrags von Lissabon (1.12.2010) analysiert wurden, ging es in dem Vortag um zwei Kernelemente der europäischen Zusammenarbeit im Rahmen der EU: Der Euro und das Schengener Abkommen. Sie verkörpern symbolische Inhalte, mit denen die europäischen „Staatsbürger” Tag für Tag in Berührung kommen – in einem engerem Sinne des Wortes.

Der Euro als gemeinsame Währung des Europäischen Währungssystems wurde am 1.1.1999 zuerst als Rechnungswährung eingeführt, ab dem 1.1.2002 gibt es ihn als Bargeld. Er ist im Grunde genommen ein monetäres Mittel, das allerdings als Verkörperung eines politischen Projekts wahrgenommen werden soll, nämlich der realwirtschaftlich-finanziellen Integration der Mitgliedsländer. Dieses Ziel wurde bereits in den Römischen Verträgen verankert, die Rede war damals allerdings noch nicht über eine gemeinsame Währung. Diese Idee tauchte erstmals Anfang der 1970-er Jahre auf (Werner-Plan). In Zusammenhang mit der Erstarkung der institutionell-politischen Integration (Europäisches Wirtschafts- und Finanzsystem) wurde zuerst 1979 die Einführung des Vorläufers des Euro, des ECU, möglich. Aufgrund des 1988 vorgelegten Delors-Planes konnte sich die monetäre Einheit Europas verwirklichen. Als Bargeld ist der Euro heute das Zahlungsmittel von 300 Millionen europäischen Bürgern.

Das Schengener Abkommen über den freien Personen- und Warenverkehr wurde 1985 zuerst durch fünf EG-Staaten unterschrieben, heute gehören bereits 28 Staaten in Europa zu der sog. Schengen-Zone. Der Vertrag von Amsterdam integrierte das Schengener Abkommen ab 1.5.1999 in den gesamten Besitzstand (Acquis communautaire) der EU.

Zusammenfassend lässt sich über die Entwicklung der vergangenen, mehr als 50 Jahre sagen, dass die Europäische Union sich zu einer supranationalen Organisation entwickelte, die auf der globalen Ebene für die Lösung der Probleme seiner Mitgliedstaaten zuständig gemacht wird. Auf der anderen Seite ermöglicht diese Art von „Delegierung” den Mitgliedstaaten, dass sie ihre eigenen nationalen Problemstände besser bewältigen können.

(15 Teilnehmer)

 

16. Dezember 2010

Dr. Attila Pók: Die Integration Ungarns in die Europäische Union

Der Vortrag stützte sich auf primäre Quellen, sowie auf die Schriften von Péter Balázs, Csaba Békés, Géza Jeszenszky, László Kecskés und János Rainer. Der Referent hat zuerst die juristischen und historischen Ansichten in Verbindung mit dem Begriff der Souveränität überblickt und dann die Frage gestellt, wann der Prozess begann, der Ungarn in die Europäische Union geführt hat? Im Zusammenhang damit beschäftigte sich der Vortrag ausführlich mit den Schranken und den Möglichkeiten der Außenpolitik des Kádár-Regimes, dabei wurde die Rolle der ungarischen Diplomatie bei der Vorbereitung des Spitzentreffens in Helsinki im Jahre besonders berücksichtigt. Die chronologischen Meilensteine des Prozesses wurden aus drei Gesichtspunkten überblickt: die Entwicklung der ungarischen Innenpolitik, die Gestaltung der Beziehungssysteme der Großmächte sowie die regionalen Ereignisse in Ostmitteleuropa. Die folgenden chronologischen Wendepunkte wurden einer näheren Analyse unterzogen:

• 8. August 1988: Aufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und Ungarn

• 1993-1994: der Beschluss der Sitzung des Europäischen Rates in Kopenhagen über die Bedingungen des Beitritts der Visegrád-Staaten, Einreichung des Beitrittsgesuches von Ungarn

• 16. Juli 1997: Veröffentlichung des Programms der Europäischen Kommission mit dem Titel „Agenda 2000”

• 12. April 2003: Volksabstimmung in Ungarn über den EU-Beitritt

• 1. Mai 2004: der EU-Beitritt von weiteren zehn Ländern.

Der Vortrag hat schließlich die politischen und soziologischen Erfahrungen von Ungarn über die sieben Jahre der EU-Mitgliedschaft sowie die Aufgaben der ungarischen EU-Präsidentschaft überblickt.

(15 Teilnehmer)

 

Frühjahrsemester 2011

 

24. Februar 2011

Prof. Ferenc Glatz: Die ostmitteleuropäische Region in der Reihe der kontinentalen und globalen Integrationsvorhaben – Kulturelle, wirtschaftliche und politische Integrationen (Einführung)

Prof. Ferenc Glatz bot in seinem einführenden Vortrag eine Zusammenfassung der in den vergangenen drei Semestern behandelten Themenbereiche. Im letzten Halbjahr der MA-Ausbildung soll den Studenten eine Synthese der bisherigen Kenntnisse geboten werden, um sie zu befähigen das angesammelte Wissensmaterial im globalen Umfeld sowohl aus einer historischen, als auch aus einer aktuell zeitgenössischen Perspektive anzuwenden. In seiner Einführung verwies Prof. Glatz auf vier Komponenten und Problemkreise der Europäischen Union als eine territorialorganisatorische Einheit: 1.) Staatsbürgerschaft; 2.) fehlende Direktbesteuerung; 3.) fehlende Militär- bzw. Sicherheitskräfte; 4.) fehlende Vermittlung einer Europa-Perspektive in Unterricht und Bildung. Im Laufe dieses Vereinigungsprozesses werden voraussichtlich die sich gegenwärtig ausbildenden wirtschaftlichen und kulturellen Systeme die Verwaltungsrahmen der Nationalstaaten sprengen. Er behandelte ausführlich die Konzepte zu der geographischen bzw. räumlichen Einteilung Europas und die Grenzen der östlichen europäischen Region sowie die Bezüge und Auswirkungen der räumlichen bzw. regionalen Gliederung im politischen Allgemeindenken. Mit Bezug auf die Ausbildung des Begriffs Ostmitteleuropa verwies er auf die wachsende Rolle der deutschsprachigen Gebiete und ihrer Interessensphären. Er fasste ebenfalls die Eigenarten und die historischen Aspekte in Verbindung mit der Erforschung der Region zusammen, ohne die kein umfassendes Verständnis der Gegenwart möglich ist: 1.) Die sich in dieser Region ansiedelnden und ausformenden Gesellschaften unterscheiden sich sowohl vom Westen, als vom Osten und bilden somit eine Pufferzone; 2.) das Konzept der historischen Osmose; 3.) die 4-500 Jahre dauernde türkische Herrschaft und somit das Zusammenleben mit einer für die hiesige Welt verspäteten, fremden Kultur, die einen eindeutigen Abdruck hinterließ und zugleich als eine historische Fallstudie zu werten ist; 4.) die günstigen klimatischen Bedingungen. Zum Abschluss verwies er auf die drei wichtigen Bereiche jeder Integrationsbestrebung, somit auf die Integration auf der Ebene der Verwaltung und des Militärs, auf der Ebene von Wirtschaft und Kultur. Abschließend bot er einen Überblick der einzelnen Themenbereiche und thematischen Schwerpunkte, die im Laufe des Semesters in der Vortragsreihe behandelt werden.

(15 Teilnehmer)

 

3. März 2011 SEMINAR

Prof. Ferenc Glatz: Die Vorgeschichte der Europäischen Union

In seinem einleitenden Vortrag zu Beginn des Frühjahrssemesters, verwies Prof. Ferenc Glatz auf die bereits im vorigen Semester angeführte Typologie der Integrationsbestrebungen sowie auf die unterschiedlichen Inhalte der Integration (wirtschaftlich, kulturanthropologisch, verwaltungspolitisch, militärisch). Er betrachtete die Ausbildung der Siedlungsgebiete der Kelten, die in erster Linie als eine Form der kulturanthropologischer Integration und nur teilweise als verwaltungspolitische bzw. militärische Integration zu betrachten ist, als die erste Erscheinungsform der Integrationsbestrebungen, die – noch weit vor der Europäischen Union – sich auf das gesamte Gebiet der heutigen EU ausdehnte (1200 v.Chr. bis 300 n.Ch.). Die Integrationskraft der Kelten war in der Eisenbearbeitung und allgemein in der Bearbeitung von Metallen verankert, worauf sich die militärische Kraft sowie das hohe Grad der Gemeinschaftsorganisation stützten.

Nach Meinung von Prof. Glatz war dies die wohl beweisbare Voraussetzung für die Vorbereitung der nächsten großen westeuropäischen Integrationsbestrebung in der Zeit von 800 v. Chr. bis 500 n. Chr., und zwar durch die Entstehung des Römischen Reiches. (Bis heute wird im Wesentlichen die auf dem Römischen Reich aufbauende Integration der Franken und Germanen, das Reich von Karl dem Großen in der Zeit 900 n. Chr., als das Vorbild der europäischen Integration angesehen.) Auch die losen Integrationsbestrebungen der Germanen können hierzu gerechnet werden. Er verwies darauf, dass die verschiedenen Integrationsformen, die in den eurasischen Gebieten zustande kamen, früher oder später auch Europa erreichten. So erreichten diese starken integrierenden Kräfte von den Steppengebieten kommend das Karpatenbecken und den Balkan: die Skythen von etwa 600 v. Chr., dann die Sarmaten, und später die Hunnen. (Er sprach ebenfalls über die parallel verlaufenden Integrationsprozesse in Nordafrika, was die Geschichtsschreibung einfach zusammenfassend als die „Geschichte Ägyptens” schildert. Prof. Glatz vertrat die Meinung, dass es sich hierbei um weit mehr handelt.)

Wie bei der Erläuterung der Geschichte der Steppengebiete wandte er sich akzentuiert auch bei der Beschreibung der Geschichte der nordafrikanischen Gebiete den Klima- und naturgeschichtlichen Aspekten zu. (Der Klimawandel der Steppengebiete zur Zeit der großen Erwärmung – 2000 v. Chr. bis 1000 n. Chr. – bzw. die Umwandlungen der nordafrikanischen Gebiete und die hier erfolgte Erwärmung und Dürre um 7000 v. Chr.) Auf Grund der klimatischen Veränderungen und der naturgeschichtlichen Tendenzen lässt sich die Ausbreitung der in der neolithischen Kultur begründeten iranischen Völker bis zum Karpatenbecken erklären, was als eine kulturanthropologische Integration angesehen werden kann; zumal wir keine Beweise und Funde dafür erbringen können, dass militärische und verwaltungsbezogenen Aspekte entscheidende Rolle gespielt hätten. Er betrachtete den spezifischen Typ der Integration in Verbindung mit den griechischen Stämmen im Mittelmeerraum als besonders beachtenswert, was bis heute ein von Eigenarten geprägtes welthistorisches Phänomen der kultur-wirtschaftlich-anthropologischen Integration anzusehen ist – ohne eine politische und ständige militärische Integration zu erwirken. (Und dies kann nach Meinung von Prof. Glatz im 21. Jahrhundert als ein potentielles Vorbild gelten. Ein vielleicht bedeutenderes Vorbild als das Reich der Franken und Germanen unter Karl dem Großen.)

Im Folgenden erläuterte er die im fachliterarischen Kanon verankerten Integrationsbestrebungen. Er verwies auf die Europäische Union – aus historischer Perspektive – als eine Territorialverwaltung bezogene Integration, die nur einen Bruchteil der früheren politischen Integrationsumfelder erreicht und die auf Grund der sich vollends ausbildenden kulturanthropologischen Integration anfangs die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft bzw. die Europäische Gemeinschaft errichtet (somit eine wirtschaftliche und zum Teil auf Naturbewirtschaftung bezogene Integrationseinheit). Dann, ab 1992, entwickelt sich diese zu einer politischen, Verwaltung bzw. Naturbewirtschaftung bezogene Integrationseinheit. Und in den letzten Jahren tauchen mittlerweile innerhalb der EU die Bedürfnisse für eine unabhängige militärische Integration auf. Die Zukunft der EU kann nur auf Grund der Geschichte der global wirkenden integrativen Kraftfelder und ihrer wandelnden weltwirtschaftlich-kulturellen Stellung auf dem europäischem Kontinent angemessen gedeutet und definiert werden.

Prof. Glatz verwies bei der Erläuterung der von ihm behandelten Epochen jedes Mal auf die weltgeschichtlichen Zusammenhänge der europäischen Integrationsbestrebungen. Parallel zur den Integrationsprozessen auf dem europäischem Kontinent sprach er über die kulturellen und militärischen Integrationen außerhalb von Europa, insbesondere die Integrationsprozesse im Fernen Osten und auf dem südlichen und nördlichen Teil des amerikanischen Kontinents im Laufe der Geschichte der Neu- und Neuesten Zeit. In seinem Vortrag widmete er den im 20. Jahrhundert außerhalb von Europa erfolgten Integrationsbestrebungen ein separates Kapitel.

(20 Teilnehmer)

 

3. März 2011 SEMINAR

Prof. Jenő Horváth: Die Geburt der Europa-Idee, die Anfänge der europäischen Integration 1972/1974-1993

In seinem einleitenden Vortrag sprach Jenő Horváth über die Geburt der Idee eines vereinten Europas. Er fasste die geschichtlichen Ereignisse zusammen, die die Leiter von sechs Staaten dazu bewegten eine neue Art der Integration zu entwickeln und berichtete über die ersten Schritte dieses Integrationsprozesses.

Aus den Trümmern des Zweiten Weltkriegs erwuchs die Vorstellung von einem vereinten Europa: Die Politiker von mehreren Staaten waren entschlossen, einen dauerhaften Frieden zwischen den ehemals verfeindeten Völkern zu schaffen. Zwischen 1945 und 1950 gelang es weitsichtigen Staatsmännern (wie Konrad Adenauer und Robert Schuman), die Menschen in ihrem Land zu überzeugen, dass in Westeuropa neue Strukturen geschaffen werden sollten, denen gemeinsame Interessen und Verträge zugrunde lagen. Jenő Horváth erläuterte auch die drei möglichen Formen der Integration: den konföderativen Ansatz (wo die Staaten ihre Souveränität beibehalten), den Föderalismus (mit Abbau der nationalstaatlichen Strukturen) und die funktionelle Zusammenarbeit (in bestimmten Wirtschaftssektoren).

Der französische Außenminister Robert Schuman griff eine – ursprünglich von Jean Monnet entwickelte – Idee auf und schlug am 9. Mai 1950 die Errichtung einer Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) vor. Die EGKS wurde mit dem Vertrag von Paris vom 18. April 1951 Realität und bedeutete den Beginn des gemeinsamen Marktes für Kohle und Stahl der sechs Gründerländer (Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und die Niederlande). Das Leben in der Gemeinschaft ab 1952 erschien als eine Erfolgsgeschichte und alle Vorteile des gemeinsamen Marktes waren gegeben: Der Preis der Kohlen- und Stahlprodukte sank innerhalb der Gemeinschaft, sie wurde konkurrenzfähig und die Erhöhung der Gehalte der Menschen war für alle spürbar. Natürlich gab es auch Misserfolge, wie die Idee der „Europäischen Schutzgemeinschaft” oder die europäische politische Gemeinschaft, die konnten aber den Fortschritt der Integration nicht in Frage stellen.

Am 25. März 1957 beschlossen die Sechs Gründerstaaten mit den Verträgen von Rom, die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und die Europäische Atomgemeinschaft (EURATOM) zu gründen. Damit begann eine neue Epoche, die die Ausbildung eines spezifischen europäischen Institutionssystems und die Erweiterung der Gemeinschaft mit sich brachte.

(20 Teilnehmer)

 

10. März 2011

Dr. István Tringli: Die Staatsgründungen und das Zeitalter der Befestigung des Christentums (Rom und Byzanz) (10.-15. Jh.)

Der Referent hat sich besonders mit der Frage beschäftigt, inwieweit die Beziehungen, Kooperationen, Vereinigungen als Integration (oder als deren Vorläufer) betrachtet werden können, die die publizistische Denkweise zu aktualisieren geneigt ist. István Tringli hat an einem konkreten Beispiel das System der dynastischen Beziehungen vorgestellt (Einladung zum Thron, Heirat), das mit einer Verstärkung der Parlamentskontakte verbunden war. Er bezog sich darauf, dass die modernen Termini, wie „Realunion”, „Personalunion”, sowie „Reich”, nur sehr vorsichtig in Verbindung mit dem Mittelalter angewandt werden können (z.B. ungarisch-kroatische, polnisch-ungarische, polnisch-litauische Unionen). Es wurden ebenfalls die in diesem Zusammenhang bedeutendsten Staatsgruppen vorgestellt. Im zweiten Teil des Vortrags wurden die wichtigeren Stationen und repräsentativen Persönlichkeiten der Entstehung des mitteleuropäischen Staatssystems dargestellt; sowie die Entstehung der Staatsgrenzen, bzw. deren Charakteristika vorgestellt. Es wurde ebenfalls auf die Eigenarten sowie die verspätete Entwicklungstendenzen auf dem Balkan Bezug genommen sowie auf die Expansionsvorhaben auf dem Kontinent bzw. die späteren Zergliederung im Westen – während die Länder in Mitteleuropa eher intakt bleiben, was allerdings nicht als ein Zeichen der Modernität zu betrachten ist – hingewiesen. Der Referent verband den zu Ende des behandelten Zeitalters erscheinenden Europa-Gedanken in erster Linie mit der osmanischen Eroberung, wobei sich bei den Denkern des Humanismus sich die Einheit von Europa als eine christliche, kulturelle, beschützende Einheit auskristallisiert.

(15 Teilnehmer)

 

17. März 2011 SEMINAR

Prof. Jenő Horváth: Die Institutionen der Europäischen Gemeinschaft, der Acquis communautaire und die erweiterte Integration, 1957-1985

Korreferat: Andreas Schmidt-Schweizer: Die Wiedervereinigung Deutschlands und die Europäische Gemeinschaft

In seinem zweiten Referat wies Jenő Horváth auf die Tatsache hin, dass die Europäische Union eine neuartige Struktur bildet, die sich keiner traditionellen rechtlichen Kategorie zuordnen lässt. Die neue Struktur setzt neuartige rechtliche Grundlagen und neuartige Institutionen voraus.

Die Verträge (das sogenannte Primärrecht) geben die Grundlage, das Sekundärrecht besteht überwiegend aus Verordnungen, Richtlinien und Empfehlungen, die von den EU-Organen angenommen werden. Die Gesamtheit aller Rechtsakte macht den sogenannten Acquis communautaire (den gemeinschaftliche Besitzstand) aus.

Die drei wichtigsten Organe bilden ein institutionelles Dreieck: Der Rat als Vertreter der nationalen Regierungen, das Europäische Parlament als Vertreter der Bürger und die Europäische Kommission, die die gemeinsamen Interessen Europas wahrt. Der Ministerrat der Europäischen Union ist das wichtigste Entscheidungsorgan, wo die Mitgliedstaaten der EU abwechselnd sechs Monate lang den Vorsitz führen. An den Ratstagungen nimmt jeweils ein Minister pro Mitgliedstaat teil – davon abhängig, welches Thema auf der Tagesordnung steht (Außenpolitik, Landwirtschaft, Industrie, Verkehr, Umweltschutz usw.). Jenő Horváth wies auch darauf hin, in welchen Fällen der Rat mit einfacher Mehrheit, mit qualifizierter Mehrheit oder einstimmig entscheidet. Der Europäische Rat wird von dem Staats- oder Regierungschef des Landes geleitet, das den Ratsvorsitz in der gegebenen Periode innehat. Dieses Organ bestimmt den gemeinsamen Standpunkt der Europäischen Gemeinschaft zu strategischen Fragen.

Das Europäische Parlament, dessen Mitglieder (MdEP) seit 1979 alle fünf Jahre in allgemeiner Wahl direkt gewählt werden ist das Organ, das die Bürger vertritt. Es übt die politische Kontrolle über die Tätigkeit der EU aus und beteiligt sich am Gesetzgebungsprozess. Die Abgeordneten bilden Fraktionen, unter den geschichtlich die Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und die Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialisten und Demokraten am stärksten sind.

Die Europäische Kommission ist der dritte Teil des institutionellen Dreiecks, deren Mitglieder einvernehmlich von den Mitgliedstaaten benannt werden. Die Aufgabe der Kommission ist, das gemeinsame Interesse der Gemeinschaft zu wahren. Als Hüterin der Verträge hat sie sicherzustellen, dass die von Rat und Parlament verabschiedeten Rechtsvorschriften in den Mitgliedstaaten umgesetzt werden.

Außer den Organen des institutionellen Dreiecks sprach Jenő Horváth auch kurz über andere Institutionen und Einrichtungen:Über den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (dessen Aufgabe darin besteht, darüber zu wachen, dass das EU-Recht eingehalten wird); über den Rechnungshof (der erst 1975 eingerichtet wurde und die Recht- und Ordnungsmäßigkeit der EU-Haushaltsführung überprüft). Was die finanziellen Institutionen betrifft, beschrieb Jenő Horváth den Aufbau und die Funktionen der Europäischen Investitionsbank und der Europäischen Zentralbank, die für die Währungspolitik der Union verantwortlich ist.

Die Integrationsgeschichte hat nach 1957 weitere wichtige Meilensteine: Die Zölle zwischen den sechs Ländern wurden am 1. Juli 1968 völlig abgeschafft. Parallel dazu wurde in den 60er Jahren eine gemeinsame Handels- und Landwirtschaftspolitik entwickelt. Dänemark, Irland und das Vereinigte Königreich entschieden sich für einen Beitritt zur Gemeinschaft, die erste Erweiterung erfolgte also im Jahre 1973. Gleichzeitig wurden neue sozial- und umweltpolitische Maßnahmen eingeführt. Der Europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) wurde 1975 errichtet. Mit den ersten Wahlen zum Europäischen Parlament durch allgemeine Direktwahl im Juni 1979 tat die Europäische Gemeinschaft einen entscheidenden Schritt. Griechenland trat der Gemeinschaft 1981 bei, Spanien und Portugal folgten 1986. Der weltweite Konjunkturrückgang Anfang der 80er Jahre führte jedoch zu einem Europessimismus. Neue Hoffnung kam im Jahre 1985 auf, als die Europäische Kommission unter ihrem Präsidenten Jacques Delors ein Weißbuch mit einem Zeitplan zur Vollendung des Europäischen Binnenmarkts bis zum 1. Januar 1993 vorlegte. Dieses langfristige Ziel wurde in der Einheitlichen Europäischen Akte verankert, die am 1. Juli 1987 in Kraft trat.

Korreferat: Dr. Andreas Schmidt-Schweizer (Institut für Geschichte der UAW) sprach über die Wiedervereinigung Deutschlands mit besonderer Hinsicht auf die Reaktionen innerhalb der Europäischen Gemeinschaft. Er verwies auf die Befürchtungen, die in Verbindung mit der Vereinigung Deutschlands im internationalen Umfeld zum Ausdruck gebracht wurden, insbesondere mit Bezug die Auflösung des Gleichgewichts im Machtverhältnis des europäischen Kontinents. Mit Bezug auf die wirtschaftlichen Aspekte der Wiedervereinigung wurde auf die Einführung des Euro, somit die Loslösung von der starken DM, als Preis für ein vereinigtes Deutschland verwiesen.

(20 Teilnehmer)

 

24. März 2011

Dr. Pál Fodor: Die Charakteristika der osmanischen Integrationsbestrebungen (16.-19. Jahrhundert)

Das Verhältnis von Europa und den Osmanen-Türken zeigt einen eigenartigen Doppelcharakter. Da die Religion in der behandelten Periode die geistige und politische Kultur beider Seiten bedeutend prägte, sahen sich die beiden Seiten von Anfang an gegenüberstellt. Bei den Osmanen hat das Religionsrecht aus vieler Hinsicht die enge Kooperation mit den „Ungläubigen” ausgeschlossen, weil das islamische Reich (und somit der Osmanische Reich) seine Mission, die vollständige Unterwerfung der Angehörigen anderer Religionen, durch den heiligen Krieg (Jihad) bestimmte. Die osmanische dynastische Ideologie wirkte ähnlicherweise einer Kooperation entgegen, das das Osmanische Haus sich bis zum Ende des 17. Jahrhunderts als Erbe des Römischen Reichs und als Schützer der islamischen Religion theoretisch für den Herrscher der ganzen Welt betrachtete. Das Verhältnis der Europäer wurde von ähnlichen Überlegungen, wie die der Osmanen geprägt. Im politischen Bereich war bis zum Ende des 17. Jahrhunderts der Kreuzzug die herrschende „Ideologie”, und im geistigen Bereich stand der Christentum in drei Fronten im Kampf mit dem Islam: Mit den Waffen der sich mit der Verleugnung der muslimischen Religion beschäftigenden Wissenschaft (die gleichzeitig das Kennenlernen des anderen unterstützt hat), sowie der Missionen, die die Seelen erwerben wollten, bzw. mit den Waffen der religiösen-apokalyptischen Propaganda, die zur Verstärkung der christlichen Seelen diente. Die theoretischen Gegensätze wurden jedoch von den eine Kooperation erzielenden gegenseitigen Interessen vom Anfang an gemildert, sowie verdrängt. Eines der Hauptinteressen war von politischer Natur, deshalb wurde der Osmanische Reich vom Anfang des 16. Jahrhunderts, besonders dank der gegen die Habsburger kämpfenden französischen Monarchie ein ständiger Akteur der europäischen Machtkämpfe, bzw. des europäischen politischen Gleichgewichtes. Den wichtigsten Initiator der europäischen „Integrierung” der Osmanen findet man jedoch in der Wirtschaft, vor allem im Levantehandel, durch den das Reich auch langfristig an Europa angeschlossen wurde. All das machte den stufenweise Ausbau der europäischen-osmanischen diplomatischen Verbindungen, sowie deren Betrieb aufgrund der europäischen Prinzipien notwendig (obwohl sich neulich die Meinung verbreitete, dass die Grundlagen der modernen Diplomatie nicht in Italien, sondern im Nahen Osten zu finden sind). Die politischen, Handels-, sowie diplomatischen Interessen waren dann mit der Verflechtung der Nachrichtendienstsystemen, bzw. mit der für die Osmanen besonders wichtigen militärischen Akkulturation verbunden, bis am Anfang des 19. Jahrhunderts die Osmanen die Erneuerung des Reiches begonnen haben und in beinahe allen Bereichen die europäischen Muster zu verfolgen begannen. Trotz des in allen Perioden nachweisbaren Pragmatismus der beiden Seiten haben die europäischen Staaten erst nach dem Krimkrieg das osmanisch-türkische Reich als organischen Teil der europäischen Welt akzeptiert. Bis dahin wurde das Osmanische Reich, sowie die mit diesem Reich verbundene „Gefahr” – trotz aller Kooperationen – eher als eines der wichtigsten Elemente des Gedanken der europäischen Einheit, sowie als Hauptargument für die Kritik der europäischen absolutistischen Systeme betrachtet.

(15 Teilnehmer)

 

24. März 2011

Dr. Lilla Krász: Vielfalt und Einheit: Integrationsbestrebungen im Habsburgerreich, 16.-18. Jahrhundert

Im Rahmen der Blockseminarveranstaltung wurden die paradigmatischen Begriffe wie Einheit und Vielfalt, dynastische oder reichische Zentralgewalt, monarchische Integration und ständische bzw. kollektive Freiheit angesprochen. Diese Begriffspaare bezeichnen ein grundlegendes Spannungsfeld in der Frühen Neuzeit. Im Besonderen gilt es für das Habsburgerreich, als Konglomerat unterschiedlicher Herrschaftsrechte, oder mit Worten von Otto Brunner „dynastische Union von Ständestaaten”, wo eine Vielzahl von Völkern, Sprachen und Religionen zusammenlebten. In Anlehnung an das Konzept des früh-modernen „zusammengesetzten Staates” wurde es versucht, die integrativen und desintegrativen Tendenzen in der habsburgischen politischen Kultur im Zeitraum vom Karl V. bis zur Regierungszeit Josephs II. aufzuweisen.

Die Charakteristika der jeweiligen Zentralgewalt und lokaler Praktiken in der Politik, Verwaltung und in dem Wissenstransfer innerhalb des Habsburger-reiches wurden in den folgenden fünf Punkten zusammengefasst: 1) Einflüsse der Geopolitik und die Diplomatie des Gleichgewichts der Kräfte, 2) Vielfalt und Einheit der habsburgischen Länder, 3) Identifikation der Habsburger-Dynastie mit dem Heiligen Römischen Reich, 4) Abhängigkeit oder Konsens zwischen inländischen Elite und ausländischen Alliierten, 5) Rolle der Monarchen selbst, Kontinuität und Sicherheit ihrer Herrschaftsgebiete zu gewährleisten. Alle diese Merkmale wurden mit konkreten Beispielen veranschaulicht.

(15 Teilnehmer)

 

24. März 2011

Prof. Zoltán Szász: Die verschwiegene Versuchswerkstatt der EU: Die Österreichisch-Ungarische Monarchie

Der Referent hat aus dem gegenwärtigen Entscheidungssystem der Europäischen Union ausgegangen die Vorgeschichte, die in der Struktur des österreichisch-ungarischen Ausgleiches 1867 erscheint: die durch Verhandlungen und parlamentarisch entstandene Wirtschaftsgemeinschaft von gleichrangigen Ländern, die nicht ausschließt, dass die Wirtschaftspolitik der einzelnen Länder teilweise zur Geltung gebracht wird. Die Zoll- und Finanzunion konnte in jedem zehnten Jahr erneuert, also modifiziert werden, der Entscheidungsmechanismus der gemeinsamen Bank hat die Gleichrangigkeit der beiden Staaten gezeigt, deren Wirtschaftskraft jedoch nicht gleich war. Die gemeinsame Armee und die gemeinsame Außenpolitik waren Bereiche, in denen die Habsburger Monarchie „moderner” war als die gegenwärtige EU.

Im den Teil eines Programms des Europa Instituts darstellenden Vortrag wurde die dualistische Einrichtung nicht als Muster, sondern nur als eine lehrreiche Versuchswerkstatt dargestellt.

(15 Teilnehmer)

 

31. März 2011 SEMINAR

Dr. Krisztina Arató: Die Europäische Union nach 1992 – der Vertrag von Maastricht, die Norderweiterung und der Vertrag von Amsterdam

Korreferat: Gusztáv D. Kecskés: Die Beziehungen zwischen Frankreich und Ostmitteleuropa aus der Perspektive der europäischen Integration, 1989-2004

Krisztina Arató, Gastprofessorin des Europa Instituts nahm in ihrem Vortrag die Geschichte der Europäischen Union unter die Lupe – in der Periode zwischen dem Vertrag von Maastricht (1992) bis zur östlichen Erweiterung der EU (2004).

Sie fasste die günstigen Umstände zusammen, die vor der Unterschrift des Vertrags von Maastricht die Grundlage für eine neue, tiefere Integration schafften. Die Wende der Jahre 1989/90 galt als „Annus Mirabilis” in der europäischen Politik: Auf der außenpolitischen Ebene trugen der Zusammenbruch des Kommunismus und die absehbare Wiedervereinigung Deutschlands dazu bei, dass man sich zu einer Stärkung der internationalen Position der Gemeinschaft entschloss. Das sogenannte Kohl – Mitterand-Tandem diente als politische Basis der Zusammenarbeit der zwei einflussreichsten Länder Europas. Auf der internen Ebene wollten die Mitgliedstaaten die durch die Einheitliche Europäische Akte und andere Reformen erreichten Fortschritte sichern und weiterentwickeln.

Der am 1. November 1993 in Kraft getretene Vertrag von Maastricht über die Europäische Union (EUV) ermöglichte die Einleitung einer politischen Integration. Die mit diesem Vertrag geschaffene Europäische Union basierte auf drei Pfeilern, nämlich den Europäischen Gemeinschaften, der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) und der Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres (JI). Der Vertrag hatte zwei neue Grundprinzipien eingeführt: Das Prinzip der Subsidiarität und die Unionsbürgerschaft. Die Rechte des Europäischen Parlaments wurden gestärkt (z.B. mit der Einführung des Mitentscheidungsverfahrens), neue Funktionen (wie die des Europäischen Bürgerbeauftragten) und eine Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) wurden eingeführt. Diese neue europäische Dynamik, die Maastricht mit sich brachte, bzw. die veränderte geopolitische Lage führten dazu, dass Finnland, Österreich und Schweden am 1. Januar 1995 der EU beitraten (im Gegensatz zu Norwegen).

Der nächste wichtige Rechtsakte ist der Vertrag von Amsterdam, der am 1. Mai 1999 in Kraft trat. Er ist das Ergebnis zweijähriger Prüfungen und Verhandlungen im Rahmen einer Konferenz von Vertretern der Regierungen der Mitgliedstaaten. Der Vertrag von Amsterdam trat in Kraft, nachdem die fünfzehn Mitgliedstaaten der Europäischen Union ihn gemäß ihren jeweiligen verfassungsrechtlichen Vorschriften ratifiziert hatten. Bei der Formulierung des sachlichen Inhalts des Vertrags ging es vor allem darum, die erforderlichen politischen und institutionellen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass sich die Europäische Union den künftigen Herausforderungen im Zusammenhang mit der Globalisierung der Wirtschaft und ihrer Auswirkungen auf die Beschäftigung stellen kann.

Korreferat: Dr. Gusztáv D. Kecskés (Institut für Geschichtswissenschaft der UAW) sprach in seinem Referat über die Beziehungen Frankreichs zu Ostmitteleuropa, mitunter zu Ungarn während der Jahre 1988-2005. Er präsentierte die wichtigsten Elemente der französischen Politik in Verbindung mit den wirtschaftlichen und politischen Integrationsbestrebungen dieser Zeit, wobei er die EU-politischen Bezüge der französischen Außenpolitik erläuterte.

(20 Teilnehmer)

 

7. April 2011 SEMINAR

Dr. Krisztina Arató: Wie funktioniert die EU im 21. Jahrhundert?

Korreferat: Tamás Kanyó: Die Schweiz und die EU

Krisztina Arató hielt ihren zweiten Vortrag in der Reihe der EU-Seminare. Diesmal behandelte sie vor allem die Frage: Wie funktioniert die EU nach 2000? Dementsprechend beschrieb sie in Detail die Vorereignisse der Osterweiterung der Union.

Im März 2000 stellte die EU die „Lissabonner Strategie” auf, um die europäische Wirtschaft zu modernisieren und sie auf den Weltmärkten für die Konkurrenz mit anderen wichtigen Wirtschaftsmächten zu rüsten. Diese Strategie basierte auf die Förderung von Innovation und Investitionen sowie die Anpassung der europäischen Bildungssysteme an den Bedarf der Informationsgesellschaft. Ein gleichfalls bedeutender Schritt zur Erreichung der Zielsetzungen war die Schaffung einer einheitlichen Währung. 1999 wurde der Euro für (bargeldlose) Finanztransaktionen eingeführt und drei Jahre später wurden Euro-Scheine und –Münzen in den zwölf Ländern des Euroraums emittiert.

Der nächste wichtige Meilenstein war der am 26. Februar 2001 unter-zeichnete (und am 1. Februar 2003 in Kraft getretene) Vertrag von Nizza. Sein Hauptzweck war die Durchführung einer institutionellen Reform, um das effektive Funktionieren der Union nach der geplanten großen Erweiterung sichern zu können. Sozialpolitische Prioritäten wurden genannt und die Grundlagen einer „verstärkten Zusammenarbeit” geschaffen. Unter anderen wurde die Charta der Grundrechte der Europäischen Union, die ursprünglich vom ersten europäischen Konvent erarbeitet wurde, zur Eröffnung der Regierungskonferenz von Nizza am 7. Dezember 2000 feierlich proklamiert. (Rechtskraft erlangte die Charta – nach dem Scheitern des Europäischen Verfassungsvertrages – jedoch erst am 1. Dezember 2009 gemeinsam mit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon.)

Krisztina Arató erläuterte detailliert die Vorgeschichte und den Ablauf derOsterweiterung der Europäischen Union, die die fünfte und bisher größte Erweiterung in der Geschichte der EU war. Die EU sah in dieser Erweiterung eine Chance zur Stabilisierung des europäischen Kontinents und zur Ausweitung der Vorteile der europäischen Integration auf diese jungen Demokratien. Die Beitrittsverhandlungen wurden im Dezember 1997 aufgenommen. Die Europäische Kommission hatte am 9. Oktober 2002 empfohlen, diese zehn Staaten aufzunehmen. Die Entscheidung zur Aufnahme fiel am 13. Dezember 2002 (Abschluss der Beitrittsverhandlungen) in Kopenhagen und die Unterzeichnung des Beitrittsvertrages fand am 16. April 2003 in Athen statt. Da die Volksabstimmungen in allen unterzeichnenden Ländern positiv ausfielen, traten am 1. Mai 2004 zehn neue Mitgliedstaaten bei (unter anderen auch Ungarn).

Korreferat: Dr. Tamás Kanyó (Historiker, früherer Stipendiat des Instituts): Der Referent bot in seiner Ausführung einen Überblick zu den Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU in den Bereichen Kultur, Wirtschaft und Politik. Trotz der Tatsache, dass die Schweiz weder dem Europäischen Wirtschaftsraum, noch der EU beigetreten ist, besteht eine enge Verbindung, die durch ein ausgedehntes, auf eine Vielfalt von Sektoren bezogenes Abkommensystem vertraglich festgesetzt ist und somit ein festes rechtliches Fundament hat (Freihandelsabkommen, Bilaterale I und II, mitunter Schengen-Mitgliedschaft, Personenfreizügigkeit, usw.). Die Schweiz beteiligt sich an den Forschungs- und Entwicklungsprogrammen der EU (Wissenschaft, lebenslanges Lernen, Mobilität der Studenten und junger Wissenschaftler). Mit Hinsicht auf Wirtschaftspartner-schaften rechnet die Schweiz auch heute an erster Stelle mit den Wirtschaftsakteuren der EU-Mitgliedstaaten (80% der Einfuhren kommen aus der EU und 60% der Ausfuhren werden in den EU-Mitgliedstaaten abgesetzt) und diese Partnerschaft beruht auf Gegenseitigkeit. In Verbindung mit dem politischen Bereich verfolgen die EU und die Schweiz die gleichen politischen Werte, wie Demokratie, Rechtstaatlichkeit, Menschenrechte und sei setzen sich für Nachhaltigkeit, Klimaschutz und für die kulturelle Vielfalt ein.

(20 Teilnehmer)

 

14. April 2011

Prof. Péter Sipos: Die Nationalstaaten und das neue Europa in der Hitlerzeit, bzw. der sowjetische Vorstoß (1920-1945)

Professor Sipos erläuterte in seinem Vortrag die in den Jahrzehnten vor dem Zweiten Weltkrieg angeregten Integrationsabsichten im Verhältnis zu den Umwandlungen, die sich in Europa im Wirtschaftsbereich sowie in der Weltwirtschaft allgemein vollzogen, zu den erfolgten großen Wirtschaftskrisen und vor allem zu der Umwandlung der politischen Kräfteverhältnisse der Zeit. Er verwies darauf, dass das Versailler Friedenssystem eine effektive Zusammenarbeit zwischen den Staaten verhinderte. Somit konnte z. B. die (versuchte) Harmonisierung der Wirtschaftspolitik der südosteuropäischen Agrarstaaten nicht durchgeführt werden, obwohl dies bereits nach 1929 als eine Zielsetzung galt, die allgemein anerkannt bzw. vom öffentlichen Interesse war.

Der Referent bot eine übergreifende Beschreibung der Charakteristika des sowjetischen Wirtschaftssystems, wobei er die jeweils als konstant bzw. variabel zu betrachtenden Elemente der Osteuropa-Politik Moskaus detailliert erläuterte. Mit Bezug auf die Tendenzen der Raumorganisierung bei totalitären Systemen wurde im Vortrag auf die aggressive Osteuropa-Politik des national-sozialistischen Deutschlands, das Lebensraum-Konzept sowie auf die starke Bindung zwischen Wirtschaft und Kriegsindustrie hingewiesen. Ein weiteres Thema, das bei der Behandlung dieses Fragenkomplexes angesprochen wurde, war der Entwurf des „Neuen Europa” – ein entsprechend den Interessen Berlins ausgearbeitete Plan zur wirtschaftlichen und politischen Integration –, der in der deutschen Expansionspolitik sowohl ideologisch verankert als auch praktisch umsetzbar konzipiert wurde. Somit gilt für die Haltung sowohl des sowjetischen als auch des nationalsozialistischen deutschen Systems, dass sie sich akzentuiert auf die Kriegswirtschaft stützten.

Abschließend wurde auf die Aktionen der Sowjetunion in Osteuropa nach 1945 aus der Sicht der Großpolitik reflektiert, wobei die Entwicklungen im westlichen Teil des Kontinents und die weltweiten politischen Tendenzen mit bedacht wurden. Es wurden ebenfalls die sog. Freundschafts- und Wirtschaftskooperationsverträge angeführt, die neben den wichtigen bilateralen Kontakten mit der Zeit zur Gründung des Rates für Gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) sowie nach 1959 zu dessen Ausbau geführt haben.

(15 Teilnehmer)

 

28. April 2011 SEMINAR

Dr. Zoltán Horváth: Die Geschichte der Europäischen Union von 2004 bis zur Gegenwart

Korreferat: Zoltán Sz. Bíró (Institut für Geschichtswissenschaft der UAW): Die Beziehungen zwischen Russland und der EU

Zur Jahrtausendwende stellte sich die EU eine doppelte Zielsetzung: Zum einen sollten die bestehenden Strukturen innerhalb der Union vertieft werden, und zum anderen standen zwei Erweiterungen bevor (2004 und 2007), nicht zu sprechen über die Verhandlungen mit den Kandidatenstaaten (Türkei, Kroatien, Mazedonien) und den potentiellen Anwärterstaaten (Albanien, Bosnien-Herzegowina, Montenegro, Serbien, Kosovo und Island). Die Herausforderungen, denen sich die Union stellen musste betrafen die institutionellen, wirtschaftlichen und politischen Ebenen. Es war eindeutig, dass die institutionelle Basis weitreichende Reformen bedurfte und aus diesem Grund wurden die Vorbereitungen für die Ausarbeitung und Formulierung des Verfassungsvertrags der EU und später für den Vertrag von Lissabon begonnen.

Die wichtigsten Fragenkreise, die während des Konvents zur Ausarbeitung des EU-Verfassungsvertrages behandelt wurden, waren die bessere und eindeutigere Aufteilung der Zuständigkeiten, die einfachere Anwendbarkeit des Instrumentensystems, die Überschaubarkeit und die effektiveren demokratischen Prozesse sowie die Formulierung einer Verfassung für die EU-Bürger. Der Konvent setzte sich entsprechend der Erklärung von Laeken vom Dezember 2001 unter der Präsidentschaft von Valéry Giscard d’Estaing zusammen, um den Verfassungsvertrag der Europäischen Union zu erarbeiten. Die vorbereitende Arbeit wurde bis 2003 fortgesetzt, aber die Unterzeichnung erfolgte erst am 29. Oktober 2004 in Rom. (Das Zieldatum für das Inkrafttreten des Vertrages war für den 1. November 2006 angesetzt.)

Zoltán Horváth sprach ausführlich über den Ratifikationsprozess, der letztendlich – wie er sagte – in ein Debakel (Volksabstimmung in Frankreich, Niederlande usw.) mündete. Einer anderthalb jährigen Reflexionsphase folgend, die zur Überwindung der politischen Hindernisse genutzt werden sollte, erhielt die Zielsetzung der politischen Vertiefung der EU Anfang 2007 neuen Impetus. Es wurde vereinbart, dass der Verfassungsvertrag letztendlich die bestmöglichen Ansätze bietet, nur sollten die föderativen Elemente verstärkt werden und eine Volksabstimmung in den Mitgliedstaaten vermieden werden. Das gemeinsame Ziel war: Der neue, auf Reformen bedachte Vertrag sollte so bald wie nur möglich in Kraft treten. Schließlich wurde der Vertrag von Lissabon am 13. Dezember 2007 unterzeichnet. In seiner Ausführung sprach der Vortragende über den erneuten Ratifizierungsprozess, wobei er die neu aufkommenden Schwierigkeiten in Irland, Deutschland, Polen und der Tschechischen Republik erläutere, bis dann am 1. Dezember 2009 der Vertrag von Lissabon in Kraft trat. Als wichtigste Errungenschaften des Vertrages, neben der effektiveren und besser überschaubaren Gestaltung der institutionellen Basis (der Entscheidungsfindung, konkreterer Rechtsrahmen usw.) nannte er die ständige Präsidentschaft des Europäischen Rates, die Ernennung eines Vertreters der Außen- und Sicherheitspolitik der EU und die Koordination mit dem jeweiligen Präsidenten des Rates der EU.

Korreferat: Zoltán Sz. Bíró (Institut für Geschichtswissenschaft der UAW) beschrieb einem historischen Rückblick folgend die aktuellen Tendenzen der Beziehungen zwischen Russland und der Europäischen Union. Die Interessen Russlands erläuternd verwies er auf die immer engeren Beziehungen mit den Staaten auf dem Balkan, was ebenfalls durch die Pläne für die Gasleitung South Stream zugleich mit einem energetischen Aspekt verbunden ist.

(20 Teilnehmer)

 

12. Mai 2011

Desintegration und die Erweiterung der Europäischen Union (1920-1945) – Rundtischgespräch zwischen Ferenc Glatz, Zoltán Sz. Bíró und József Juhász und Zoltán Szász

In seiner Einleitung zur Diskussionsrunde erläuterte Prof. Ferenc Glatz die prägenden Faktoren der integrativen Tendenzen in Mitteleuropa im 20. Jahrhundert, wobei er auf die wichtigsten Thematiken bei der wissenschaftlichen Erforschung dieser Tendenzen verwies, nämlich die Politikgeschichte bzw. das Forschungsumfeld zu den militärischen und wirtschaftlichen Integrationsbestrebungen. In Verbindung mit den prägenden Faktoren nannte er die Weltkriege, die als ein integratives Kraftfeld fungieren können. Er analysierte in diesem Zusammenhang ebenfalls die Interessensphären der Sowjetunion und der USA. Mit Hinsicht auf die technische Entwicklung verwies er auf die Revolution in der Informatik, die auf zahlreichen Gebieten (Politik, Staatswesen, Wirtschaft, Verwaltung, einzelne Fachbereiche usw.) bis zu den kleinsten Einheiten der menschlichen Gemeinschaften ein starkes integratives Potential besitzt. Er erläuterte ebenfalls sein Konzept des Integrationspluralismus, wobei er darauf hinwies, dass stets eine Abwägung der allgemeinen Gegebenheiten und der sich aktuell bietenden Möglichkeiten bzw. der bestehenden Zwangläufigkeiten erfolgen sollte – und zwar ebenfalls in Anbetracht der Meinung, deren die einen aktuellen Integrationsprozess miterleben.

An die Einleitung von Prof. Ferenc Glatz anknüpfend analysierte Zoltán Sz. Bíró, Hauptmitarbeiter des Instituts für Geschichtswissenschaft der UAW, die Sowjetunion bzw. Russland aus einer historischen bzw. aktuell politischen Perspektive. Er ging von den geographischen- und Naturbegebenheiten aus, die zwangsweise die Formulierung und Verwirklichung der Interessen kennzeichneten bzw. auch heute noch kennzeichnen. Die im internationalen Leben eingenommenen Positionen des heutigen Russlands und die internationale Beurteilung des Landes wurden ebenfalls detailliert behandelt.

Bei der Analyse der Stellung des Balkans und der Staaten der Balkanregion im europäischen Integrationsprozess verwies József Juhász, Hauptmitarbeiter des Instituts für Geschichtswissenschaft der UAW, auf die neuesten Entwicklungen und auf die Rolle Ungarns in diesem Zusammenhang. Er betonte, dass Russland bei den internationalen Beziehungen zum Balkan den Radius seiner Interessensphäre real beurteilt, wobei Serbien vorzugsweise die „russische Karte” zieht, wenn es darum geht seine Positionen gegenüber dem Westen zu stärken.

Prof. Zoltán Szász sprach über die Interessen und die Grenzen der Möglichkeiten der Nationalstaaten innerhalb den integrativen bzw. desintegrativen Prozessen in Mitteleuropa anhand des Beispiels Rumäniens. Interessanter Weise erfolgte in Rumänien gerade während des Zweiten Weltkrieges ein starker Aufschwung. Später mit dem Beitritt in den Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe wurden die Rohstoffbasen der Mitglieder aufeinander abgestimmt, um so einen Ausgleich zwischen der Leistungsfähigkeit der Wirtschaft und Industrie der einzelnen Staaten zu ermöglichen.

(25 Teilnehmer)

 

19. Mai 2011 SEMINAR

Zoltán Horváth: Die aktuellen Herausforderungen der Europäischen Union, die EU-Ratspräsidentschaft Ungarns

In der Fortsetzung seines Vortrages sprach der Gastvortragende über die aktuellen Herausforderungen der Europäischen Union. In der Zukunft sollte die wirtschaftliche Integration fortgesetzt werden, und zwar durch die Einbeziehung weiterer Mitgliedstaaten in die Eurozone, die Verkündung der Strategie von Lissabon und der Einführung von neuen Politiken in den Bereichen Klima und Energieversorgung sowie den Reformvorschlägen für die bisherigen Politiken (Agrarwirtschaft, Kohäsion). Mit der Strategie von Lissabon verkündete die EU im Jahre 2000 die Zielsetzung eine gemeinsame wirtschaftpolitische Strategie zu vertreten, denn sie erkannte die neuen Tendenzen im globalen Wettbewerb und die wachsende Rolle der auf Wissen basierten Wirtschaft. (Die EU setzte sich zum Ziel die USA zu überholen, inzwischen sind aber weitere Akteure im Rennen und die EU muss auch mit ihnen rechnen.) Dabei sollten drei Stützenpfeiler errichtet werden: Wirtschaftspolitik, Sozialpolitik und Umweltpolitik. Der Akzent lag weiterhin auf der Nachhaltigkeit, was sich im globalen Wettbewerb gegenüber Marktteilnehmern mit anderen Prioritäten als kontrovers zu betrachten war. Ein gleichwohl kontroverser Zug war auch darin zu sehen, dass die EU die Mitgliedstaaten lediglich in Form von Empfehlungen zur Anwendung der Prinzipien der Strategie von Lissabon bewegen konnte, wodurch keine der Zielsetzungen als zwingend galt. In Verbindung mit dem Ausbau der politischen Union sprach der Referent über die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU. Hierbei erläuterte er die potentiellen Möglichkeiten und die Vorteile. Abschließend erläuterte er in Verbindung mit der EU-Ratspräsidentschaft Ungarns die Funktion und die Aufgaben eines Landes, das für ein halbes Jahr die Präsidentschaft führt, und stellte die prioritären Zielbereiche Ungarns vor.

(20 Teilnehmer)

 

3. Europäische und ungarische Historiographie

(BA-Ausbildung)

 

Herbstsemester 2010

 

16. September 2010

Ferenc Glatz: Die Geschichte der Geschichtsschreibung – Eine europäische und ungarische Perspektive

 

23. September 2010

István Fodor: Forschungen zur Urgeschichte

 

30. September 2010

Attila Zsoldos: Die Zeit der Árpáden in der Geschichtswissenschaft

 

7. Oktober 2010

István Tringli: Die Zeit der „Großmachtstellung Ungarns” in der Geschichtsschreibung

 

14. Oktober 2010

Pál Fodor: Die Geschichte des 16.-17. Jahrhunderts in der Geschichtsschreibung

 

21. Oktober 2010

István Soós: Die Geschichte des 18.-19. Jahrhunderts in der Geschichtsschreibung

 

4. November 2010

László Csorba: Die Geschichte des 19. Jahrhunderts in der Geschichtsschreibung

 

11. November 2010

Zoltán Szász: Die Österreichisch-Ungarische Monarchie in der Geschichtsschreibung

 

25. November 2010

Attila Pók: Die Nachgeschichte der Revolutionen in der Geschichtsschreibung, 1918-1919

 

2. Dezember 2010

Attila Pók: Das Bild der Zwischenkriegszeit in der Geschichtsschreibung

 

9. Dezember 2010

Ferenc Glatz: Die Geschichtsschreibung über die Zeit nach 1945

 

16. Dezember 2010

Ferenc Glatz: Die wichtigsten Tendenzen der europäischen und ungarischen Geschichtsschreibung

 

4. Universitätslehre an den BA- bzw. MA-Studiengängen
des Universitätsfachs Museologie

 

Im akademischen Jahr 2010/2011 übernahm das Europa Institut Budapest die Universitätslehre von insgesamt 6 Lehreinheiten (Vorträge bzw. Seminare), die im Rahmen des Universitätsfachs Museologie auf der Ebene der BA- und MA-Studiengänge im Laufe der Herbst- und Frühjahrsemester an der Philosophischen Fakultät der Eötvös-Loránd-Universität angeboten wurden.

 

Herbstsemester 2010

 

BA-Studiengang

 

Proseminar zur Bildungs- und Kulturgeschichte Ungarns (Prof. Ferenc Glatz und Prof. em. József Kardos, Eötvös-Loránd-Universität)

Einführung in die Museologie der Naturwissenschaften (Prof. Tibor Kecskeméti, Direktor des Museums für Naturwissenschaften a.D.)

Einführung in die Museologie der Medizingeschichte (Dr. Judit Forrai, Semmelweis Universität)

Einführung in die EDV-gestützte Museumsdokumentation (László Molnár, Informatiker, Mitarbeiter an der Entwicklung des EDV-gestützten Museums-dokumentationssystems in Ungarn)

 

MA-Studiengang

 

Quellenkunde und historische Hilfswissenschaften der Neuzeit (Dr. Tibor Dömötörfi, Mitarbeiter des Europa Instituts Budapest)

Anwendung und Weiterentwicklung des EDV-gestützten Museumsdokumentationssystem (László Molnár, Informatiker, Mitarbeiter an der Entwicklung des EDV-gestützten Museumsdokumentationssystems in Ungarn)

 

Frühjahrssemester 2011

 

BA-Studiengang

 

Einführung in die Technikgeschichte (Prof. Zoltán Szász, Mitarbeiter des Europa Instituts Budapest)

 

MA-Studiengang

 

Kulturgeschichte Ungarns zur Zeit des Dualismus (Dr. János Pótó, Abteilungsleiter des Instituts für Geschichtswissenschaft der UAW)