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Begegnungen
Schriftenreihe des Europa Institutes Budapest, Band 15:113–141.

JOHANNES FRIED

St. Adalbert, Ungarn und das Imperium Ottos III.

 

„Deinen Befehlen – Jungfrau Maria – gehorche ich und, was Du verlangst, will ich tun.” So verkündete es Jahrhunderte lang das Tympanon des Portals der alten Kathedrale von Gran (Esztergom), die prachtvolle „Porta speciosa”. St. Adalbert war die Erklärung aufs Spruchband geschrieben, weithin sichtbar und allen zur Kenntnis. Die Gottesmutter hatte dem Märtyrer und Kirchenpatron des erzbischöflichen Domes die Sorge für die iura sacrorum im Lande aufgetragen, gleichsam eine himmlisch-irdische Arbeitsteilung vorgenommen, in die er sich nun schickte und die ihr, Maria, den Schutz des Landes, dem Heiligen aber die Wahrung der geistlichen Dinge zuwies. Geschehen war es, auch das verkündeten die Spruchbänder, auf Bitten des Königs, Stephans, der, selbst ein Heiliger, sein Reich der Regierung Mariens anvertraut hatte. Gewiss, Bild und Texte gehören erst in die Zeit um 1190/96.1 Indes, sie verdeutlichen eine Tradition, die – wie die Stephanslegenden bezeugen2 – weit ins 11. Jahrhundert zurückführt und in Ansätzen vermutlich tatsächlich schon auf den großen König verweist, auch wenn das heute von der Geschichtswissenschaft nicht ohne weiteres hingenommen wird.

Warum also St. Adalbert? Warum nicht, sagen wir der Hl. Wolfgang, ein heiliger Bruno oder einer der anderen heiligen Glaubensboten unter den Ungarn? Das wissenschaftliche Urteil scheint die am Kirchenportal bekundete Bereitschaft des Heiligen nicht zu bestätigen.3 Die Beziehungen zwischen Ungarn, Stephan dem Heiligen und Adalbert von Prag gelten eher als peripher. Gewöhnlich heißt es, Adalbert habe Stephan vielleicht getauft oder gefirmt, doch sonst mit dem Lande wenig zu schaffen gehabt.4 Die zeitgenössischen Lebensbeschreibungen des Märtyrers hätten dazu kaum etwas zu vermelden.5 Allenfalls billigte man seinen Schülern – zumal Radla und Aschericus-Anastasius – größeren Einfluss beim Ausbau der ungarischen Hochkirche zu. Indes, wirkt ein mittelalterlicher Heiliger nicht mehr noch als in seinem Leben nach seinem Tod, durch seinen Kult, durch den Glauben an ihn? Wie ist es um die Verehrung des Hl. Adalbert in Ungarn bestellt? Wie etablierte sein Kult sich im Land? Wann und woher kamen seine Reliquien, deren Translation nach Ausweis des berühmten Pray-Codex (1192/95) am 6. November zelebriert wurde?6 Welche Kräfte, welche Hoffnungen und Impulse standen hinter dem Bischof von Prag? Noch einmal also: Warum St. Adalbert?

Die Frage führt in übergreifende Zusammenhänge, die weit über Böhmen und Ungarn hinausweisen, die den Kaiser mit einbeziehen, den Papst, auch die Herrschaftsgebiete der slawischen Piasten und ausgedehnte Bereiche der lateinischen Christenheit.7 Adalbert darf ja geradezu als der Heilige des Jahres 1000 gelten, in dessen Namen und mit dessen erhofftem Beistand Kaiser, Könige und Fürsten ihre politische Welt und zumal die Kirche ihrer Länder zu gestalten glaubten. Dieser binnen weniger Jahre sich ausbreitende Kult griff unmittelbar in ihre Beziehungen ein, formulierte Ziele, lenkte deren Realisation und manifestierte sich gebieterisch in der Geschichtsschreibung. Wie ist diese Gemeinschaft zu deuten? War sie Zufall? Ergebnis umfassender Planungen? Wer trieb zur Eile? Lässt sich Genaueres fassen?

Was ich im Folgenden vorzutragen habe, sind Hypothesen, die auf Prämissen beruhen und mich zu anderen Ergebnissen führen, als sie den Handbüchern gewöhnlich zu entnehmen sind. Sie schlagen den Bogen von Stephan dem Heiligen und Gran zu Otto III. und Bolesław Chrobry, nach Gnesen, Aachen, Prag und Rom. Mehrere Gründe habe ich für meine abweichende Sicht der Dinge geltend zu machen.8 Erstens fließen unsere Quellen so dünn, ach, was sag ich fließen, sie tröpfeln so zaghaft, dass schon der leiseste Hauch die Tröpfchen zerstäubt und verweht und jede Erzählung der schöpferischen Imagination des Erzählers bedarf, seiner Vision des Geschehens, seiner konstruktiven Begabung, um einen Zusammenhang zu stiften. Die verfügbaren Daten, mit denen es zu operieren gilt und die so spärlich sind, lassen stets nur hypothetische Schlüsse zu, die auch nicht der festeste Glaube in kategorische verwandeln kann; sie gewähren keine zwingende Erkenntnis über die schlichtesten Fakten.9 Ich schlage andere Hypothesen vor, von denen ich meine, dass sie die erhaltenen und die wenigen gesicherten Daten angemessener miteinander zu verbinden erlauben als die bisherigen Konstrukte.

Zweitens bringe ich den individuellen, kollektiven, kommunikativen und kulturellen Erinnerungsmechanismen, auf denen alle erzählenden Quellen und mit ihnen die Historie aufruhen, weniger Vertrauen entgegen als die gesamte Geschichtswissenschaft zuvor.10 Sie ist bis heute erinnerungsunkritisch, beachtet Erinnerungsmodi und Erinnerungstechniken nicht und übersieht die davon ausgehenden Wirkungen auf unser Datenmaterial.11 Doch jedes Erinnern vollzieht sich ausschließlich „jetzt”, und diesem „Jetzt” sind stets die Geschehnisse und kollektiven Aushandlungsprozesse seit dem erinnerten „Einst” bis zu dem jeweiligen Augenblick des Erzähltwerdens über- und eingeschrieben, die den Erzähler und sein Publikum tangierten. Jedes „Einst” wird somit durch Erinnern fatalerweise ein „Jetzt”. Dies erfordert andere Interpretationsverfahren, als sie bislang von der Geschichtswissenschaft praktiziert werden. Es verlangt, die Verformungskräfte und Verformungswege des Gedächtnisses umfassend in Rechnung zu stellen. Denn keine Erinnerung vollzieht sich ohne Vergessen, ohne Überschreiben des schon Eingeschriebenen, ohne verändernde Neukonstruktion. Zweitens also bieten die Erinnerungen keine zuverlässigen Daten sondern insgesamt problematische Gedächtniskonstrukte.

Drittens bot eine bislang zu wenig beachtete, vergleichsweise frühe Aachener Handschrift der älteren Vita des Hl. Adalbert aus der Zeit um 1200 Anlass, die gesamte Überlieferung dieser Lebensbeschreibung, deren zeitliche Entstehung sowie die Abfolge ihrer insgesamt sieben Redaktionsstufen zu überprüfen. Das Ergebnis, das ich hier nicht detailliert begründen kann, überraschte durch die zutage tretenden und die bisherigen Theorien falsifizierenden Befunde.12 Es löst die Entstehung der Vita prior völlig von Rom und dem Kloster auf dem Aventin, wohin sie bisher lokalisiert wurde,13 und verweist sie in die Lütticher Diözese und höchstwahrscheinlich an deren Bischof Notker als Autor. Rom erreichte sie, wie sich zwingend zeigen lässt, erst spät und wahrscheinlich durch den König oder Kaiser Heinrich II. Dieser Sachverhalt erfordert umgehend eine Neubewertung anderweitiger und zumal der ungarischen Adalbertstraditionen. Diese besitzen vermutlich höheres Gewicht, als ihnen bislang zugebilligt wurde. Drittens also mache ich unbeachtete Textüberlieferungen für die historische Hypothesenbildung fruchtbar.

Viertens endlich lese ich, gerüstet mit den gedächtniskritischen Zweifeln und den neuen Einsichten in Überlieferungszusammenhänge, die wenigen vorhandenen Quellen anders, als sie bisher gelesen wurden,14 hoffe also, neue Einsichten in bekannte Quellen anbieten zu können.

*

Frohgemut zog Otto III. von Rom, wo er unlängst die Kaiserkrone empfangen hatte, nach Aachen, der Stadt Karls des Großen, dessen Bildnis er sich auf seinem ersten kaiserlichen Bullensiegel soeben angeeignet hatte. Man schrieb das Jahr 997. Rom, Aachen, Karl der Große und ein erneuertes römisches Kaisertum schwebten dem Sohn der Theophanu vor Augen. Er hatte den Römern und der Christenheit einen neuen Papst gegeben, seinen Vetter Brun, der den Namen des Hl. Gregor annahm. Er hatte Recht gesprochen, Recht gesetzt, Kompromisse erwirkt; hatte im Reimser Kirchenstreit vermittelt und im Konflikt zwischen Boleslaw von Böhmen, Willigis von Mainz und dem Bischof von Prag einen Ausweg ermöglicht; hatte noch kurz vor dem Romzug die friedenstiftende Ehe seiner einzigen geeigneten liudolfingischen Verwandten, seiner Cousine Gisela, mit dem ungarischen Thronfolger Stephan betrieben oder sanktioniert15 (seine älteren Schwestern hatten bereits den Schleier genommen oder eine Ehe geschlossen)16; rüstete auch zu einem neuen Kriegszug ins Havelland gegen die abtrünnigen Lutizen, um sie erneut unter Christi Joch zu zwingen. Nach Byzanz, der eigenen Brautwerbung wegen, mochten erste Gedanken fliegen. Mehrere Wochen weilte Otto nun schon in Aachen, hielt Hof, empfing Gesandtschaften, stellte Urkunden aus.17

Seine langjährigen Freunde, früheren Erzieher und herausragenden Ratgeber weilten um ihn: Bernward von Hildesheim (dessen Informationen wir vermutlich wichtigste annalistische Nachrichten verdanken),18 der gelehrte Notker von Lüttich, der in seiner Bischofsstadt eine der glanzvollsten Schulen des ottonischen Reiches begründete,19 der Kanzler Heribert,20 der bald die Erzkathedra von Köln besteigen sollte.21 Leo von SS Bonifacio ed Alessio kehrte gerade von einer Legation aus Reims und vom kapetingischen Königshof an den Kaiserhof zurück,22 Abt jenes römischen Klosters, dem der Kaiser (vielleicht im Gedenken an seine griechische Mutter) seine Aufmerksamkeit schenkte wie keiner zweiten römischen Kommunität; denn dort lebten Mönche nach katholischem und nach griechisch-orthodoxem Ritus.23 Alles schien seinen gewünschten Gang zu nehmen.

Da trafen Boten, an ihrer Spitze vermutlich Gaudentius, Adalberts Bruder, aus Gnesen ein, gesandt vom Slawenherrscher Bolesław, und brachten die Hiobsbotschaft, der Bischof von Prag sei, als er gerade die Messe zelebrierte, von Pruzzen erschlagen.24 Otto erschrak, denn er fühlte sich schuldig; schuldig, dass Adalbert nicht das Leben hatte führen dürfen, das er zu führen gesonnen war: als strenger Bischof in Prag oder als demütiger Mönch im Kloster auf dem Aventin, seiner „süßen” Zuflucht;25 schuldig wohl auch, weil er, Otto, zwei Jahre zuvor nichts zum Schutze von Adalberts Familie unternommen hatte, als Boleslaw von Böhmen sie überfiel und in den Untergang trieb, ihre Freunde nach Gnesen oder Ungarn zu flüchten zwang; schuldig endlich, weil er ihn nicht in angemessener Weise in seinen Planungen zur kirchlichen Ordnung unter Slawen und Ungarn unterstützt hatte.26 Bald sollte Otto eine Bußwallfahrt zum Grab des Toten planen,27 dessen Reliquien Bolesław Chrobry nach Gnesen hatte einholen lassen: eine sakrale Wiedergutmachung politischen Fehlverhaltens. Erschrocken also und schuldbewusst. Doch dann jubelte Otto auf: Hatte Adalbert nicht als Glaubensbote den Tod gefunden, war er nicht ein Heiliger, ein Blutzeuge Christi? Und hatte Gott nicht ihn, Otto, erwürdigt, Zeitgenosse, ja, Freund eines Märtyrers zu sein?28 Mit Adalberts Tod während der hl. Messe hatte Gott in Zeichen zu den Menschen gesprochen, und der Kaiser unterwarf sich diesem Gotteswort.

Otto zog umgehend Konsequenzen aus seiner Erkenntnis. Einer kultischen Verehrung des Erschlagenen stand nichts im Wege. Päpstlicher Heiligsprechung bedurfte es nicht;29 es genügte die Anerkennung durch den Ortsbischof; und der war anwesend: Notker von Lüttich. Er billigte den Kult. Er selbst hatte Adalbert und dessen Bruder Gaudentius in monatelanger Fahrt aus Rom an Ottos Hof nach Mainz geleitet, war damals ebenfalls Adalberts Freund geworden, Freund also eines Märtyrers.30 Alsbald gründete der Kaiser in Aachen ein Stift zu St. Adalberts Ehren; die Gründungsurkunde wurde – so ist glaubwürdig überliefert – noch 997 in Aachen ausgestellt.31 Auch Notker weihte dem Märtyrer umgehend auf der Insel seiner Bischofsstadt eine Pfarrkirche: die beiden ältesten Adalbertskirchen der Christenheit überhaupt, eine konzentrierte Aktion der Freunde des Toten mit Sinn für standesmäßige und rechtliche Proportionen. Notker endlich dürfte auch der Autor der ältesten Adalberts-Vita sein, die vielleicht erst kurz vor Ottos eigenem Tod vollendet wurde.32

Der Kaiser wollte sich seines Märtyrerfreundeswürdig erweisen. Entsprechend plante und handelte er. In seinem gesamten Reich – für Aachen, Reichenau, Pereum bei Ravenna und Rom ist es bezeugt oder zuverlässig erschließbar33 – propagierte Otto den Kult und er verteilte, sobald er über solche verfügte, Adalbertsreliquien, unterwarf somit dieses Reich dem himmlischen Schutz seines heiligen Freundes.34 Wo immer um die Jahrtausendwende der Kult des Glaubensboten aus Böhmen gefeiert wurde, da stand erkennbar der Kaiser dahinter; selbst Heinrich II., der später dem Adalbert in seiner Stiftung Bamberg einen Altar weihen ließ,35 dürfte Ottos Beispiel nachgeahmt haben. Erst recht folgte der sächsische Grafensohn Brun von Querfurt, des Kaisers Kapellan, dem ihm von seinem Herrn nahegebrachten Vorbild des Märtyrers buchstäblich, bis ins Martyrium, nach.36 Und vermutlich verdankte sich auch das Adalbertspatrozinium in Gran einer kaiserlichen Reliquiengabe.37

Doch derartige Kultstiftung genügte dem Kaiser nicht. Adalberts Martyrium hatte, so mochte es ihn dünken, weit über die Grenzen seines Reiches hinaus jene Regionen ausgezeichnet, in denen der Bischof gewirkt hatte und die östlich an das Imperium grenzten. Sie alle sollten nun, soweit sie dem Glauben nur halb oder noch nicht gewonnen waren und kirchlicher Ordnung, der iura sacrorum, mangelten, gleichsam als Gegengabe für sein Martyrium, Adalbert dargebracht werden und ihm in Ewigkeit dienen. Otto plante eine neue Kirchenprovinz, der diese Länder – zumal Polen und Ungarn – eingebunden sein sollten. Vermutlich kursierten bereits ältere Überlegungen zur kirchlichen Neugestaltung des slawischen Westens jenseits der Grenzen des ottonischen Reiches; das problematische Diplom für Meißen von 995 und die Zuordnung der „Civitas Gnesen” an den apostolischen Stuhl durch „Dagome iudex” dürften darauf verweisen.38 Als Sitz des neuen „Erzbischofs des Hl. Adalbert”, Archiepiscopus sancti Adalberti,39 schwebte dem Kaiser nun, wie konnte es anders sein, Adalberts einstige Bischofsstadt vor Augen: Prag, der Vorort aller Slawenländer, den Ungarn benachbart und dank mährischer Traditionen Erbe weit nach Pannonien reichender Hoffnungen.40 Sechs Suffragane sollten ihm zugewiesen werden, so dass es sieben Bistümer zu ordnen galt. Auf Bitten des böhmischen Boleslaw ließ er wenig später – der hier vermutlich glaubwürdige Cosmas von Prag sagt im Jahr 99941 – Adalberts Bruder Gaudentius zum Erzbischof weihen.42

Die auf einen gleichzeitigen Informanten zurückführenden Hildesheimer Annalen halten den Plan und die Weihe ausdrücklich fest, wenn auch – ihn anscheinend mit der Durchführung verwechselnd – zum falschen Jahr 1000.43 Ihre Informationen gehen auf den Bischof Bernward zurück, der 997 in Aachen gegenwärtig und als alter Vertrauter des Kaisers an dessen Planungen zweifellos direkt beteiligt war, doch dessen weiteres Handeln bis zum Jahre 1000 nur aus der Ferne beobachten konnte; es war in der Tat das letzte Mal vor Ottos Pilgerfahrt nach Gnesen, dass wir Bernward am Hof treffen; danach weilte er erst wieder im Januar 1001 in Rom beim Kaiser.44 Erst mit der Zeit und ohne Zweifel durch das Einwirken der beteiligten Fürsten, wurde der Plan abgeändert und an Prags Stelle trat im Norden Gnesen, der Ort des Märtyrergrabes, dem keine sechs Suffraganbistümer zugewiesen wurden, im Süden Gran, das eine eigene Kirchenprovinz erhielt, während in der Mitte Prag auf Jahrhunderte blieb, was es zuvor schon gewesen: Suffraganbistum von Mainz.45

Die Verlegung von der Moldau ins Netze- und Warthegebiet oder an die Donau war freilich mehr als ein schlichter Ortswechsel. In Prag herrschten die Přemysliden, in Gnesen die Piasten, in Gran die Arpaden. Dort, an Netze und Warthe, lag das Zentrum eines Reiches, das sich eben erst zu konstituieren begann, noch namenlos war, noch der Dauer verleihenden Institutionen, der segnenden Wirkung der Kirche harrte. Auch an der Donau ging es um die Verchristlichung eines Reiches und den Aufbau seiner Kirche. Hier, in Prag indessen hätte man an bestehende Verhältnisse anknüpfen können, an eine schon lange währende Anbindung an das ostfränkische Königtum und die westliche Kirche.46 Nach Böhmen war seit mehr als einem Jahrhundert das Christentum eingedrungen, das Land über das Bistum Regensburg längst in die römische Oikumene eingebunden. Seine Fürsten pflegten mit den Bayern regen Kontakt und schon Ottos Vater, Otto II., hatte dem Märtyrer aus Prag, dem Hl. Wenzel, seine Verehrung erwiesen47. Das Reich des Bolesław Chrobry indessen kämpfte noch mit dem Heidentum, lag selbst an der äußersten Grenze zur Heidenschaft, an den Grenzen der damals bekannten Welt; und auch unter den Ungarn, eben, wie es bei Widukind von Corvey hieß,48 den mäotischen Sümpfen entkommen – mithin von den Enden der Welt –, stand der Sieg des Christentums noch keineswegs fest. Hier, unter den Gerade-schon-Christen, den Eben-noch-Heiden, die Hochkirche zu gründen, erfüllte buchstäblich den Sendungsauftrag Christi, das Evangelium den entferntesten Völkern zu predigen, dessen Erfüllung für die Endzeit geweissagt war. Die Entscheidung für Gnesen und Gran als Sitze der neuen Metropoliten, wie immer sie zustande gekommen sein mag, war, wie ich zeigen konnte,49 endzeitlich konnotiert.

Pfarrkirche in Lüttich, Stiftskirche in Aachen, Kirchenprovinz um Prag oder Gnesen und Gran, die iura sacrorum, das ganze Reich dem Schutz des Märtyrer-Freundes anvertraut, endzeitliche Heilsgeschichte: Ottos Planen ging ins Große. Es beschränkte sich nicht auf einzelne Kirchen. Der Sohn der Griechin griff zugleich auf römisch-byzantinische Mittel zurück, die Geistliches mit Weltlichem verschmolzen, um seinen Visionen Gestalt zu verleihen. Er intendierte (in Übereinstimmung mit dem kanonischen Prinzip: regnum id est provincia)50 die Einbindung der Neubekehrten oder zu Bekehrenden in die Oikumene der römischen Welt – wie konnte, wie durfte es anders sein – durch Freundschaft, Genossenschaft und neu zu schaffendes Königtum für die Fürsten des Landes. Er erkannte deren Größe und Macht und suchte ihre Kooperation mit dem Imperium zum höchsten und letzten, zum endgültigen Triumph der Kirche Christi.

Nicht allein die engere Region östlich von Oder und Leitha war betroffen. Was hier der Kaiser im Zusammenspiel mit dem Apostolischen Stuhl, den einheimischen Fürsten und dem Märtyrer ins Werk setzte, vollzog sich – nicht nur durch die Beteiligung von Papst und Kaiser und die engen Beziehungen zwischen den aristokratischen Familien diesseits und jenseits der Grenzen – in einem europäischen Horizont und wirkte auf ganz Europa zurück. Adalbert war in Libice geboren, in Magdeburg erzogen, in Prag Bischof geworden; war bis zum Monte Gargano nach Süditalien gepilgert, tief ins byzantinisch-orthodoxe Gebiet; hatte jahrelang in Rom gelebt unter benediktinischen und basilianischen Mönchen; hatte unter den Ungarn zu wirken begonnen; war, bevor er nach Osten aufbrach, durch die hervorragenden monastischen Zentren des Westens gepilgert. Er repräsentierte in seiner Person die ganze Kultur des Abendlandes.51

Bolesław Chrobry suchte und gewann die Unterstützung wichtiger Kräfte im italienischen Reformmönchtum; pflegte bald friedliche, bald kriegerische Beziehungen zu den Ungarn, setzte die Rombindung seines Landes fort, die sein Vater begonnen hatte; blickte aufmerksam nach dem Westen, nach Aachen und Lüttich; war nicht zuletzt bestrebt, sein Reich weiter nach Osten auszudehnen, gegen die heidnischen Pruzzen und nach dem eben orthodox getauften Kiew; spätestens damit traten Byzanz und die Welt des Orients in den Blick. Auch von Gnesen und Posen aus übersah man weite Gebiete der europäischen Welt. Derartiges gilt, ohne dass es hier detailliert beschrieben werden muss, in einem noch viel ausgeprägteren Maße von Géza oder seinem großen Sohn und ihrem Land.52 Enge Beziehungen nach Lüttich, der Diözese Notkers, sind auch in ihrem Fall bezeugt; und Stephans Kooperation mit dem byzantinischen Basileus erhellt aus einem kirchlichen Fundationsbericht aus Namur.53 Dass endlich Radulfus Glaber in Burgund und Ademar von Chabannes im fernen Limousin – direkt oder indirekt und wie immer verworren informiert von Pilgern, Kaufleuten oder auch Geistlichen wie Odilo von Cluny54 – in ihren Chroniken registrierten, was bei den Slawen und ebenso bei den Ungarn geschah, mag die umgekehrte Aufmerksamkeit illustrieren.55 Der Westen blickte gespannt nach dem Osten.

Vor allen aber tat es Otto III. Was er plante, was er ins Werk setzte, hüllten freilich die zeitgenössischen Geschichtsschreiber – mit jahrzehntelanger Verzögerung nach des Kaisers Tod erst aktiv – in dürre, kryptische Sätze, wenn sie überhaupt dafür die Federn spitzten: „Dann errichtete Otto unverzüglich in Gnesen ein Erzbistum; ich hoffe, dass es rechtmäßig geschah”; „Durch die Gnade und auf Betreiben des Kaisers empfing der Schwager Heinrichs, des Herzogs der Bayern, Wajk, der in seinem Reich Bischofssitze errichtete, die Königskrone und die Salbung”. Mehr berichtete der einzige Zeitgenosse, der die Entwicklungen in Ungarn immerhin erwähnte, Thietmar von Merseburg, über die Gründungen in Gnesen und Gran nicht.56 Die Beteiligung der Kräfte im Land, das Planen und Verhandeln, das langwierige Ringen um die endgültige Form der zu errichtenden Vertragswerke, dünkte die Geschichtsschreiber des Festhaltens nicht wert. Und doch müssen sie vorausgesetzt werden; dass dabei alles von Anfang an so geplant, wie es dann realisiert wurde, steht nicht zu vermuten. Der durch die jüngeren Annalen von Hildesheim gut bezeugte, auf zeitgenössische Überlieferung zurückführende Hinweis auf Prag und die sieben Suffragane verdeutlicht, wie weit Planung und Verwirklichung auseinander treten konnten. Undeutlich manifestiert sich hierin der Einfluss der verschiedenen am Geschehen beteiligten Kräfte.

Der Kaiser muss zwischen 997 und 1000/1001 sein Handeln irgendwie mit Bolesław Chrobry und Stephan koordiniert haben, obgleich sich alles Nähere unseren Blicken entzieht. Nur ein Bericht überliefert Details. Er aber ist von den Geschichtsforschern bis zur Gegenwart immer wieder diskreditiert: Die „Cronicae Polonorum” nämlich des sog. Gallus Anonymus, eines – wie ich meine nachgewiesen zu haben – Mannes aus Lüttich.57 Ich betone seine prinzipielle Zuverlässigkeit; denn ich halte mit Reinhard Wenskus seine Darstellung dessen, was in Gnesen im Jahre 1000 geschah, für den unmittelbaren Reflex eines zeitgenössischen Berichtes (dessen Herkunft ich übrigens gleichfalls aus Lüttich vermute).58 Die „realitätsnahe” Darstellunsgweise des fraglichen Kapitels (I, 6.) im Vergleich zu den umgebenden sagenhaften Erzählungen, die in diesem Kapitel erwähnten Details (einschließlich von Bolesławs Zug gegen die Ungarn), die spezifische Begriffswelt von „Bruder”, von cooperator imperii oder des populi Romani amicus, das politische Gastmahl, convivium, das damals der Landesfürst für den Kaiser ausrichtete: all das fügt sich besser in die Zeit um 1000 als zum frühen 12. Jahrhundert. Der Arpade aber ist schwerlich anders behandelt worden als der Piast.

Treffen beide Annahmen zu, dann dürfen wir im Falle Stephans des Hl. eine entsprechende Vertragsbasis erschließen: Freundschaft nämlich und Bruderschaft, eine kaiserliche Prinzessin als Gemahlin des Fürsten, dessen Königskrönung und die wechselseitige Kooperation bei der Errichtung der Hochkirche, sichtbar nicht zuletzt in der kostbaren Gabe einer Kopie der heiligen Lanze, eines Triumphbanners, auch wenn die Quellen für Ungarn von all dem kaum ein Wort überliefern. Die tatsächlich zu registrierenden Unterschiede zwischen Polen und Ungarn resultieren aus divergierenden Bedingungen der Durchführung. Hier wie dort konstituierte sich ein neues christliches Reich, ein herausragendes Glied in der europäischen Völkerfamilie. Volk und Land, über die Bolesław Chrobry herrschte, empfingen damals ihren unverwechselbaren Namen: „Polen”.59 Aachen wurde zum maßgebenden Vorbild für den Herrschersitz der Arpaden. Leider begnügten sich auch die wenigen erhaltenen Quellen mit knappsten Andeutungen; nur spätere Zeugnisse schmückten die großen Veränderungen sagenhaft aus, die um die Jahrtausendwende die Völker an der Ostgrenze des Ottonenreiches erfassten; sie schrieben zumal in Ungarn dem Hl. Adalbert ein Eingreifen zu, das zahlreiche Forscher ihm absprechen zu müssen meinen. Für sie überwucherte die Legende die Wirklichkeit. Doch spiegeln mitunter nicht auch legendäre Überlieferungen Realitäten, die es vielleicht noch zu erfassen gilt? Und war es tatsächlich unmöglich, unwahrscheinlich oder ist stringent auszuschließen, dass der Slavnikide tat, was ihm die Geschichtsschreiber zubilligten? Immer mehr rückt dieser heilige Mann, dem der König Stephan über die Gottesmutter die iura sacrorum seines Reiches anvertraut hatte, ins Zentrum unserer Aufmerksamkeit.

Wir müssen uns an dieser Stelle freilich versagen, den gesamten Horizont seines Wirkens von der Ostsee bis an die Adria gleichmäßig im Auge zu behalten, und wollen die Blicke vorwiegend auf Ungarn lenken.60 Doch müssen wir, um die universalen Planungen des 10. und frühen 11. Jahrhunderts zu verstehen, die nationale Enge des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, der Gründerväter der modernen Geschichtswissenschaft, verlassen und uns für die universale Weite christlicher Heilsgeschichte öffnen. Die Zeitgenossen von damals haben mit anderen Maßstäben gemessen als wir Heutigen es tun; wir müssen erheblichen Scharfsinn aufwenden und einiges Umdenken praktizieren, um uns ihren Vorstellungshorizonten zu nähern.

Adalbert, ein Sohn der adeligen Familie der Slavnikiden,61 ein Schüler der Domschule von Magdeburg, wurde 983 von Herzog und Klerus zum zweiten Bischof von Prag gewählt und empfing aus den Händen des Kaisers Otto II. zu Verona die Investitur. Sechs Jahre weilte er in seinem Bistum, bevor er aus Gründen, die wir gleich zu erörtern haben, ein erstes Mal ins Exil nach Rom ging; der Papst selbst soll es ihm nahegelegt haben.62 Dort legte er gemeinsam mit seinem Bruder Gaudentius und einigen weiteren Begleitern (unter ihnen vielleicht Aschericus/Anastasius, der dann in Ungarn eine herausragende Rolle spielen sollte) in dem von den Benediktinern und orthodoxen Mönchen geprägten Kloster SS Bonifatius et Alexius auf dem Aventin unter dessen lateinischem Abt Leo die Mönchsprofess ab. Im Jahre 992 wurde er, da sich die Verhältnisse in Böhmen geändert hatten, und aus kirchenrechtlichen Gründen zur Rückkehr genötigt.63 Der Friede in Prag hielt freilich nicht lange. Nach knapp drei Jahren schon verließ Adalbert abermals seine Diözese, um sich in sein römisches Kloster zu flüchten. Wieder wurde er von seinem Metropoliten, dem Erzbischof Willigis von Mainz, vermahnt und zurückgerufen. Doch erreichte Adalbert jetzt bei dem eben zum Kaiser gekrönten Otto III., dass er statt für die Rückkehr nach Prag sich für die Mission unter den Pruzzen entscheiden durfte. Dies war ein Kompromiss, wie ihn das Kirchenrecht zuließ: Die Heimkehr war aus politischen Gründen verwehrt; weder der böhmische Herzog, noch der Kaiser haben sie ernsthaft betrieben. Im Kloster aber durfte, mit seiner Kirche vermählt64, ein lateinischer Bischof nicht bleiben. Da bot die Mission einen kanonisch zulässigen Ausweg, den auch der kanonistisch versierte Metropolit hinzunehmen hatte. Mission aber war, wie wir im Folgenden einsichtig machen wollen, seit je das Geschäft Adalberts, des Bischofs von Prag.65

Welche Pläne verfolgte also Adalbert als Bischof seiner Diözese? Warum ließ er zweimal sein Kirchenvolk im Stich? Seine Lebensbeschreibungen, die anonyme, vermutlich von Notker von Lüttich verfasste „Vita prior” und die „Vita altera” aus der Feder Bruns von Querfurt, geben darüber keine befriedigende Antwort. Ihre Verfasser verfolgten heiligere Ziele, als sich Profanhistoriker wünschen. Notker, dieser erfahrene Hagiograph, befragte, so lässt seine Darstellung erschließen, Adalbert nach seiner Familie, seiner Bildung und nach den Widrigkeiten, die ihn aus Prag vertrieben hatten; doch die Gründe, die er namhaft machte, mieden die weltliche, dem Himmelreich undienliche Politik und begnügten sich mit heiligem Werk. Bischöfliche Routine, die Gründung eines Klosters (wie Břevnov), die Sorge für seine ausgedehnte Diözese, das Wirken unter den Ungarn, konnten da übergangen werden. Der Querfurter war Adalbert nie begegnet und zog sein Wissen aus der „Vita prior” und aus einigen zusätzlich, nicht zuletzt in Ungarn eingeholten Informationen. Er jubelte über Adalberts Wort, nichts aus eitler Ruhmsucht getan zu haben, numquam aliquid feci propter vanam gloriam.66 Das Schweigen dieser beiden Autoren zu Adalberts Tätigkeit als Bischof darf somit keinesfalls zu voreiligen Schlüssen führen, den Flüchtling nicht als einen sanften Dulder oder kraftlosen Rigoristen stilisieren lassen und die Blicke in falsche Richtung lenken. Was also vertrieb Adalbert aus Prag?

Wir müssen ein wenig ausholen. Die Prager Diözese, für die eine auf Adalbert zurückführende, vielleicht nur anspruchsweise umrissene Grenzbeschreibung vorliegt,67 dehnte sich damals im Norden weithin nach Schlesien bis zur Oberlausitz und dem Gebiet zwischen Bober und Oder, nahe an die Herrschaftszentren der Piasten, im Osten weit über Krakau zum Oberlauf von Bug und Styr, im Süden nach Mähren bis in die Grenzregionen zu den Ungarn, im Westen bis zum Bayerischen und Böhmerwald. Dieses gewaltige Gebiet, das keineswegs in gleichmäßiger Weise bereits dem Christentum gewonnen war, entsprach, vom Süden abgesehen, dem Herrschaftsbereich der Přemysliden zu dem Zeitpunkt, als Adalbert das Prager Bistum übernahm; es integrierte zudem das noch zum Jahr 976 als selbständig behandelte Bistum Mähren (noch nicht Olmütz). Noch Ademar von Chabannes wusste um 1030 von vier Provinzen – Pollaniam, Sclavaniam, Waredoniam, Cracoviam – die Adalbert dem Heidentum entrissen habe.68 Wie auch immer die Namen im Einzelnen zu deuten sind, die Nennung Krakaus verrät, dass dem Bischof noch nicht der durch die Ereignisse seit 989 eingeengte Wirkungskreis zugewiesen wurde. Doch die folgenden Jahre veränderten die Lage gründlich und tiefgreifend. Die Piasten Mieszko I. und sein Sohn Bolesław Chrobry eroberten um 989 Schlesien und Krakau, schoben die Grenzen ihres Reiches bis über die Oderquellen hinaus. Es zeitigte umgehend Rückwirkungen auf den böhmischen Herrschaftsverband und führte, wie Josef Žemlička und Dušan Třeštik jüngst erkannten,69 zu einer umwälzenden Krise desselben. Auch die Prager Diözese blieb nicht verschont, so dass nur wenige Jahrzehnte nach Adalberts Tod fünf oder noch mehr Bischöfe – Posen, Gnesen, Breslau, Krakau, später Olmütz, vielleicht sogar, da die Grenzen noch fließend waren, Gran neben Prag selbst – sich in ihr einstiges Gebiet teilten.

Die umwälzenden Geschehnisse, welche die ottonischen Könige durch wiederholtes Eingreifen in die piastisch-přemyslidischen Auseinandersetzungen eher förderten als verhinderten, stellten den Prager Bischof vor die allergrößten Schwierigkeiten. Dass Adalbert tatenlos die Entwicklung über sein Bistum hinwegrollen ließ, steht nicht zu erwarten. Was aber unternahm er? Die überkommenen Nachrichten gestatten bloß hypothetische Antworten. Auszugehen ist, wie ich meine, von der Notwendigkeit der Mission und von einer wachsenden Einsicht in die Unabdingbarkeit einer grundlegenden Ordnung der kirchlichen Verhältnisse in den betroffenen Regionen.

Adalbert selbst war Zögling einer Schule, die im Zentrum der Slawenmission stand. Als Bischof von Prag wusste er zugleich, dass sich die Piasten durch Mieszkos Ehe mit der Přemyslidin Dobrawa dem Einfluss des Christentums aus Böhmen geöffnet hatten. Auch wenn in Posen und Gnesen mittlerweile ein eigener Bischof wirkte, werden die Verbindungen von deren Fürsten in das Prager Episcopium nicht abgerissen sein. Der Krieg um Schlesien und Krakau musste Adalbert erneut an die Piasten verweisen; und es ist durchaus denkbar, dass seine zu erschließenden Verhandlungen mit Mieszko und Bolesław ihn in den Augen des besiegten Boleslaw II. von Böhmen kompromittierten und ins Exil trieben. In Rom pflegte er alsbald, im Jahr 989/90, Kontakte zur Kaiserin Theophanu;70 vermutlich wirkte er, dessen Diözese unmittelbar betroffen war, irgendwie – direkt oder indirekt, zustimmend oder reserviert – an der Zuordnung der „Civitas Gnesen” an den apostolischen Stuhl mit, wie sie durch das Regest „Dagome iudex”, das älteste polnische Dokument, fassbar wird.71 Auch gilt es, Adalberts Interesse an griechischem oder genauer: am Zusammenwirken von griechischem und lateinischem Mönchtum, das er in Rom durch seinen Eintritt in SS Bonifacio ed Alessio an den Tag legte, im Wissen um die mährische Tradition und mit Blick nach dem fernen Osten seiner Diözese, vielleicht auch nach Ungarn72 zu würdigen.

War dem aber so, dann mussten sich dem Prager Bischof neue Perspektiven eröffnen, die ihn abermals weit nach Norden blicken ließen. Die Kooperation mit den Piasten erschien unabdingbar, die Konfrontation mit Willigis von Mainz, Adalberts Metropoliten, unausweichlich. Als Adalbert dann 992 nach Böhmen zurückgerufen wurde, hatten sich die Verhältnisse dort nicht wesentlich gebessert. Militärische Ungewissheit, unfertige Planungen auf allen Seiten, unvermeidliche Fehlschläge sorgten für eine gespannte Lage.73 Auch der König konnte hier wenig bewirken. Otto III. und seine Ratgeber, unter denen sich vermutlich schon Heribert, der künftige Erzbischof von Köln, auszeichnete,74 reagierten 995 mit einem letztlich untauglichen Versuch, die Diözesangrenzen des Bistums Meißen weit zwischen die umstrittenen Länder hineinzutreiben, wobei weder die jüngsten Grenzziehungen durch „Dagome iudex”, noch jene älteren der Prager Diözese Beachtung fanden.75 Wie die Dinge lagen, richtete sich dieses Unternehmen nicht zuletzt gegen Adalbert. Das fragliche Privileg schob die Meißener Diözese in Gebiete vor, die eben der Bischof von Prag beansprucht hatte. Kooperierte Otto III. damals mit dem böhmischen Herzog Boleslaw II.? Mit dem Piasten? Verfolgte er eigene Pläne? Der böhmische Herzog trachtete nach der Entmachtung des Slavnikiden auf der Prager Cathedra, überfiel zuletzt, im Jahr 995, Libice und vernichtete Adalberts gesamte Familie, soweit sie sich nicht, wie Adalberts Bruder Sobeslaw, an den Piastenhof hatte retten können. Der Bischof selbst, vom Herzog bedrängt, vom König im Stich gelassen, war rechtzeitig nach Rom entkommen.

Und Ungarn? Die Nachrichten in seinem Fall sind spärlich. Doch immerhin könnte das Patrozinium der Burgkirche von Gran, St. Vitus, auf den Prager Bischof verweisen.76 Ferner heiratete Bolesław Chrobry um 985 eine Ungarin, wohl eine Tochter Gézas.77 Obgleich er sie nach wenigen Jahren wieder verstieß, könnte oder dürfte der Bischof von Prag, mit Arpaden und Piasten befreundet, an der Stiftung der Ehe beteiligt gewesen sein. Sie lag im Interesse seiner Diözese. Auch soll nach der älteren Stephans-Legende Adalbert den ungarischen Prinzen Vajk, den künftigen König Stephan, getauft haben.78 Manche Autoren bezweifeln es freilich oder bestreiten es gar.79 Doch sehe ich keinen durchschlagenden Grund, die Nachricht zu verwerfen, selbst wenn jede zwingende Beweisführung verwehrt ist. Das Geburtsjahr des heiligen Königs fiel dem Vergessen anheim; später wurden wenigstens drei verschiedene Jahre – 967, 969 und 975 – dafür in Anschlag gebracht, doch keines von ihnen vermag zu überzeugen. Nach der Legenda maior setzte aber Géza seinen Sohn kurz vor seinem Tod zum Nachfolger ein, als Stephan „eben den ersten Beginn der Adoleszenz überschritt”,80 gar als er noch „ein (unverheirateter) Knabe” war, in pueritia mea (so der König angeblich in der Stiftungsurkunde für St. Martinsberg81 über den Aufstand des Koppány).82 Die Angaben passen nicht zu einem Zweiundzwanzig- oder Siebenundzwanzigjährigen, für den Stephan gewöhnlich bei seiner Regierungsübernahme im Jahr 997 gehalten wird, lassen vielmehr die Jahre um 983/84 oder kurz zuvor für Stephans Geburt erschließen: eben jene Jahre, in denen Adalbert die Prager Cathedra bestieg und das Bistum Mähren seinem Bistum integrierte. Stephan wäre somit nur unwesentlich jünger gewesen als der Kaiser selbst, der damals sechzehn Jahre zählte, oder gerade so alt wie dieser. Da mag dann tatsächlich der Bischof Adalbert wie vom Himmel geschickt bei Géza erschienen sein, wie die „Legenda maior” erinnert, und „das Licht, das jeden Menschen erleuchtet, in Ungarn aufzuscheinen begonnen haben”.83

Die Tradition der (groß-)mährischen Kirche aber, auf die Adalbert wie selbstverständlich verwiesen wurde, führte den böhmischen Bischof nicht zuletzt nach Pannonien.84 Warum sollte er zögern, da doch Géza schon 972/73 sein Land den christlichen Glaubensboten geöffnet hatte, vielleicht durch den Bischof Brun getauft worden war und gewiss seine Gemahlin Sarolt dem neuen Kult sich aufgeschlossen zeigte?85 Das alles aber legt nahe, den Hl. Adalbert von früh an in Ungarn wirken, dort Kirchen weihen, den Fürstensohn taufen zu sehen, und Bruns von Querfurt bekannten Hinweis – der Prager Bischof „habe bald Boten an die benachbarten Ungarn geschickt, bald habe er sich selbst dorthin begeben”86 – nicht erst und ausschließlich in Adalberts zweite Amtsperiode zu verlegen.87 So wird es verständlich, dass später, nach der Katastrophe von 995/97, Adalberts engste Freunde und Mitarbeiter, Radla88 und Aschericus-Anastasius, so freundliche Aufnahme im Reiche des jugendlichen Stephan fanden. Dessen Mutter Sarolt, „die – so Brun von Querfurt aus intimer Kenntnis und deutlich anders als der unsensible Thietmar von Merseburg89 – das Reich mit männlicher Hand regierte und lenkte, was Männergeschäft war, unter deren Führung das Christentum sich ausgebreitet hatte”,90 und die Adalbert noch von Polen aus um Hilfe bat, Sarolt also dürfte daran tätigen Anteil genommen haben. Den Bayern freilich mochten Adalberts Aktivitäten wenig gefallen; ihr Herzog Heinrich der Zänker kämpfte wiederholt seit 984 und zuletzt noch 991 gegen die Ungarn.91 Derartige Feindseligkeiten könnten Gézas Hinwendung zu dem Prager Bischof erklären. Erst des Zänkers Sohn Heinrich IV. von Bayern, der künftige Kaiser, trat gemeinsam mit Otto III. zu Géza und Stephan in ein freundschaftliches Verhältnis; des jüngeren Heinrich Schwester Gisela besiegelte durch ihre Ehe mit Stephan die Freundschaft. Bemerkenswerter Weise rief Stephan als König – anders als noch sein Vater – selten Bayern ins Land, um die Kirchen seines Landes zu ordnen: trotz seiner bayerisch-liudolfingischen Gemahlin. Schwaben vielmehr, Kleriker aus Istrien, Venezianer, Wallonen aus Lüttich und eben Adalberts Freunde aus Böhmen standen ihm vor allem zur Seite.92

Ziehen wir nach solchen Überlegungen ein Zwischenresümee: Adalbert übernahm im Jahr 983 ein Bistum, dessen übergroße Diözese die Kräfte eines einzelnen Bischofs überstieg, dessen missionarische Bedürfnisse über Schlesien und Krakowien hinaus auf die polnischen Kernlande achten ließen, dessen Rechte in Mähren die Blicke nach Pannonien lenken musste, und das unvergessene Ansprüche der untergegangenen mährischen Kirche auf ein Erzbistum nicht zu vergessen gedachte, ja, zu erneuern wünschte. In der Tat: Christians Wenzelslegende, die dem Bischof von Prag gewidmet war und in den ersten Kapiteln eine Frühgeschichte des Christentums in Böhmen entwarf, bewahrt einen Reflex dieser Konstellation: Sie erinnerte Adalbert an Kyrills und Methods Mission, welch letzterer summus episcopus gewesen sei und sieben Bistümer unter sich gehabt habe,93 die aber ob der Einwirkung des Teufels – keineswegs der Einfall der Ungarn, vielmehr der Bruderzwist im Hause Swatopluks von Mähren – nicht hätten gegründet werden können. Es folgt dann die amüsante Geschichte von Bočivojs von Prag Bekehrung durch den Hl. Method, auf dass er fürderhin an der Tafel des Königs mitspeisen dürfe und nicht weiter wie ein Heide am Boden zu hocken habe. Die Stadt, civitas, an der Moldau aber war schlechthin metropolis, metropolitana urbs.94 Dieser legendenhafte Abriss der Frühgeschichte des böhmischen Christentums darf geradezu als ein Schlüsselzeugnis zum Verständnis des Bischofs Adalbert von Prag gelesen werden. Es rückt den Bischof von Prag unmittelbar in die Nachfolge des Hl. Method.

Das Schweigen der Adalberts-Viten darf in der Tat, noch einmal sei es betont, nicht irritieren. Sie wollten keine kirchenpolitischen Pläne, keine unerfüllten Visionen für die Nachwelt festhalten, vielmehr die Vorbildlichkeit eines Heiligen und Märtyrers. Die sächsischen Geschichtsschreiber – ein Thietmar von Merseburg oder die anonyme Annalistin von Quedlinburg – wussten von Adalberts Plänen ohnehin nichts und besaßen keinen Grund davon zu handeln. Die übrigen Quellen aber, so spärlich sie auch rinnen, umreißen schemenhaft ein weitausgreifendes Handeln, ein umfassendes Ordnungsbemühen des Prager Bischofs im östlichen Vorfeld des ottonischen Reiches. Es musste den Prager Herzog, eben geschlagen und auf Böhmen und Mähren zurückgeworfen, aufs höchste gefährlich dünken. Kooperierte ihr Urheber doch mit dem gefährlichsten seiner Feinde, Bolesław Chrobry. Erst der Märtyrer-Tod des ungeliebten Bischofs schuf eine neue Lage. Jetzt mochte der böhmische Herzog hoffen, über eine kirchliche Neuordnung verlorene Gebiete wiederzugewinnen.

Auch am Königs- und Kaiserhof wusste man um die Pläne des Bischofs von Prag; man hatte sie lange genug hintertrieben. Adalberts Martyrium aber zwang den religiös empfänglichen Otto III. zur Revision seiner bisherigen Haltung – was auch immer Bischöfe oder Erzbischöfe seines Reiches, der Magdeburger, der Passauer oder, wer immer sonst, erhofft haben mochten. So plante der kaiserliche Freund des Toten, wie die Hildesheimer Annalen zum Jahr 1000 überliefern, „in der Sclavia sieben Bistümer einzurichten” und „mit Zustimmung des römischen Bischofs auf Bitten Boleslaws, des Herzogs der Böhmen” den Gaudentius „in der principalis urbs Prag zum Erzbischof ordinieren zu lassen”:95 ein Triumph des Märtyrers über die Lebenden, Erfüllung eines mit dem eigenen Blut besiegelten Vermächtnisses.

Die tatsächliche Durchführung wich dann freilich aus Gründen, die wir hier nicht erörtern können, von der ursprünglichen Planung ab. Zumal in Gnesen überstürzt gehandelt wurde .96 Die geplante Königserhebung des Piasten blieb aus kanonischen Gründen unvollendet. Doch enthüllt noch die schöne Legende von der himmlischen Botschaft, dass die für „Mieszko”, das heißt für Bolesław bestimmte Krone dem Protokönig der Ungarn zu senden sei, wie sie in Hartwichs Stephanslegende erscheint, die für Polen und Ungarn gemeinsame Planung.97 St. Adalbert aber blieb gleichsam die Firma, für die man handelte. Die gesamte Neuordnung des Jahres 1000/1001 erfolgte unter seinem Schutz, in seinem Namen, in der Hoffnung auf seine Intervention beim Jüngsten Gericht. Der Kaiser selbst propagierte seinen Kult, der nun Gnesen, Aachen, Gran, Ravenna (Pereum) und Rom, die Zentren von Ottos Reich mit den neu errichteten Metropolitansitzen vereinte. Die neue Ordnung trug des Kaisers Handschrift.

Auch der Fürst der Ungarn sollte als König anerkannt, zum König gesalbt und gekrönt werden. Eine Kronensendung, gar eine solche des Papstes, wie sie die späteren Legenden in der Sprache der Zeichen und Bilder postulierten, hat man deshalb nicht anzunehmen. Der einzige Zeitgenosse, Thietmar von Merseburg, sprach zutreffend nur von Krönung und Salbung, die mit Zustimmung des Kaisers erfolgten.98 Nur schamloser Chauvinismus konnte daraus eine rechtliche Subjektion des ungarischen Königreiches unter den „deutschen Kaiser” herauslesen. Die benötigte Krone und sonstigen Krönungsinsignien wird sich Stephan selbst zu verschaffen gewusst haben. Das Papsttum hatte um die Jahrtausendwende bei einer Königserhebung, einem seinem Wesen nach weltlichen Akt, nicht mitzureden.99 Auch für eine Übertragung des Reiches an St. Peter in Rom oder den apostolischen Stuhl fehlt jeder zeitgenössische Hinweis. Nicht einmal der päpstliche Schutz für Laienfürsten ist in dieser Zeit nachzuweisen.100 Erst im Zeitalter der Kirchenreform und eines Gregor VII. kam die von der Legende verbreitete Darstellung auf; jetzt erst war der wahre Kaiser der Papst,101 wie es bei Gregor hieß; doch kannte dieser Papst die Legende von der Kronensendung ganz offenkundig noch nicht.102 Wie hätte er sie zu nutzen gewusst! Die spätere Zeit rückte das frühere Geschehen in ein anderes Licht. Die Bedürfnisse hatten sich gründlich geändert; doch dürfen sie nicht anachronistisch in die Fürstenwelt der Jahrtausendwende zurückprojiziert werden.

Klar zeichnete sich dagegen die Bedeutung der Salbung ab; Heinrich II. sah in ihr den entscheidenden Vorteil, den er im Kampf um die Krone gegenüber Hermann von Schwaben errungen hatte. Im geistlichen Weiheakt lag denn auch für Stephan den Hl. die konstitutive Wirkung seiner Königserhebung. Zu beachten ist die gegenüber Polen andere Abfolge des Geschehens: Dort erfolgte zunächst die – kanonisch anfechtbare – Gründung des Erzbistums, sodann die Königserhebung, die, weil dem Metropoliten rechtlich die Hände gebunden waren, in keine Königssalbung mündete und deshalb als ganze scheiterte. In Ungarn hingegen hatte man sich für eine umgekehrte Abfolge entschlossen: erst die Königserhebung einschließlich der Salbung (sei es durch einen päpstlichen Legaten, sei es durch den Bischof, der dann der erste Erzbischof der Ungarn wurde: Dominicus von Gran); danach die Konstituierung des Erzbistums mit – wie es das Kirchenrecht verlangte – päpstlicher Zustimmung.103 Die Krönung aber fand statt – so mit leichter Korrektur, doch in Anlehnung an die Überlegungen Györffys und gestützt auf die glaubwürdige Tradition des 12. Jahrhunderts – am 2. Januar 1001,104 der liturgisch zelebrierten Oktav des Stephanstages. Die Gründung des Erzbistums erfolgte noch in demselben Jahr. Diese Abfolge könnte nicht zuletzt durch die Erfahrungen in Gnesen nahegelegt worden sein. Der Abt von Meseritz, Aschericus/Anastasius, befand sich ja im Gefolge des Kaisers, als dieser im Jahr 1000/1001 nach Italien zog.105 War er auch unmittelbar an Stephans Königserhebung nicht beteiligt, so könnte er doch – wie die interpolierte Gründungsurkunde von Pannonhalma im Jahr 1002 überliefert – dem Kaiser entsprechend geraten haben: consiliante domino Anastasio (...) et iugiter adiuvante.106 Stephan hat es ihm nicht vergessen.

Sandte der Kaiser auch keine Krone, so sandte er doch Reliquien. Zuerst und vermutlich zur Krönung: einen Speer des Hl. Mauritius;107 sodann und wahrscheinlich zur Erhebung des neuen Erzbistums: Reliquien St. Adalberts. Auf letztere verweist das Patrozinium des Domes.108 Angesichts der politischen Lage konnten sie weder direkt aus Gnesen noch gar aus Prag, wo bis zum Jahr 1038 überhaupt keine derartigen Reliquien ruhten, nach Gran gelangt sein. Vielmehr werden sie dem Kaiser verdankt, der von seiner Pilgerreise nach Gnesen einen Arm des Märtyrers mitgebracht hatte und regelmäßig Partikel an herausragende Kirchen verteilte. Er dürfte den für Esztergom bestimmten Teil im Jahr 1001 von Ravenna aus nach Ungarn gesandt haben; der 6. November als Tag der Translation könnte darauf verweisen. Ascherik könnte ihr Überbringer gewesen sein, bevor er dann – wie schon der andere Gefährte St. Adalberts, Radla – im Lande geblieben ist, wo er zuletzt zum Erzbischof von Gran aufstieg.109 Wie dem aber sei, keiner dieser Akte begründete in irgendeiner Weise kaiserliche Herrschaft über das neue Königreich; ebenso wenig wie die Vorbildlichkeit Aachens für Stephans Herrschersitz in Székesfehérvár (Stuhlweißenburg) oder der Einfluss kaiserlicher Notare (wie des Heribert C) auf das ungarische Urkundenwesen.110 Die Symbolik der Reliquiengaben drückte anderes aus: Zustimmung nämlich zu dem Geschehen, Kooperation und Freundschaft, wie es der Gallus Anonymus im Blick auf Polen festgehalten hat, Einbindung auch in die lateinische Christenheit, die römische Welt. Im Heiligenschein St. Adalberts vollzog sich die Neuordnung Europas um die Jahrtausendwende. Der Kaiser folgte den vom Martyrium gesegneten Wegen.

Für Otto aber besaß alles zugleich endzeitlichen Wert. Die Naherwartung des Jüngsten Tages blühte um die Jahrtausendwende auf, wie zahlreiche Zeugnisse erkennen lassen.111 Der Kaiser blieb nicht frei von ihr. Adalberts Martyrium, die Einbeziehung der fernsten Völkerschaften in die Christenheit mochten ihn darin bestärken. Auch davon scheint sich in Ungarn eine Spur erhalten zu haben112. Sah sich doch St. Adalbert, als er die iura sacrorum empfing, im Tympanon der „Porta speciosa”, von dem wir unseren Ausgang nahmen, in ein endzeitliches Programm eingebunden, und erinnerte das gesamte Tor mit seinem Figurenschmuck an die Propheten des Untergangs und des Heiles: PORTA PATET VITAE, SPONSUS VOCAT: INTRO VENITE.113

 

Abkürzungen

BU = J. F. BÖHMER, Regesta Imperii II. Sächsisches Haus: 919–1024. Dritte Abteilung: Die Regesten des Kaiserreiches unter Otto III. 980 (983)–1002, Nach Johann Friedrich BÖHMER neubearbeitet von Mathilde UHLIRZ, Graz/ Köln 1956.

BZ = J. F. BÖHMER, Regesta Imperii II. Sächsische Zeit. Fünfte Abteilung. Papstregesten 911–1024, bearb. von Harald ZIMMERMANN, 2Wien/ Köln/ Weimar 1998.

Europas Mitte = Europas Mitte um 1000. Beiträge zur Geschichte, Kunstbund Archäologie. Hrsg. v. Alfried WIECZOREK und Hans-Martin HINZ, 3 Bände. Stuttgart 2000.

MGH = Monumenta Germaniae Historica.

SS = Scriptores. Die Urkunden der deutschen Könige werden nach der Ausgabe der MGH in der üblichen Weise zitiert als D mit Namenssigle des Königs und Nr. der Edition.

 

Anmerkungen

1

Zu den Texten und dem Programm der „Porta speciosa” vgl. Ernő MAROSI, Esztergom zwischen Ost und West, in: Zbornik za likovne umĕtnosti 15 (1979), S. 51–69.; Isa RAGUSA, Porta patet vitae sponsus vocat intro venite and the Inscriptions of the Lost Portal of the Cathedral of Esztergom, in: Zeitschrift für Kunstgeschichte 43 (1980) S. 345–351.

2

Legenda Sancti Stephani regis maior et minor, atque legenda ab Hartvico episcopo conscripta. Praefata est, textum recensuit, annotationibus instruxit Emma BARTONIEK, in: Scriptores rerum Hungaricarum tempore ducum regumque stirpis Arpadianae gestarum II, ed. Emericus SZENTPÉTERY, Budapest 1938. (im Folgenden SS rer. Hung. II.), S. 363–392. (hier cc. 12. und 14. S. 387–390.); (Legenda maior), S. 393–400.; (Legenda minor), S. 401–440. (hier c. 22. S. 431.) (Hartwich). (Im Folgenden zitiert: Legenda maior, resp. minor und Hartwich je mit Kapitelangabe und S.-Zahl.) – Die Legenda minor und Hartwich sind ins Deutsche übersetzt und kommentiert von Gabriel SILAGI, in: Die heiligen Könige. Übersetzt, eingeleitet und erklärt von Thomas von BOGYAY, János BAK, Gabriel SILAGI (Ungarns Geschichtsschreiber 1), Graz/Wien/Köln 1976. Silagis Kommentar wurde ständig zu Rate gezogen, ohne dass dies im Folgenden einzeln vermerkt wird.

3

Zur frühen lateinischen Mission unter den Ungarn: D OI. 434; vgl. Egon BOSHOF, Die Regesten der Bischöfe von Passau I 731–1206, München 1992, Nr. 223; Arnold von St. Emmeram, De s. Emmerammo II,1 MGH SS 4 S. 556; Otloh von St. Emmeram, Vita s. Wolfgangi episcopi c. 13 MGH SS IV S. 530–531.; vgl. E. BOSHOF, Regesten, Nr. 221; gleichzeitige Salzburger Ansprüche in Ungarn verdeutlicht die Fälschung: Papsturkunden 896–1046., bearbeitet von Harald ZIMMERMANN, 2Wien 1988, Nr. 224. (Österreichische Akademie der Wissenschaften. Philosophisch.-Historische Klasse. Denkschriften 174.); vgl. E. BOSHOF, Regesten Nr. 230. – Dazu: György GYÖRFFY, Zu den Anfängen der ungarischen Kirchenorganisation auf Grund neuer quellenkritischer Ergebnisse, in: Archivum Historiae Pontificiae 7 (1969) S. 77–113.; DERS., Der Donauraum zwischen Bayern, Mähren und Ungarn im 10. Jahrhundert, in: Baiern, Ungarn und Slawen, redigiert von Willibald KATZINGER und Gerhart MARCKHGOTT, Linz 1991, S. 105–120. (Forschungen zur Geschichte der Städte und Märkte Österreichs 4.); vgl. jetzt (auch zur griechischen Mission) die Beiträge in: Europas Mitte 2, S. 600–651. – Die Diskussion um Pilgrims von Passau (971–991) Lorcher Fälschungen kann hier nicht aufgerollt werden: Die Texte noch immer bei Waldemar LEHR, Piligrim, Bischof von Passau, und die Lorcher Fälschungen, Diss. Berlin 1909.; dazu: BZ 120, 146, 217, 513–515 (jeweils mit den jüngsten Druckorten); Franz-Reiner ERKENS, Die Rezeption der Lorcher Tradition im hohen Mittelalter, in: Ostbairische Grenzmarken 28 (1986) S. 195–206.; DERS., Die Ursprünge der Lorcher Tradition im Lichte archäologischer, historiographischer und urkundlicher Zeugnisse, in: Das Christentum im bairischen Raum. Von den Anfängen bis ins 11. Jahrhundert, hrsg. von Egon BOSHOF und Hartmut WOLFF, Köln/Weimar/Wien 1994. S. 423–459.; Egon BOSHOF, Das Schreiben der bayerischen Bischöfe an einen Papst Johannes – eine Fälschung Pilgrims?, in: Papstgeschichte und Landesgeschichte. Festschrift für Hermann Jakobs zum 65. Geburtstag, Köln/Weimar/Wien 1995, S. 37–67. (Beihefte zum Archiv für Kulturgeschichte 39.); dagegen: Dušan TŘEŠTIK, Großmähren, Passau und die Ungarn um das Jahr 900. Zu den neuen Zweifeln an der Authentizität des Briefes der bayerischen Bischöfe an Papst Johann IX. aus dem Jahr 900, in: Byzantinoslavica 59 (1998) S. 137–160.; Fritz LOŠEK, Die Conversio Bagoariorum et Carantanorum und der Brief des Erzbischofs Theotmar von Salzburg, Hannover 1997, S. 73–87. (MGH Studien und Texte 15.)

4

Zu Adalbert und Ungarn: vgl. die Literatur in der vorigen Anm. Dazu: Thomas von BOGYAY, Adalbert von Prag und die Ungarn – ein Problem der Quelleninterpretation, in: Ungarn-Jahrbuch 7 (1976) S. 9–36.; Arnold ANGENENDT, Kaiserherrschaft und Königstaufe. Kaiser, Könige und Päpste als geistliche Patrone in der abendländischen Missionsgeschichte, Berlin/New York 1984, S. 305–310. (Arbeiten zur Frühmittelalterforschung 15.); zurückhaltend im Hinblick auf Adalberts Rolle bei der Missionierung Ungarns: György GYÖRFFY, König Stephan der Heilige, Budapest 1988, S. 94–95.; Pius ENGELBERT, Rodulfus Glaber und die Ungarn, in: Unum omnes in Christo – In unitatis servitio. Miscellanea Gerardo J. Békés OSB octogenario dedicata, Directione András SZENNAY OSB curavit Ádám SOMORJAI 1, Pannonhalma 1995, S. 473–488., hier S. 480.; DERS., Adalbert von Prag zwischen Bischofsideal, Politik und Mönchtum, in: Römische Quartalschrift 92 (1997) S. 18–44., hier S. 34–35.; Gerard LABUDA, Der „Akt von Gnesen” vom Jahre 1000. Bericht über die Forschungsvorhaben und -ergebnisse, in: Quaestiones Medii Aevi Novae 5 (2000) S. 145–188., hier S. 158–159.

5

S. Adalberti Pragensis episcopi et martyris Vita prior, ed. Hedvigis KARWASIŃSKA, Warszawa 1962, (zit. Vita prior) (Monumenta Poloniae Historica. Series Nova 4,1.) (im Folgenden: MPH SN); S. Adalberti Pragensis episcopi et martyris Vita altera auctore Brunone Querfurtensi, ed. Hedvigis KARWASIŃSKA, Warszawa 1969, (zit. Brun, Vita altera red. longior und red. brevior), hier c. 16. S. 19. (red. longior) und S. 56 (red. brevior) sowie c. 23. (nur red. brevior) S. 61. (MPH SN 4,2.)

6

Im Proprium sanctorum des Sakramentarteiles des Codex, auf f. 73r, Adalberti ep. et mart.; vgl. A Magyar Nemzeti Múzeum Országos Széchényi Könyvtárának. Codices Manuscripti Latini. Vol. 1 Codices Latini Medii Aevi., rec. Emma BARTONIEK, Budapest 1940, Mny. 1, S. 1–5., hier S. 4; Libri Liturgici Manuscripti Bibliothecarum Hungariae et Limitropharum Regionum, quos rec. D. Polycarpus RADÓ OSB. Primae partis editio revisa et aucta cui et toti operi adlaboravit Ladislaus MEZEY, Budapest 1973, Nr. 2 S. 40–76., hier S. 51 Adalberti translacio (im Cisiojanus zum 6. November, aus dem 1. Drittel des 13. Jahrhunderts). Auch die Annales Posonienses, die in demselben Codex überliefert sind, beginnen mit dem Hinweis auf Adalberts Martyrium: Anno ab incarnatione Domini dcccc xcvii Adalbertus episcopus martirizatus est., in: SS rer. Hung. I S. 125. – Für freundschaftliche Hilfe bei der Literaturbeschaffung danke ich herzlich János BAK, Budapest.–Die Translationen in Gnesen, Prag und andernorts fanden an anderen Tagen statt, vgl. Hermann GROTEFEND, Zeitrechnung des deutschen Mittelalters und der Neuzeit, Hannover/Leipzig 1891–1898.

7

Vgl. György SZÉKELY, Gemeinsame Züge der ungarischen und der polnischen Kirchengeschichte des XI. Jahrhunderts, in: Annales Universitatis Scientiarum Budapestiensis de Rolando Eötvös nominatae. Sectio Historica 4 (1962), S. 55–80.; György GYÖRFFY, Polnisch-ungarische Beziehungen zur Zeit der Formierung beider Staaten, in: Südostforschungen 47 (1988) S. 1–16.

8

Johannes FRIED, Otto III. und Bolesław Chrobry. Das Widmungsbild des Aachener Evangeliars, der „Akt von Gnesen” und das frühe polnische und ungarische Königtum, Stuttgart 2002 (Frankfurter Historische Abhandlungen 30.); DERS., Der Weg in die Geschichte. Die Ursprünge Deutschlands bis 1024, Berlin 1994 (Propyläen Geschichte Deutschlands 1.) (Taschenbuchausgabe Berlin 1998); DERS, Der hl. Adalbert und Gnesen, in: Archiv für mittelrheinische Kirchengeschichte 50 (1998) S. 41–70.; DERS., Gnesen, Aachen, Rom. Otto III. und der Kult des hl. Adalbert, in: Polen und Deutschland vor 1000 Jahren. Deutsch-Polnisches Kolloquium zum Millennium des Aktes von Gnesen’, hrsg. von Michael BORGOLTE, – Die einstweilen jüngste Ablehnung meiner Hypothesen: G. LABUDA, Der „Akt von Gnesen” (wie oben Anm. 4.); dazu vgl. unten bes. Anm. 40–43. und 95.

9

Dies wird regelmäßig übersehen, z. B. von P. ENGELBERT, Adalbert von Prag (wie oben Anm. 4), S. 18–9 Anm. 3. Der Quellenmangel „verlockt” nicht „leicht zu luftigen Konstruktionen”, sondern macht sie unausweichlich – für Pater Engelbert ebenso wie für J. Fried und andere.

10

Vgl. Johannes FRIED, Erinnerung und Vergessen. Die Gegenwart stiftet die Einheit der Vergangenheit, in: Historische Zeitschrift 272 (2001)

11

Jüngstes Beispiel: Gerd ALTHOFF, Geschichtsschreibung in einer oralen Gesellschaft. Das Beispiel des 10. Jahrhunderts, in: Ottonische Neuanfänge. Symposion zur Ausstellung „Otto der Grosse, Magdeburg und Europa”, hrsg. von Bernd SCHNEIDMÜLLER und Stefan WEINFURTER, Mainz 2001, S. 150–169. – Der Autor unterstellt mir, das Interesse der „Mächtigen” nicht einkalkuliert zu haben. Das Gegenteil ist der Fall, wie jede unvoreingenommene Lektüre meines fraglichen Aufsatzes zeigt: Johannes FRIED, Die Königserhebung Heinrichs I. Erinnerung, Mündlichkeit und Traditionsbildung im 10. Jahrhundert, in: Mittelalterforschung nach der Wende 1989, Hrsg. von Michael BORGOLTE, München 1995, S. 267–318.; vgl. z.B. S. 276–277. und passim. (Historische Zeitschrift Beiheft 20.) – Althoff freilich verabsolutiert einen einzigen Veränderungsfaktor, eben den Willen der Mächtigen, den er zugleich zu einem Stabilisator der Erinnerung erklärt. Er übersieht dabei, dass gerade Interesse einer der stärksten Verformungsfaktoren ist und kein Wille ohne spezielle Erinnerungsstabilisatoren den Bedingungen des Gedächtnisses entkommt. Auch die „argumentative Dimension der Historiographie”, auf die Althoff weiter abhebt, unterliegt der Erinnerung der Informanten und der Geschichtsschreiber, ja sogar der intendierten Empfänger. Eine erinnerungsfreie Argumentation ist schlechthin unmöglich.

12

Dazu J. FRIED, Gnesen, Aachen, Rom (wie oben Anm. 8.)

13

Vita prior (wie oben Anm. 5.)

14

So schon J. FRIED, Otto III. und Bolesław Chrobry (wie oben Anm. 8).

15

Zu Gisela: M. Birgit HIELSCHER, Gisela, Königin von Ungarn und Äbtissin von Passau-Niedernburg, in: Ostbairische Grenzmarken 10 (1968) S. 265–289.; László VESZPRÉMY, Königin Gisela von Ungarn, in: Europas Mitte 2, S. 608–612.

16

Zur Familie vgl. Winfrid GLOCKER, Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Studien zur Familienpolitik und zur Genealogie des sächsischen Kaiserhauses, Köln/Wien 1989. (Dissertationen zur mittelalterlichen Geschichte 5.)

17

Vgl. BZ 1236–1246e. – Zur Geschichte Ottos III. verweise ich hier lediglich auf Mathilde UHLIRZ, Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Otto II. und Otto III. Zweiter Band: Otto III. 983–1002, Berlin 1954, sowie Ekkehard EICKHOFF, Kaiser Otto III. Die erste Jahrtausendwende und die Entfaltung Europas, Stuttgart 1999.

18

Zu Bernward grundlegend jetzt die Beiträge im Katalog „Bernward von Hildesheim und das Zeitalter der Ottonen” Hildesheim 1993., hg. von Michael BRANDT und Arne EGGEBRECHT. Wissenschaftliche Beratung Hans Jakob SCHUFFELS, 2 Bände, Hildesheim und Mainz 1993.

19

Die Biographie von Godefroid KURTH, Notger de Liège et la civilisation au 10e siècle, Vol. I–II., Paris 1905, ist überholt; eine moderne Biographie stellt ein dringendes Desiderat dar. Zur Schule: Christine RENARDY, Les écoles liégoises du IXe au XIIe siècle: grandes lignes de leur évolution, in: Revue Belge de philologie et d’histoire 57 (1979) S. 309–328.; DIES., Le monde des małtres universitaires du Diocèse de Liège, Lüttich 1979, (Bibliotheque de la Faculté de Philosophie et Lettres de l’Université de Liège 227.) – Allgemein zu Lüttich: Jean-Louis KUPPER, Liège et l’Eglise impériale. XIe–XIIe siècles, Paris 1981. (Bibliothèque de la Faculté de Philosophie et Lettres de l’Université de Liège 228.)

20

Heribert MÜLLER, Heribert, Kanzler Ottos III. und Erzbischof von Köln, Köln 1977. (Veröffentlichungen des Kölnischen Geschichtsvereins 33.); DERS., Heribert, Kanzler Ottos III. und Erzbischof von Köln, in: Rheinische Vierteljahrsblätter 60 (1996) S. 16–64.; DERS., Erzbischof Heribert von Köln und der „Osten”, in: Europas Mitte 2, S. 774–781.

21

Die Genannten sind als Intervenienten bzw als Kanzler tätig in DO III. 255 vom 1. Oktober 997 für Mantua. (Original.)

22

BU 1218e, 1226b und 1240.

23

Das griechische Element bezweifelte: Jean-Marie SANSTERRE, Le monachisme byzantin à Rome, in: Bisanzio, Roma e l’Italia nell’Alto Medioevo 2, Settimane [...] Spoleto 34 (1988) S. 701–746., hier S. 713. Anm. 28.; dem hat widersprochen: Ekkehard EICKHOFF, Basilianer und Ottonen, in: Historisches Jahrbuch 114 (1994) S. 10–46, hier S. 31–32. mit Anm. 65. – Ich selbst halte die Argumente von Sansterre nicht für zwingend und bleibe für die Zeit um 1000 mit Eickhoff bei der Gegenwart beider Observanzen in SS Bonifacio ed Alessio.

24

BU 1238a. – Mathilde UHLIRZ möchte die Information durch Benedikt nach Aachen gelangt sein lassen. Allein, Gaudentius war römischer Mönch; von Benedikt ist derartiges nicht bekannt. Er hatte ohne seinen Bruder und nach dem Zusammenbruch der Missionsabsicht Adalberts außerhalb des Klosters und am Hofe des Bolesław Chrobry nichts zu suchen. Doch war er Augenzeuge des Martyriums und dem Kaiser so vertraut wie Adalbert selbst. So sehe ich in ihm den Hauptinformanten des Kaisers. Für die Behauptung von Knut GÖRICH, Ein Erzbistum in Prag oder in Gnesen?, in: Zeitschrift für Ostforschung 40 (1991) S. 10–27., hier S. 12–13., dass Otto den Gaudentius „frühestens 998, vielleicht auch erst 999 in Rom” wieder getroffen habe, gibt es nicht den Hauch eines Beleges. Vgl. J. FRIED, Gnesen, Aachen, Rom (wie oben Anm. 8.), Anm. 72.

25

Vgl. Vita prior (wie oben Anm. 5.) c. 22 S. 34,13.: dulce monasterium.

26

Zum Zusammenhang vgl. J. FRIED, Otto III. und Boleslaw Chrobry (wie oben Anm. 8.), S. 14–20., und 86. – Ottos Schuld deduziere ich aus dem Charakter einer Bußwallfahrt, den die Gnesenreise besaß; vgl. die folgende Anm.

27

Den Charakter der Bußwallfahrt heben hervor: Die Chronik des Bischofs Thietmar von Merseburg und ihre Korveier Überarbeitung IV, 45, hrsg. von Robert HOLTZMANN, (MGH SS rer. Germ. NS [9]), S. 182.: nudis pedibus suppliciter advenit; Translatio sancti Adalberti, (MGH SS XV, 2) S. 708,33.: imperator (...) reverenter ac suppliciter, devotus ac festinus occurit; vor allem: Galli Anonymi Cronicae et gesta ducum sive principum Polonorum, ed. Carolus MALECZYŃSKI, Kraków 1952, (MPH NS 2.) – hier I,6 S. 18, 3–4.: orationis ac reconciliationis gratia.

28

Thietmar, Chron. (wie oben Anm. 27.) IV,28, S. 165–167.; vgl. dazu J. FRIED, Gnesen, Aachen, Rom (wie oben Anm. 8.), Anm. 69.

29

So ist gegenüber der heute verbreiteten Ansicht (vgl. statt aller: M. UHLIRZ, Jahrbücher Otto III., wie oben Anm. 17., S. 311., sowie BU 1323a) einer förmlichen Kanonisation im Jahr 999 durch Gregor V. festzuhalten. Ein derartiges Verfahren kam erst allmählich seit dem ausgehenden 11. Jahrhundert auf und wurde erst seit dem 12. Jahrhundert ein päpstliches Reservatrecht. Vgl. noch Stephan KUTTNER, La réserve papale du droit de canonisation, in: Revue d’histoire du droit français et étranger 17 (1938) 172–228.; Renate KLAUSER, Zur Entwicklung des Heiligsprechungsverfahrens bis zum 13. Jahrhundert, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte. Kan. Abteilung 40 (1954) S. 85–101.; Jürgen PETERSOHN, Die päpstliche Kanonisationsdelegation des 11. und 12. Jahrhunderts und die Heiligsprechung Karls des Großen, in: Proceedings of the Fourth Internat. Congress of Medieval Canon Law, Città del Vaticano 1976, S. 163–206. (Monumenta Iuris Canonici. Ser. C: Subsidia. Vol. 5.) – Zur Zeit Ottos III. genügte noch die Entscheidung des Ortsbischofs, mitunter auch einer Provinzialsynode.

30

Vgl. Vita prior (wie Anm. 5.) c. 22. S. 34.,13–14., von Brun von Querfurt nicht wiederholt.

31

BU 1239. Dazu: Ludwig FALKENSTEIN, Otto III. und Aachen, München 1998, S. 119–124. (MGH Studien und Texte 22.)

32

Vgl. J. FRIED, Gnesen, Aachen, Rom (wie oben Anm. 8)

33

Vgl. Tesesa DUNIN–WĄSOWICZ, Le culte de Saint Adalbert vers l’an 1000 et la fondation de l’église Saint-Adalbert a Liège, in: La collégiale Saint-Jean de Liège. Mille ans d’art et d’histoire, Liège 1981, S. 35–37.

34

Zum Schutzgedanken vgl. Brun von Querfurt, Epistola ad regem Heinricum II., (wie oben Anm. 5) S. 103., 4. (MPH SN 4,2.)

35

Karl Josef BENZ, Untersuchungen zur politischen Bedeutung der Kirchweihe unter Anteilnahme der deutschen Herrscher im hohen Mittelalter. Ein Beitrag zum Studium des Verhältnisses zwischen weltlicher Macht und kirchlicher Wirklichkeit unter Otto III. und Heinrich II., Kallmünz OPf. 1975, S. 122–124. (Regensburger Historische Abhandlungen 4.); die Dedicatio: MGH SS XVII S. 635–636.

36

Wolfgang H. FRITZE, Brun von Querfurt, in: Theologische Realenzyklopädie 7, Berlin/New York 1980, S. 232–6.

37

Vgl. unten Anm. 57

38

Vgl. unten Anm. 57 (Meißen) und J. FRIED, Otto III. und Boleslaw Chrobry, (wie oben Anm. 8.) S. 89. (Dagome iudex). Die Deutung durch G. LABUDA: Schutzunterstellung gegen Bolesław Chrobry wie oben Anm.), zuletzt DERS., Der „Akt von Gnesen” (wie oben Anm. 4), S. 156–157., scheitert daran, dass es um die Jahrtausendwende noch keinen päpstlichen Bannschutz gab.

39

So die einzige urkundliche Nennung des ersten dieser Erzbischöfe, Gaudentius: D OIII. 339 vom 2. Dezember 999, Rom.

40

Annales Hildesheimenses zum Jahr 1000, ed. Georg WAITZ, Hannover 1878, S. 27–8. (MGH SS rer. Germ. 8.) Meiner Interpretation (J. FRIED, Otto III. und Bolesław Chrobry, [wie oben Anm. 8.] S. 92–98. und S. 172–173.) hat zuletzt zugestimmt: Herwig WOLFRAM, Reichsbildungen, Kirchengründungen und das Entstehen neuer Völker, in: Europas Mitte um 1000, S. 342–353. (hier S. 348.) und zuletzt widersprochen G. LABUDA, Der „Akt von Gnesen” (wie oben Anm. 4.), S. 166–168. Gegen Labuda (und auch gegen K. GÖRICH, Ein Erzbistum in Prag oder in Gnesen?, [wie oben Anm. 24., passim]) ist festzuhalten: Der in den verlorenen Annalen anzutreffende Hinweis auf „Prag” beschert eine zeitgleiche und damit gewichtige Quelle für diese Ortsangabe, die nach Deutung verlangt. Ich sehe nicht, was gegen meinen Lösungsvorschlag spricht: die „Maiores” überliefern einen Planungsstand, der von der Wirklichkeit überholt wurde. Vgl. J. FRIED, Gnesen, Aachen, Rom (wie oben Anm. 8), Exkurs.

41

Die Chronik der Böhmen des Cosmas von Prag, I, 34, Hrsg. von Bertold BRETHOLZ

unter Mitarbeit von Wilhelm WEINBERGER, Berlin 1924. S. 60, 10–12. (Cosmae Pragensis Chronica Boemorum. MGH SS rer. Germ. NS 2.); vgl. J. FRIED, Gnesen, Aachen, Rom (wie oben Anm. 8.), Exkurs.

42

Vgl. zum Datum auch D OIII. 339 (wie oben Anm. 39). Zur Bitte des Herzogs: Annales Hildesheimenses zum Jahr 1000, ed. Georg WAITZ, Hannover 1878. S. 28. (MGH SS rer. Germ. 8.)

43

Zur Gleichzeitigkeit des Informanten, (vgl. oben Anm. 21.) Nach der scharfsichtigen Beobachtung von TRADELIUS, Die größeren Hildesheimer Jahrbücher, S. 44–47. arbeitete der Annalist mit gleichzeitig zu den Ereignissen aufgeschriebenen Notizen, die er später zu den Annalen zusammenstellte.

44

Vgl. J. FRIED, Gnesen, Aachen, Rom (wie oben Anm. 8), mit Anm. 76.; 1001: BU 133a und 1396 c-e; vgl. auch BZ 926–9.

45

Mit dieser Darstellung entzerre ich zeitlich den Handlungsablauf, wie ich ihn dicht gedrängt in: Otto III. und Bolesław Chrobry (wie oben Anm. 8.), S. 92–98. dargestellt habe.

46

Vgl. jetzt Dušan TŘEŠTIK, The Baptism of the Czech Princes in 845 and the Christianisation of the Slavs, in: Historica 32 (1995) S. 7–59.; DERS., Die Gründung des Prager und des mährischen Bistums, in: Europas Mitte 1, S. 407–410.

47

Die Passio Wenzels aus der Feder des Gumpold von Mantua wurde auf Befehl Ottos II. verfasst: MGH SS IV S. 213–223.; hier Prol. S. 213, 31–32.

48

Die Sachsengeschichte des Widukind von Korvei (Widukindi monachi Corbeiensis Rerum gestarum Saxonicarum libri III) I,18., Hrsg. von Paul HIRSCH und Hans-Eberhard LOHMANN, Hannover 1935, S. 28. (MGH SS rer. Germ 60.)

49

J. FRIED, Der hl. Adalbert und Gnesen (wie oben Anm. 8.), passim.

50

Robert L. BENSON, Provincia = Regnum, in: Prédication et propagande au Moyen Age. Islam, Byzance, Occident., ed. George MAKDISI, Dominique SOURDEL et Janine SOURDEL-THOMINE, Paris 1983, S. 41–69. (Penn-Paris-Dumbarton Oaks Colloquia 3.)

51

Aleksander GIEYSZTOR, L’Europe nouvelle autour de l’an Mil. La papauté, l’empire et les «nouveaux venus» con una prefazione di Krysztof Zaboklicki, un’introduzione di Girolamo Arnaldi e una bio-bibliografia dell’autore, Roma 1997. (Unione internazionale degli Istituti di Archeologia Storia e Storia dell’Arte in Roma, Conferenze 13.)

52

Szabolcs de VAYAY, Großfürst Geysa von Ungarn. Familie und Verwandtschaft, in: Südostforschungen 21 (1962) S. 45–101.

53

Beides in der Fundatio ecclesiae Sancti Albani Namucensis aus der Zeit um etwa 1063/64, ed. Harry BRESSLAU, in: Neues Archiv 8 (1883) S. 589–598.

54

Nach Wolfgang HUSCHNER, mündlich, gehörte er jahrelang zum „Kanzlei-Personal” Ottos III.

55

Zu Rodulfus: P. ENGELBERT, Rodulfus Glaber (wie oben Anm. 4), passim. – Adémar de Chabannes, Chronique III,31 (C-Fassung), publiée par Jules CHAVANON (Collection de textes), Paris 1897, S. 152–154.; die Ausgabe; dazu J. FRIED, Otto III. und Boleslaw Chrobry (wie oben Anm. 8.), S. 178–179.

56

Thietmar, Chron. (wie oben Anm. 27.), IV,45. S. 184. und IV,59. S. 198.

57

Gallus Anonymus, Chron. (wie oben Anm. 27.) I,6. S. 16–21. Dazu J. FRIED, Gnesen, Aachen, Rom (wie oben Anm. 8.)

58

Wie die vorige Anm.

59

J. FRIED, Der hl. Adalbert und Gnesen (wie oben Anm. 8.), S. 44–51. – Den Beleg aus

der Vita prior des hl. Adalbert datiere ich heute mit dieser Vita in die Zeit nach der Jahrtausendwende, vgl. J. FRIED, Gnesen, Aachen, Rom (wie oben Anm. 8.)

60

Eine erschöpfende Monographie zu Adalbert von Prag fehlt; als Gesamtdarstellung ist immer noch auf H. G. VOIGT, Adalbert von Prag. Ein Beitrag zur Geschichte der Kirche und des Mönchtums im 10. Jahrhundert, Berlin 1898, zurückzugreifen. Sehr gute neuere Orientierungshilfe bietet EICKHOFF, Kaiser Otto III. (wie oben Anm. 17.), S. 39–49. und 95–112.

61

Zur Beurteilung der Slavnikiden vgl. Jiří SLÁMA, Die Přemysliden und die Slavnikiden, in: Europas Mitte 1, S. 441–443.; dazu die unten Anm. 69. genannte Literatur.

62

Vgl. Vita prior (wie oben Anm. 5.) c.13. S. 19.

63

Zur kirchenrechtlichen Seite des Adalbert-Falles vgl. Ernst-Dieter HEHL, Gemeinsame Rechts- und Kirchenrechtsvorstellungen, in: Europas Mitte 2, S. 853–856.

64

Vgl. Vita prior (wie oben Anm. 5) c. 22. S. 34,4–5.

65

Anders P. ENGELBERT, Adalbert von Prag (wie oben Anm. 4.), S. 38: „Entgegen einer landläufigen Meinung hatte Adalbert eigentlich nie vor, Missionar zu werden.” – Woher weiß Engelbert das? Von Adalbert ist keine einzige autobiographische Zeile überliefert.

66

Brun von Querfurt, Vita red. brevior (wie oben Anm. 5.), S. 61,24–25.

67

Cosmas von Prag, Chronica Boemorum II,37. (wie oben Anm. 41.), S. 134–140. mit Insert eines umstrittenen (vermutlich diplomatisch echten) Diploms Kaiser Heinrichs IV. (DH IV. 390.). Jüngste Abbildung des Diploms: Europas Mitte, Katalog, S. 282. Nr. 11.01.15. Doch geht die Grenzbeschreibung nach Cosmas auf Adalberts Zeit zurück und passt tatsächlich einzig in dessen Zeit. Zwar nennt das Diplom Otto I.; doch dies ist eine Verwechslung mit Otto II. Als Zeitstellung der Grenzbeschreibung, die ja auch bloßer Anspruch gewesen sein kann, ergibt sich so widerspruchsfrei das Jahr der Investitur Adalberts: 983 oder bald danach. Was Walter SCHLESINGER dagegen ausgeführt hat, registriert lediglich die Unmöglichkeit der Integration des mährischen Bistums um 973/76 in die Prager Diözese. Doch unter Adalbert, soweit erkennbar schon bald nach seiner Investitur, gehörte – von Schlesinger nicht beachtet – Mähren zu Prag. Die uneinheitliche Grenzbeschreibung, deren Abschnitte sich nicht ausschließen, sondern ergänzen, kann kein Datierungsargument darstellen. Die angegebene Südgrenze gegen die Ungarn ist keineswegs ausgeschlossen, wenn, wie es für die hier anstehenden Kirchenrechtsfragen zu erwarten ist, frühere mährische Verhältnisse in Rechnung gestellt werden. Vgl. Walter SCHLESINGER, Helmut BEUMANN, Urkundenstudien zur deutschen Ostpolitik unter Otto III., in: Archiv für Diplomatik 1 (1955) S. 132–256. (hier S. 153–158.); dazu H. BEUMANN ebd. S. 236–243.; wieder in W. SCHLESINGER, Mitteldeutsche Beiträge zur deutschen Verfassungsgeschichte des Mittelalters, Göttingen 1961, S. 306–412. Ich zitiere ob ihrer besseren Redaktion die Originalausgabe, die Nachträge S. 479–483. berühren allein das DO III. 186 für Meißen von 995. Dieses Diplom kann in keiner Weise als Argument gegen die Altersbestimmung der Grenzbeschreibung des D HIV. 390. angeführt werden, da es offenbar bereits auf die Eroberung Schlesiens durch die Piasten um 989 reagierte. – Vgl. Dušan TŘEŠTIK, Die Gründung des Prager und des mährischen Bistums, (wie oben Anm. 46.) S. 407–410. (hier S. 409–410.)

68

Ademar von Chabannes, Chron. III, 31 (C-Fassung) (wie oben Anm. 55.), S. 152–153.

69

Josef ŽEMLIČKA, Das „Reich” des böhmischen Boleslavs und die Krise an der Jahrtausendwende. Zur Charakteristik der frühen Staaten in Mitteleuropa, in: Archeologické rozhledy 47 (1995) S. 267–278.; Dušan TŘEŠTIK, Von Svatopluk zu Bolesław Chrobry. Entstehung Mitteleuropas aus der Kraft des Tatsächlichen und aus einer Idee. (Unveröffentlichtes Manuskript. 1999.)

70

Vita prior (wie oben Anm. 5.) c. 14. S. 20.

71

Vgl. FRIED, Otto III. und Bolesław Chrobry (wie oben Anm. 8.), S. 15. und S. 89.

72

Zur byzantinischen Mission und griechischem Mönchtum in Ungarn vgl. zusammenfassend noch immer: Gyula MORAVCSIK, Byzantium and the Magyars, Budapest 1970, bes. S. 102–119. und 141–143.

73

Vgl. oben Anm. 1. Vgl. dazu die oben in Anm. 69. zitierten Artikel von J. ŽEMLIČKA, Das „Reich” des böhmischen Boleslavs, und D. TŘEŠTIK, Von Svatopluk zu Boleslav Chrobry.

74

Vgl. Heribert MÜLLER, Erzbischof Heribert von Köln und der „Osten”, in: Europas Mitte, 2 S. 774–781.

75

Vgl. D O III. 186.; dazu noch immer grundlegend SCHLESINGER, BEUMANN, Urkundenstudien (wie oben Anm. 67.), passim; zuletzt EICKHOFF, Kaiser Otto III., S. 106–107., doch sollte das inde deorsum der Urkunde nicht auf den Gebirgskamm, sondern wie üblich auf den Lauf der Elbe abwärts bezogen werden. Damit bleibt die Grenzbestimmung, wie sie schon Schlesinger und Beumann deuteten. Zur Sache vgl. Jürgen PETERSOHN, Kaiser Otto III. und die Kirchenorganisation unter den Slawen an Ostsee, Oder und Elbe. Mecklenburgzug – Meißenprivileg Errichtung des Pommernbistums, vorläufig: Vortrag Konstanzer Arbeitskreis, Sektion Hessen, am 13. 1. 2001.

76

Vgl. von BOGYAY, Adalbert von Prag und die Ungarn (wie oben Anm. 4.), S. 29.

77

Thietmar, Chron. IV,58. (wie oben Anm. 27.) S. 198. Zum Zusammenhang vgl. Gy. GYÖRFFY, Polnisch-ungarische Beziehungen (wie oben Anm. 7.), bes. S. 5.

78

Legenda maior c. 5. (wie oben Anm. 2.) S. 380, 24–28.; zur Deutung vgl. SILAGI (wie oben Anm. 2.) S. 167. Anm. 7.

79

So möchte – hier stellvertretend für viele genannt – auch Géza ÉRSZEGI, Die Christianisierung Ungarns anhand der Quellen, in: Europas Mitte 2, S. 600–607. (hier S. 606) Stephan von Adalbert erst gefirmt und nicht schon getauft wissen.

80

Legenda maior c.5. (wie oben Anm. 2.) S. 381,6–14: [...] postquam primum gradum adolescentie transcendit [...] pater suus [...] filium suum Stephanum post se regnaturum populo prefecit. [...] Post hec plenus dierum anno dominice incarnationis dcccc xc vii seculi nequam erumpnas celesti mutavit gaudio, et eodem anno beatus Adalpertus episcopus causa predicandi verbum dei Pruziam ingressus est et ibidem cum palma martyrii coronatus est.

81

Diplomata Hungariae antiquissima. Accedunt epistolae et acta ad historiam Hungariae pertinentia. I. Ab anno 1000 usque ad annum 1131, ed. Georgius GYÖRFFY, Budapest 1992, S. 39–41. Nr. 5/II. Die Urkunde hat im 12. Jahrhundert eine Überarbeitung erfahren; der Hinweis auf das Alter gilt für interpoliert.

82

Auch die Legenda minor c. 2. kolportierte: Stephanus adhuc puer (...) in regni solium laudabiliter provectus: SS rer. Hung. II, S. 394, 24–26.; G. ÉRSZEGI, Die Christianisierung Ungarns (wie oben Anm. 79.), S. 604. möchte den Passus der Urkunde für Pannonhalma auf eine Einmischung Gézas in den ottonischen Machtkampf beziehen. Doch verwehrt der klare Wortlaut der Urkunde diese Deutung: Singulare namque suffragium quod per merita beati Martini in puericia mea expertus sum memoriae posterum tradere curavi. Ingruente namque bellorum tempestate, qua inter Theotonicos et Ungaros seditio maxima excreverat, precipueque cum civilis belli ruina urgerer, volente comitatu quodam nomine Sumigiense patria me sede repellere [...]. Der König erinnert sich an ein einziges Geschehen und dieses ist als „Bürgerkrieg” gekennzeichnet, der ihn selbst hart zusetzte (urgerer). Die „Deutschen” von denen Stephan hier spricht, sind die Begleiter Giselas. – Vgl. György GYÖRFFY, Der Aufstand des Koppány, in: Studia Turcica, Budapest 1971, S. 175–211.

 83

c. 4. S. 380.

 84

Zu Großmähren: Die Vorstellungen von Imre BOBA sowie von Charles R. BOWLUS, Die geographische Lage des mährischen Reiches anhand fränkischer Quellen, in: Bohemia 28 (1987) S. 1–24.; vgl. auch DERS., Imre Bobas’s Reconsiderations of Moravia’s Early History and Arnulf of Carinthia’s Ostpolitik (887–892), in: Speculum 62 (1987) S. 552–574. hat widerlegt Herwig WOLFRAM, Salzburg, Bayern, Österreich. Die Conversio Bagoariorum et Carantanorum und die Quellen ihrer Zeit, Wien/München 1995, hier S. 87–100. (Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichte. Ergänzungsband 31.)

 85

Man rechnet mit einer Taufe Gézas im Zusammenhang mit seinem Besuch am Hof Ottos I. im Jahr 973, vgl. die oben Anm. 3 angeführte Literatur; Taufe durch einen Bischof Brun könnte nahelegen: Ademar von Chabannes, Chron. (wie oben Anm. 55.) c. 31. (C-Fassung) S. 153. (Verwechslung von Géza mit Stephan); zu Sarolt vgl. Brun von Querfurt, Vita altera, red. brevior c. 23. (wie oben Anm. 5.), S. 61.

 86

Vita altera c. 16. (wie oben Anm. 5.), S. 19.

 87

So auch noch G. ÉRSZEGI, Die Christianisierung Ungarns (wie oben Anm. 79.), S. 606.

 88

Brun von Querfurt, Vita altera, red. brevior c. 23. (wie oben Anm. 5.) S. 61.

 89

Thietmar, Chron. VIII,5. S. 498.: supra modum bibebat et in equo more militis iter agens quondam virum iracundiae nimio fervore occidit. Manus haec polputa fusum melius tangeret et mentem vesanam pacientia refrenaret.

 90

Vita altera, red. brevior c. 23. (wie oben Anm. 5.) S. 61.

 91

BU 1027a. Vgl. schon BU 962f (zu 984/85) und 979a (zu 985/87). Vgl. M. UHLIRZ, Jahrbücher Otto III. (wie oben Anm. 24.), S. 473.

 92

Vgl. die ältere Legende c. 7. (wie oben Anm. 2.) S. 382–384.

 93

Die Anzahl der sieben Bistümer begegnet erstmals in den Fälschungen Pilgrims von Passau, vgl. W. LEHR, Pilgrim (wie oben Anm. 3.), Nr. II. S. 32 (angeblich Eugen II. für Urolf von Passau).

 94

Unüberholt ist der Text bei Josef PEKAŘ, Die Wenzels- und Ludmilla-Legenden und die Echtheit Christians, Prag 1906, S. 88–125. (hier c. 1–3. S. 89–96.); jüngste Edition: Legenda Christiani Vita et passio s. Wenceslai et sancte Ludmile ave eius, ed., in linguam Bohemicam vertit, commentariis auxit Jaroslav LUDVÍKOVSKŸ, Prag 1978, (hier S. 12–32.)

 95

G. LABUDA, Der „Akt von Gnesen” (wie oben Anm. 4.), S. 153. glaubt, mit der Ersetzung von Prag durch Gnesen und dem Austausch des böhmischen Boleslaw durch den polnischen Bolesław (dazu oben Anm. 40.) im Wortlaut der Hildesheimer Annalen sei diesen „ihr ursprünglicher, wirklichkeitsnaher Wortlaut zurückgegeben”. Dies wäre eine Manipulation am Text, der ich nicht folgen kann. Vgl. J. FRIED, Gnesen, Aachen, Rom (wie oben Anm. 8.), Exkurs.

 96

Vgl. J. FRIED, Otto III. und Boleslaw Chrobry (wie oben Anm. 8.).

 97

Noch nicht die Legenda maior c. 8–9. (wie oben Anm. 2.) S. 383–384, dann aber Hartwich c. 9. (wie oben Anm. 2.) S. 412–414.

 98

Zutreffend hat schon Péter VÁCZY, Thietmar von Merseburg über die ungarische Königskrönung, in: Insignia Regni Hungariae 1. Studien zur Machtsymbolik des mittelalterlichen Ungarn, Budapest 1983, S. 29–53. (hier S. 34.) Thietmar IV,59. (wie oben Anm. 27.) interpretiert, obwohl auch er nicht auf die legendäre Geschichte von der Kronensendung verzichten mochte. Der Merseburger sprach gerade nicht von einer Kronensendung.

 99

Vgl. Hans HIRSCH, Das Recht der Königserhebung durch Kaiser und Papst im hohen Mittelalter, in: Festschrift Ernst Heymann 1, Weimar 1940, S. 209–441., (sep. Neudruck Darmstadt 1962.)

100

Johannes FRIED, Der päpstliche Schutz für Laienfürsten Die politische Geschichte des päpstlichen Schutzprivilegs für Laien (11–13. Jh.), Heidelberg 1980, S. 40–48. (Abhandlungen der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. Philosophisch.– Historische Klasse 1980. 1.)

101

Horst FUHRMANN, „Der wahre Kaiser ist der Papst.” Von der irdischen Gewalt im Mittelalter, in: DERS., Einladung ins Mittelalter, München 1987, S. 121–134. und 288. (mit älterem Druckort).

102

Vgl. schon Josef DEÉR, Die heilige Krone Ungarns, Wien 1966, S. 199–200. (Österreichische Akademie der Wissenschaften. Denkschriften. Philosophisch-Historische Klasse 91.)

103

So mit Gy. GYÖRFFY, Stephan (wie oben Anm.), S. 116–117.

104

GYÖRFFY, Zu den Anfängen (wie oben Anm. 3.), S. 102. hat übersehen, dass nach mittelalterlicher Zählweise 14 Tage vor dem 15. Monatstag zum zweiten Tag des Monats führen.

105

D O III. 396; vgl. BU 1407; anders: BZ 948. In D 396 heißt es: Anastasius abbas monasterii sancte Marie Sclavanensis provincie. Die klare Zuweisung des Abtes in die Sclavanensis provincia verbietet, ihn als Abt von Pécsverád in Westungarn anzusprechen (so BZ 941 und 948). Damit erledigen sich auch die Überlegungen von Gerard LABUDA, Ein europäisches Itinerar seiner Zeit: Die Lebensstationen Adalberts, in: Adalbert von Prag – Brückenbauer zwischen dem Osten und Westen Europas, hg. Hans Hermann HENRIX., Baden-Baden 1997, S. 59–75. (hier S. 70. mit Anm. 38.) (Schriften der Adalbert-Stiftung 4) Ich vermag dem hier bei Anm. 36. zitierten Satz der Passio s. Adalberti nicht zu entnehmen, ob der fragliche Ort Mestris auf dem Weg nach Gnesen oder auf dem Weg von Gnesen ins Pruzzenland liegt. Zur Gründung eines Klosters und zur Einsetzung eines Abtes bedarf es überhaupt keines Bischofs, allein zur Weihe der Kirche oder der Priester wird er benötigt. Der erwähnte Text aber verweist nur auf die Gründung: monasterium [...] construxit, monachosque ibidem congregans Aschericum abbatem eo ad regendum constituit. Jeden dieser Akte hätte auch ein Laie vollziehen dürfen. Adalberts Weg nach Polen führte gewiß nicht über Ungarn, sondern über Sachsen: Saxonica tellure in brevi recedens.

106

Wie oben Anm. 81., S. 39,14.; vgl. schon ebd. Z. 9.

107

So mit Ademar von Chabannes (wie oben Anm. 55.). – Ademars Nachrichten sind zwar zeitlich durcheinander geraten, sachlich aber lässt sich, was er festhielt, tatsächlich verifizieren. Es besteht somit kein Grund, an der Lanzengabe zu zweifeln.

108

Der älteste sichere Hinweis auf dieses Patrozinium findet sich in dem Benedictionale MR 89 der Agramer Metropolitanbibliothek aus der Zeit um 1075/1083, vgl. von BOGYAY, Adalbert von Prag (wie oben Anm. 4.), S. 9 Anm. 2.

109

Auch zu Ottos Nachfolger, Heinrich II., pflegte Ascherik, jetzt schon Erzbischof von Gran, gute Beziehungen; 1007 (DH II. 143: Anastasius Ungrorum archiepiscopus) und 1012 (MGH SS 17 S. 636.): Aschericus Ungarorum archiepiscopus) war er an der Gründung und Weihe der Bamberger Bischofskirche beteiligt. Arnold von St. Emmeram (MGH SS IV,547,43–52.) dichtete auf Bitten des Anastasius archiepiscopus Antiphone mit Responsorien zum Emmeramsfest der ungarischen Metropolitankirche. Doch ist bislang keine Adalbertsvita in Ungarn aufgetaucht.

110

Josef DEÉR, Aachen und die Herrschersitze der Arpaden, in: Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung 79 (1971) S. 1–56., wieder in: DERS., Byzanz und das abendländische Kaisertum. Ausgewählte Aufsätze, Sigmaringen 1977, S. 372–423. (Vorträge und Forschungen 21.) (Mit der älteren Literatur)

111

Johannes FRIED, Endzeiterwartung um die Jahrtausendwende, in: Deutsches Archiv 45 (1989) S. 381–473.; mit den Einwänden von Sylvain GOUGUENHEIM, Les fausses terreurs de l’An Mil. Attente de la fin des temps ou approfondissement de la foi, Paris 1999, setze ich mich an anderer Stelle auseinander. Johannes FRIED, Endzeit im Griff des Positivismus? Zu einem neuen Buch, voraussichtlich in: Historische Zeitschrift; vgl. auch DERS., Aufstieg aus dem Untergang. Apokalyptisches Denken und die Entstehung der modernen Naturwissenschaft im Mittelalter, München 2001.

112

Auf eschatologische Vorstellungen am Hof Stephans des Hl. verweist in Interpretation der datierten Inschrift des Krönungsmantels Éva KOVÁCS, Die Kasel von Stuhlweißenburg (Székesfehérvár) und die Bamberger Paramente, in: Europas Mitte 2, S. 640–651. (hier S. 650.)

113

Vgl. oben Anm. 1.