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Begegnungen
Schriftenreihe des Europa Institutes Budapest, Band 3:25–45.

GYULA VARGA

Ungarns Landwirtschaft und die EU

 

Auf die außerordentlich interessante und vielumstrittene Frage, ob wir denn Mitglied der EU werden können, und wenn ja, dann mit welcher Landwirtschaft, ist die Antwort etwas paradox. Wir müssen einsehen, dass im Gegensatz zu den unverantwortlichen Äußerungen von vor einigen Jahren unsere Zukunft – vom Gesichtspunkt der Mitgliedschaft aus – völlig unsicher ist, und zum großen Teil gewiss nicht von uns abhängt. Und wenn auch davon, dann gewiss nicht vorwiegend von der Landwirtschaft. Aber was uns und die ungarische Agrarwirtschaft betrifft, steht wohl kaum in Zweifel, dass anstelle des bisherigen passiven und meistens nur auf das Äußerliche achtenden, sich hauptsächlich auf die Administration und die Staatsverwaltung beschränkenden, die Produktionssphäre völlig vernachlässigenden und sich im verschärften internationalen Wettbewerb bisher ausschließlich nur zurückziehenden Verhaltens eine offensive Politik betrieben werden muss. Das wichtigste ist, den Rückgang und die völlige Zerschlagung der Produktion so schnell wie möglich zu stoppen und die frühere Konkurrenzfähigkeit der Nahrungsgüterwirtschaft wiederherzustellen.

Über das Allgemeine hinaus, dass diese Entscheidung in Wirklichkeit eher eine politische ist, und nicht von wirtschaftlichen Überlegungen abhängt, sind unter den wirtschaftlichen zweifellos die Agrarfragen die diffizilsten und vielleicht auch die wichtigsten, aber unbestreitbar die am lautesten und öffentlichsten diskutierten Angelegenheiten. Auch bei uns ist das so, und mehr und öfter wird der sich immer weiter verbreitende falsche und negative Standpunkt vertreten, dass der Preis für unseren Eintritt, sozusagen die Eintrittsgebühr, die Verarmung (wie einige sagen die Erniedrigung) der inländischen Landwirtschaft wäre.

Der unglaublich starke und schnelle Abbau der inländischen Landwirtschaft wurde von der früheren Regierung eindeutig und unmissverständlich als notwendiges Anhängsel bei der Anpassung an die EU-Bedingungen dargestellt. Dies passte auch gut in die Praxis, dass die Erfolgspropaganda anstelle der Eingeständnisse der Misserfolge versucht hat, sich auf die zukünftigen Vorteile der Annäherung zu berufen. Das bittere Bild der täglichen Erscheinungen und die dazu abgegebenen offiziellen Erklärungen haben den Irrglauben nur noch verstärkt und auch im Kreise der Zweifler immer reeller dargestellt –, dass es unser eigenes Interesse wäre, für den Eintritt in die EU die ihrer Märkte beraubte und auch im Übrigen nicht ausreichend „eurokonforme” großbetriebliche Landwirtschaft aufzuopfern.

Alle bisherige Analysen, die sich auf die frühere Entscheidung zum Beitritt, oder den Aufnahmeantrag bezogen, haben gezeigt, dass nicht der arme und kraftlose Agrarsektor, sondern genau das Gegenteil der wahre Vorteil und eine, die Beitrittsverhandlungen realer machende Bedingung ist. Diese Feststellung wurde durch die gerade jetzt stattfindende Beurteilung der Beitrittsgesuche eindeutig bestätigt. Auf dieser Grundlage müssen wir uns auch selbst unmissverständlich klarmachen, dass nur eine konkurrierende und konkurrenzfähige, möglichst billig produzierende und zu Billigpreisen anbietende Landwirtschaft eine Chance zur Mitgliedschaft hat. Allerdings ist diese billig und konkurrenzfähig produzierende ungarische Landwirtschaft dann ein unangenehmer, unbequemer Partner und Konkurrent für die EU-Landwirtschaft. Ein Ungarn mit einer Landwirtschaft, die mit mittelalterlichen Methoden arbeitet, unmodern und elendig ist, kann aber nicht einmal in die Nähe der Union kommen, denn wir verfügen über keinen einzigen anderen, entsprechend starken Wirtschaftszweig. Realistisch ist also unsere Alternative, dass wir unsere Schlussfolgerungen und Strategien dementsprechend auswählen müssen.

Eine relativ billig arbeitende Landwirtschaft hat zahlreiche wichtige Kriterien. Hervorzuheben sind darunter die Produkt- und Unternehmensstruktur, eine auf das gesamte Vertikum der Produkte ausgedehnte Organisation des Marktes, entsprechend stabile und ausrechenbare Preis- und Einkommensverhältnisse, sowie eine notwendigerweise moderne technische Ausrüstung. Auch ohne eine detailliertere Begründung wird man einsehen, dass unter den aufgeführten Faktoren ziemlich enge Zusammenhänge bestehen. So ist beispielsweise die entsprechende Betriebsgröße zu betonen, ohne welche die moderne Technik nicht angewendet werden kann, eine wichtige Bedingung ist das unseren Gegebenheiten und Marktansprüchen gleichermaßen entsprechende Produktangebot, welches nur über dauerhafte und unmissverständliche Preisimpulse übertragen werden kann, und unerlässlich ist auch die Organisation der gesamten Kette: Produktion, Verarbeitung und Handel, die technische und wirtschaftliche Bedingungen für das Sparen mit den Ressourcen sind.

Aus der Aufzählung ist zu erkennen – so viele Kriterien, wie es gibt, so viele Ansprüche und Anforderungen gibt es auch unseren heutigen Gegebenheiten, und was noch wichtiger ist, unserer vorherigen und heutigen Praxis und sogar den verkündeten Bestrebungen gegenüber. Die technischen Grundlagen unserer Produktion sind zum bedeutenden Teil zugrunde gegangen und veraltet. Die Unternehmenswelt ist in einem zerrütteten Zustand und entwickelt sich ohne Haltegriffe, nach „bester fachlicher Einsicht” der Betroffenen, oder nur nach ihrem augenblicklichen materiellen Interesse. Und was vielleicht das wichtigste ist: Die ganze Produktionssphäre muss ohne jegliche Einkommensgarantie, manchmal sogar ohne die geringste Hoffnung auf eine Einkommenserzielung arbeiten. Deshalb sind bei den Entscheidungen die augenblicklichen Gegebenheiten und die kurzfristigen „Überlebensstrategien” dominierend. Darum wird auch die Produktion immer teurer und nur deshalb nicht auffälliger, weil die Quellen aus dem Aufleben des Vermögens genommen werden.

Von welcher Seite wir also auch die Frage betrachten, wir haben uns nicht den viel betonten „europäischen” Anforderungen angenähert, sondern seit Jahren in immer schnellerem Tempo von ihnen entfernt. Außer der Adaptierung einiger internationaler Vorschriften, wie der Regulierung der Qualitätskriterien, der Durchsetzung der GATT-Anforderungen, der Neuordnung der Zölle usw. sind einzig auf dem Gebiet der Marktregulierung erwähnenswerte, wenn auch ziemlich anfängliche Schritte gemacht.

Es bleibt auch sehr wichtig, zu betonen, dass der noch nie gesehene Rückgang der Produktion in den letzten Jahren – entgegen der forcierten Erklärungen – unsere zukünftigen Verhandlungschancen nicht verbessert, sondern im Gegenteil stark verschlechtert. Die Tatsache, dass wir infolge einer fehlenden Warenbasis teilweise die bescheidenen, aber doch immer bedeutenderen Einfuhrvergünstigungen nicht einmal mehr ausnutzen können, verschlechtert ebenfalls unsere Verhandlungsposition, denn so können wir kaum für größere Rahmenmöglichkeiten argumentieren. Einfach formuliert – es gibt nichts, wovon wir etwas erlassen könnten. Die gefährlich zurückgegangene und ihre Kapazität nur in Bruchteilen ausnutzende Nahrungsgüterwirtschaft ist für niemanden gut und vermindert höchstens die Sorgen der Wenigen, deren Berufung es wäre, oder gewesen wäre, die Bedingungen für die Marktchancen zu schaffen. Es kann wohl kaum ein Zufall sein, dass in den letzten Jahren gerade dieser Kreis andauernd von den Gefahren der Überproduktion auch bei solchen Produkten sprach, deren Marktchancen – zwar manchmal mit Preisnachlässen, oder manchmal Stützungsbedarf – immer bestanden haben und auch heute noch real sind. Bekannt ist die ungesegnete Situation in der Getreideproduktion, so die zahlreichen offiziellen Äußerungen über das „unverkäuflich” viele Getreide, während Getreide noch nie ein „Ladenhüter” war. Die 1994 sehr großzügig bestätigte Exportunterstützung wurde schließlich selbst von der Regierung durch ihre von der „hervorragenden Ernte” und dem dadurch zu erwartenden großen Getreideüberfluss redenden und mit der Absicht der Verleugnung der Krise kombinierte Prognose sowie das verblüffend kleinliche Zaudern gegenüber dem garantierten Getreidepreis herausprovoziert. Die Tatsache schließlich, dass die „Gefahr” der eventuellen Einhaltung der gesetzlich fixierten Preisgarantie den großen Schrecken ausgelöst hat, bestätigt wiederum die Ungelöstheit der Marktregulierung. Es wiederholte sich der Fall von vor einigen Jahren, als der verkündete Garantiepreis gerade dann verändert wurde, als man ihn eben hätte anwenden müssen. Wesentlich ist, dass wir es nicht zulassen dürfen, dass unsere Produktion weiter zurückgeht, obwohl für das Stoppen dieses Prozesses jetzt schon bedeutendere materielle Opfer und organisatorische Maßnahmen notwendig sind. Ihre Erweiterung muss schließlich dann während des Prozesses der Umwandlung der Produktstruktur stattfinden. Die schnellstmögliche Steigerung der Produktion ist aus mehreren Gründen unerlässlich geworden, vor allem wegen des Beschäftigungszwanges. sowie im Interesse des Exportes, denn die Warenfülle ist schneller verschwunden, als das die größten Pessimisten gedacht hätten.

Nach der Darlegung des allgemeinen Bildes und Problemkreises soll nun von den konkreteren Detailfragen die Rede sein, die während der praktischen Durchführung des Anpassungsprozesses auftauchen, oder zumindest ständige Beachtung verdienen. Deren Anzahl ist natürlich größer, als im Folgenden aufgezählt, aber diese dürfen auf keinen Fall außer Acht gelassen werden:

1. Das Zielsystem der Agrarproduktion

2. Die betriebliche und Unternehmensstruktur

3. Die Produktivität

4. Preise, Steuern, Unterstützungen

5. Marktregulierung

6. Strategien und das Arsenal des Agraraußenhandels

7. Beschäftigungs- und Sozialpolitik

8. Regionale Entwicklung

9. Umweltschutz

10. Das Informationssystem der Landwirtschaft

 

1. Das Zielsystem der Agrarproduktion

Der Unterschied zwischen der EU und Ungarn besteht auf definitive Weise darin, dass die EU heute – weit über die bei der Gründung gestellten Selbstversorgungsziele hinaus – stark stützungsbedürftig ist und um den durch Exporte abgeleiteten Abbau ihrer Produktüberschüsse kämpft (bisher eigentlich recht erfolglos), wogegen für Ungarn der Agrarexport lebenswichtig ist. Im Gegensatz zu der im EU-Raum schon als selbstverständlich zählenden, wenigstens 50 %-igen Stützung ist in Ungarn die Stützung der landwirtschaftlichen Produkte minimal, die früher (entgegen den falschen Rechnungsangaben der OECD-Studie, Q.: 4.) nicht die 20–25 % überstiegen hat. Hinsichtlich der Zukunft sind die Bestrebungen noch eindeutiger: Die EU wird früher oder später gezwungen sein sich wirklich auf eine Selbstversorgung einzurichten, im günstigeren Fall sogar auf einen Nettoimport, für Ungarn hingegen gibt es keinen anderen Ausweg für die Schaffung des außenwirtschaftlichen Gleichgewichtes, als dass die Agrarsphäre wieder den bereits früher erreichten Exportwert von ca. 2,5–3 Milliarden $ erreicht.

Der Konflikt der so formulierten und offenbar gegensätzlichen Bestrebungen scheint nur so lösbar zu sein, wenn neben den bisherig einseitigen und forcierten EU-Exportbestrebungen auch die anderen Märkte wieder einen entsprechenden Raum bekommen. (Charakteristisch ist für die heutige Situation, dass trotz der erdrückenden Einseitigkeit unserer Orientation 1993 unser Export in die EU wieder auf das Niveau von vor einigen Jahren zurückgefallen ist, teils aufgrund der Geschlossenheit des Marktes, teils wegen der fehlenden inländischen Warenbasis. Der Import ist demgegenüber in fantastischem Tempo gestiegen, zwischen 1991 und 1994 ist der ungarische Exportüberschuss infolge eines Exportrückganges von 35 % und eines Importanstieges um 150 % auf 32% zurückgegangen (nach eigenen Berechnungen des Autors). Vor allem Osteuropa und die Nachbarländer können wieder Käufer für die ungarischen Agrarprodukte werden, aber mit nicht zu teuer transportierbaren Produkten würde es sich auch auf allen anderen Märkten lohnen, zu bleiben oder dort einzusteigen.

 

2. Die betriebliche und Unternehmensstruktur

Der Unterschied auf diesem Gebiet ist besonders augenfällig. Allerdings hat er bei weitem keine solchen kreuzgefährlichen Folgen, wie dies im Verlaufe der wütenden Kleinbetriebskampagne der letzten Jahre als Begründung für die, eine wirtschaftliche Zweckmäßigkeit oftmals spektakulär entbehrenden Maßnahmen seitens der Rechtsprechung und der Regierung – oftmals sogar mit ausgesprochen drohendem Akzent – geschildert wurde. In der EU dominieren die Familienbetriebe, aber mit gewaltigen Größenunterschieden innerhalb und zwischen den Ländern (was das Zehn- bis Fünfzehnfache der Grundfläche oder des Produktionsvolumens betragen kann). Tatsache ist, dass im westlichen Teil Europas traditionell die Familienbetriebe dominierten, die aber schon seit Jahrzehnten mit gewaltigen staatlichen Subventionen und örtlich sehr strengen administrativen Beschränkungen vor der von der wirtschaftlichen Zweckmäßigkeit getriebenen schnellen Konzentration geschützt werden. Dennoch verringert sich die Zahl der Betriebe und der von der Landwirtschaft lebenden Menschen schnell und das Leben beweist die wirtschaftlichen Vorteile der größeren Produktionsrahmen Tag für Tag.

Im Gegensatz dazu war in Ungarn eher die großbetriebliche Produktion tiefer verwurzelt egal ob man auf die fernere oder nähere Vergangenheit zurückblickt. Zumindest genauso wichtig ist auch die Existenz eines zur hauptsächlich so organisierten Produktion erstellten Mittelsystems mitsamt seiner physischen und geistigen Infrastruktur. Von diesem zu einer anderen Struktur überzugehen, bei der eben die kleinen Abmessungen den größten Wettbewerbsnachteil bedeuten, wäre nicht nur unsinnig sondern, wie es die einzelnen Versuche zeigen, aufgrund des erdrückenden Kapitalmangels und der unbefriedigenden Rentabilität auch unmöglich.

Für uns ist also in der EU auch heute nicht die bayrische, oder im besseren Falle die französische oder dänische Praxis das maßgebende Beispiel, sondern z.B. die der ostdeutschen Länder, wo sich nach der Wiedervereinigung des Landes eine ausgesprochen großbetriebliche Struktur entfaltet hat, obwohl die mit kräftigem Investitionskapital nachdrücklich in Szene gesetzten, westlichen Angebote am Anfang fast nur die Familienbetriebe propagierten. Die EU war zunächst dagegen, ergab sich aber langsam der von anteilsmäßig hohen Kapitalgesellschaften, den teilweisen Produktionsgenossenschaften und der auf Lohnarbeit basierenden Unternehmungen bestimmten, stark konzentrierten Agrarstruktur. Und während vor ein-zwei Jahren die offiziellen ungarischen Regierungserklärungen die inländische Fachwelt noch vor den EU-fremden Großbetrieben warnten und neben diesen Warnungen auch sonstige nachdrückliche, diskriminative Maßnahmen trafen, hat sich die „gemischte” Struktur in Deutschland kontinuierlich ihr Existenzrecht erkämpft. Dort versuchte man nämlich, von der Realität der Gegebenheiten und nicht von den alt her würdigen Empfehlungen der Ideologen ausgehend, die Agrarstruktur neu aufzubauen.

Auch für uns gibt es keinen gangbareren und sinnvolleren Weg. Im Falle der auf Massenproduktion aufbaubaren Zweige verfügen die Großbetriebe über einen komparativen Vorteil, eine Absage davon würde also nur unseren, sich aus anderen Gründen ohnehin ausreichend ergebenden Wettbewerbsnachteil verstärken. Gleichzeitig damit muss jene – sich übrigens schon seit Jahrzehnten verstärkende Arbeitsteilung verstärkt werden, die in den arbeitsintensiven Zweigen auf die auf familiärer Basis geschaffene Arbeitsorganisation aufbaut, einbegriffen auch die als „ungarische Tradition”, oder „ungarisches Modell” anzusehende, als Teilzeitbeschäftigung geltende „Kleinproduktion”, die ein ganzes Arsenal sinnvoller Kombinationen anbietet. Die Wahrheit gegenüber den propagandistischen Behauptungen ist aber, dass die EU zwar (aus sozialen Überlegungen) besonders die konkurrenzunfähigen Kleinbetriebe unterstützt, aber es ist nicht wahr, dass sie die großen verbietet. Im Endeffekt wird somit die keine besondere Unterstützung erfordernde betrieblich-unternehmerische Struktur nicht zu einem Klotz am Bein, sondern eben gerade zu einem vorteilhaften Argument.

 

3. Die Produktivität

In den letzten Jahren hat sich die Kluft zwischen der technischen Ausrüstung der Produktion und der dadurch bestimmten Arbeitsproduktivität zwischen der westlichen und der östlichen Region Europas wiederum stark vergrößert. Unser Aufholungsprozess seit den 70er Jahren, der in erster Linie in der Massenproduktion einen – auf großen Flächen und wirklich auf der im Weltmaß höchsten Technologie basierenden – Erfolg brachte, ist heutzutage wieder durch einen immer größer werdenden Rückstand abgelöst worden. Der Hauptgrund besteht in der Veralterung der vorhandenen Produktionsmittel und einem fast völligen Ausbleiben ihres Ersatzes.

Darüber hinaus hat sich auch die Produktionstechnologie zu ihren Ungunsten verändert. Der Zwang zum Sparen mit den Mineraldüngern, Pflanzenschutzmitteln und sogar dem entsprechenden Zucht- und Vermehrungsmaterial hat zu einem drastischen Rückgang der früher auch international als gut geltenden Erträge und – was wenigstens genauso beachtenswert ist – zu gewaltigen Ertragsschwankungen, einer sog. „Wetterabhängigkeit” geführt. Gegenüber der bekannter Weise übermechanisierten und sehr kapitalbedürftigen, aber große Erträge produzierenden westlichen Landwirtschaft sind wir deshalb in Wettbewerbsrückstand geraten: Der Ertrag pro Ressourceneinheit hat sich verringert, außerdem wurde die vermarktbare Produktmenge unberechenbar. Gleichzeitig müssen wir mit „Überflüssen” kämpfen, die wir billig loswerden müssen, und mit relativem Mangel, der teuer und schnell ersetzt werden muss.

Der technische Rückstand hat auch schwere Folgen für die Entwicklung der Produktqualität. Für die Exportfähigkeit gibt es heute auch dort schon strenge Qualitätsanforderungen, wo vor Jahren noch die Anspruchslosigkeit charakteristisch war, für die protektionistischen Bestrebungen wiederum kommen die Qualitätsbeanstandungen, wie auf dem Tablett serviert, wobei wir in zunehmender Zahl auch unsere eigene Verantwortung anerkennen müssen. Wenn schon bei den für den Export beabsichtigten Produkten die sich aus technischen und technologischen Gründen ergebende mindere Qualität so häufig ist, kann man sich unschwer vorstellen, welche Riesenaufgabe es für uns bedeutet, den Binnenmarkt an die EG-Normen anzupassen. Dies ist nämlich organischer Bestandteil der Harmonisierung.

Die Modernisierung der Produktion ist also Bedingung für die Konkurrenzfähigkeit und auch für die allgemeingültige „Salonfähigkeit”. Dazu ist (oder wäre) eine radikale Anschauungsänderung und eine Beseitigung der fast stimulierten Anarchie notwendig. Beispielsweise müsste der Import von veralterten Technologien, oder die Betreibung von auf die hygienischen Anforderungen einfach pfeifenden Lebensmittel- und Handelsbetrieben verboten werden. Die Hauptaufgabe gehört natürlich in die aktive Sphäre. Dringend notwendig wäre die Ausarbeitung eines solchen Programmpaketes, in dem zumindest für die hauptsächlichsten Produktvertika die Entwicklungsstrategie ausgearbeitet und abgestimmt wird, die in keinem entwickelten Land einfach nur den spontanen Marktprozessen überlassen bleibt. In der über ein gewaltiges Ressourcendefizit verfügenden Nahrungsgüterwirtschaft ist das gleichzeitig auch die Bedingung für die Sparsamkeit. Der technische Anschluss an die EU kann – gerechnet mit einem höchstens ein Viertel oder ein Drittel so großen Bedarf pro Flächeneinheit in der ungarischen Landwirtschaft – auch bei einer Erhöhung des heutigen jährlichen Investitionsvolumens auf das Drei- bis Vierfache bis zur Jahrtausendwende andauern.

 

4. Preise, Steuern, Unterstützungen

In Ungarn läuft der Übergang zur Marktwirtschaft seit fast einem Jahrzehnt im Zeichen der Liberalisierung der Preise mit dem Abbau der Unterstützungen und einer mit der Modernisierung des Besteuerungssystems parallel laufenden Steuererhöhung ab. Im Zeitraum vor dem politischen Machtwechsel hatten die wichtigsten Entscheidungen für die Preisregulierung die meisten Preisgarantien (schließlich auch bei Getreide) im Wesentlichen aus der Produktionssphäre ausgeschlossen, im Verbraucherkreis hingegen war ein System von freien oder nur locker begrenzten Preisen allgemein geworden, nur bei einigen Artikeln wurden Preismaxima eingeführt. Parallel dazu wurden die Verbraucherpreissubventionen radikal abgebaut und bei den Produzenten fand man geringere, in der Verbrauchersphäre hingegen bedeutende Steuererhöhungen vor.

Im Zeitraum 1990–94 hat sich dieser frühere Prozess fortgesetzt, der auf der Beseitigung der ganzen und summa summarum für schädlich erklärten staatlichen Garantien und dem radikalen Abbau der Unterstützungen aufbaute. Im Zeichen des naiven Glaubens an die Allmächtigkeit des Marktes und der stimulierenden Unterstützung des erdrückenden Defizites im Staatsbudget begann die Agrarregierung ohne Übersicht mit der Übernahme der „Prinzipien der reinen Marktwirtschaft” in die Praxis. Alle Subventionen für die Verbraucherpreise bei Lebensmitteln wurden aufgehoben, die MWST bei Lebensmitteln eingeführt, fast der vollständige Kreis von Produktionsunterstützungen wurde abgebaut und im Vergleich zu früheren Jahren wurde auch die Exportsubvention bedeutend, um etwa 30–50 % verringert.

Die von der OECD und dem AKII in vielen Sachen bedeutend abweichenden Berechnungen (Q.: 2. und 4.) stimmen darin ziemlich überein, dass der die vollständige Unterstützung der Landwirtschaft zum Ausdruck bringende, sog. PSE-Koeffizient von 1989 bis 1992 auf mindestens die Hälfte, eventuell aber sogar auf ein Drittel zurückgegangen ist, und sein Absolutwert ist noch mehr zurückgegangen. (Den Berechnungen von Mészáros und Spitalszky zufolge sank der PSE Koeffizient zwischen 1987 und 1992 um jährlich 31 %, das Unterstützungsvolumen um jährlich 34 %, schneller als im als „Weltrekorder” angesehenen Neuseeland.) Mangels detaillierter Berechnungen kann man die Abzüge, als Gegenpaar zu den Unterstützungen, nur schätzen, wo nur deshalb keine bedeutende Steuererhöhung eintrat, weil sich kein Einkommen bildete. Eine Ausnahme bildet die Verbrauchersphäre, wo die Menge der Steuern für die Bevölkerung schneller stieg, als die Einkommen.

Im krassen Gegenteil dazu sank in der EU der PSE Koeffizient zwischen 1987 und 1992 um nur 1 %, wegen der dynamischen Produktionssteigerung stieg das Unterstützungsvolumen sogar um etwa jährlich 4 %. Genauso schreiend ist der Widerspruch auch auf dem Gebiet der Preisregulierung, wo in der EU die Produzenten, die Exporteure und Importeure eine Vielzahl an Garantien und Gebundenheiten schützt, beziehungsweise beschränkt, mit einer die härtesten Tage der Planwirtschaft zitierenden Strenge, und der die damalige weit übersteigenden Zentralisierung und Präzision.

Das Wesen besteht einerseits darin, dass diese unberechenbaren Preisschwankungen und die Preisbildungsfreiheit, die auf dem ungarischen Produktions- und Verbrauchermarkt seit 1990 – mit kräftiger Unterstützung der Regierung – entstand, wegen des totalen Fehlens der Einkommensgarantien für die Produzenten, aber auch wegen dem immer stärkeren Ausgeliefertsein der Verbraucher unhaltbar ist. Hier liefert uns die EU-Praxis sehr viele Erkenntnisse, denen zu folgen wäre. Als knallharte Realität müssen wir aber den Unterschied in den zur Verfügung stehenden Ressourcen betrachten, und deshalb können wir, selbst wenn wir wollten, nicht annähernd solch stabile, und vor allem solch hohe Einkommen den Produzenten garantieren, wie das die meisten Länder der EU kennzeichnet und was natürlich meistens auch wünschenswert wäre.

 

5. Marktregulierung

Schon aus dem über die Preise und das Zielsystem Gesagten ging eindeutig hervor, dass sowohl bei den zur Verfügung stehenden Mitteln, aber auch selbst bei der Aufgabe der Marktregulierung wesentliche Unterschiede zwischen Ungarn und der EU bestehen. Deshalb muss der letzte Satz des vorangegangenen Punktes so fortgesetzt werden, dass bei uns das Wesen heute noch nicht in erster Linie in der maximalen (oder auf ein gewisses Maß geschehenden) Erhöhung des den Produzenten zu garantierenden Einkommensniveaus liegt, sondern viel eher in der Erhaltung der Funktion und Funktionsfähigkeit des Marktmechanismus – neben den unvermeidbar eintretenden Störungen – und in der Bewahrung der Berechenbarkeit. Dieses Prinzip kann als Realität natürlich nur dann angenommen werden, wenn die Einkommen mindestens das zur Reproduktion notwendige Niveau erreichen, wenn also die Produktion insgesamt genommen nicht defizitär ist.

Die ungarische Praxis der letzten Jahre hat gezeigt, dass die unmäßige Schwankung der Preise innerhalb eines Jahres an sich schon schwere Verluste aufgrund der kritischen Liquiditätsumstände und der hohe Inflationsrate verursacht. So könnte die relative Preisstabilität allein – die natürlich nicht mit der sich aus der Qualität, oder der Saisonalität ergebenden Preisdifferenzierung verwechselt werden darf – dem produktiven und verarbeitenden Sektor bedeutende Einsparungen bringen. In der heutigen Lage, wo es zwar völlig offensichtlich ist, dass die Stabilisierung der Marktverbindungen, die volle Strenge gegenüber der Einhaltung der Verträge und der Ausbau dauerhafter Beziehungen elementares Interesse eines jeden sein müsste, ist es eine Naivität und sogar schwere Unverantwortlichkeit zu erwarten, dass die Teilnehmer am Markt dies alles von allein erkennen werden und infolge ihrer freiwilligen Entschlüsse und spontan entwickelter ziviler Initiativen schnell sich selbst und auch den Markt organisieren. Davon kann überhaupt nicht die Rede sein!

Die fast völlig demoralisierte Wirtschaftssphäre, wo jeder nur kurzfristig denkt, wo Großhändler und Lebensmittelverarbeitungsbetriebe an Standorten der Produzenten – aus der Aktentasche und in bar – Millionensummen für die Lieferungen ausbezahlen, ist ungeeignet für die übrigens so wünschenswerte Selbstorganisierung geworden. Unserer Überzeugung nach wird, wenn der Staat keine Initiative ergreift und keinen stimulierenden Anstoß sowie rechtliche und finanzielle Garantien gibt, der jetzige ungesegnete Zustand auch nicht zu existieren aufhören.

Das meiste können der Staat und die Regierung über die Marktordnungsinstitutionen und deren wirksame Funktion tun. Es gibt sowohl ein Amt, als auch ein Gesetz, aber beide bedürfen einer grundlegenden Korrektur. Das Gesetz wollte zu viel und bekam dementsprechend wenig. Der Hauptgrund lag darin, dass weder die notwendige finanzielle Deckung, noch die notwendige Selbständigkeit für die als Aufgabe gestellten Eingriffe vorhanden sind. Einnahmen gibt es nicht, weil bei den Produzenten kein Einkommen zustande kommt, also können keine gemeinsamen Fonds geschaffen werden. (In der EU sind auch die Einnahmen aus der Importabschöpfung bedeutend, mit diesen können wir aber, jedenfalls unter normalen Umständen, nicht besonders rechnen.) Ein Vorschuss für die zum Eingriff auf dem Markt notwendigen Finanzfonds ist bisher noch nicht erfolgt, und deshalb hat die oftmals enttäuschende Praxis der letzten Jahre (z.B. das Rückziehen der Preisgarantie, das Marktfeilschen um die Einhaltung des Gesetzes und die zur politischen Diskreditierung der Partner unternommenen zahlreichen Schritte der Regierung) die Berechtigung des Amtes und überhaupt der Marktregulierung eher in Zweifel gezogen, als bestätigt.

Da es keinen anderen Weg gibt, muss das bisher Begonnene weitergeführt werden, was – ob es die EU gibt, oder nicht – eine der wichtigsten Bedingungen für die Funktionsfähigkeit der inländischen Agrarwirtschaft ist. Im Verlaufe der unvermeidlichen Modifizierung des Gesetzes müssen die Kreise der zentralen Garantien enger gezogen, dazu aber auch die finanziellen Fonds geschaffen werden. Man muss auch aufhören mit der Duldung der inflationierenden Produktenrate, die die Interessenvertretung ins Lächerliche zieht. Die Preisgarantie ist der Schlüssel der Marktregulierung. Die Diskussion, auf welchem Preisniveau diese Garantie liegen sollte, ist objektiv schwer zu entscheiden.

In Kenntnis unserer materiellen Kräfte kann dieser Preis nur ein bescheidenes Einkommen bieten, darf aber keinesfalls unter die Selbstkosten gehen, da er dann seinen Sinn verliert. Wichtig ist die Einbeziehung entsprechender Qualitätskriterien und auch, dass sich die Regierung „das Ganze zwischendurch nicht anders überlegen kann”, weil ansonsten das Vertrauen dahin ist und das alles keinen Sinn hat. Die Preisgarantie (von der man auf erschreckende Weise die Aufkaufgarantie trennen will) ist nicht nur eine reine wirtschaftliche Promesse, sondern gleichzeitig ein sehr bedeutsames wirtschaftspsychologisches Mittel, mit dem auf die unbekannte Zukunft bezogene Entscheidungen der Produzenten und Händler im normalen Rahmen gehalten werden können. Bei den öffentlichen Streitereien, den großspurigen Erklärungen der Regierung und der Interessenvertretungsorgane fehlte die Kenntnis dieser Tatsache sicherlich. Auch das muss, unter Verzicht auf die unverantwortlichen Erklärungen, verändert werden. Die Initiativrolle liegt auch hier auf der Seite der Regierung.

Eine schwierige Aufgabe ist die Konsolidierung des Produktenkreises, der außerhalb des Getreide-Fleisch-Vertikums liegt (welches die direkte Marktregulierungsordnung für Brotweizen, Milch, Schlachtrinder und wahrscheinlich unvermeidlich Schlachtschweine auf das Ganze ausgedehnt wirksam reguliert). Hier müssen auch die Marktteilnehmer selbst sehr aktiv und initiativ bei der Erarbeitung der Spielregeln mitarbeiten und sogar bei der Erschaffung der zur Funktion notwendigen Finanzfonds eine Rolle übernehmen. Zu Anfang ist natürlich eine staatliche Hilfe vonnöten die in Form von Steuerbegünstigungen gegeben werden könnte, damit würde auch die Verantwortlichkeit der selbständigen Wirtschaft demonstriert werden.

Die Aufgabe ist auch politisch nicht einfach, weil in letzter Zeit die gegenüber dem MOSZ (Zentralverband der Landwirtschaftlichen Produzenten und Genossenschaften) geschaffenen zahlreichen kleineren Organisationen Träger von parteipolitischen Bestrebungen sind, mit sehr gemischter fachlichen Vorbereitung und unterschiedlichem Hintergrund, aber mit einer bedeutenden öffentlichen Unterstützung. Die Lösung liegt darin, dass der Staat eindeutige Spielregeln für die Interessenvertretungsorgane auf „autonomer Verwaltungsbasis” bestimmt, die man übrigens auch in der Zukunft nicht als Gegner, sondern als Partner betrachten sollte.

 

6. Strategien und das Arsenal des Agraraußenhandels

Das Dasein auf dem Weltmarkt und der Wettbewerb sind nichts Neues für die ungarische Nahrungsgüterwirtschaft. Neu ist, dass wir mit einer immer geringer werdenden inländischen Warenbasis und einem immer unsichereren Produktionshintergrund in einem ebenfalls grundlegend veränderten, aber seinen Protektionismus kaum schwächenden Westeuropa und dem völlig zerrütteten, kaum ausrechenbaren, aber – trotz der Verluste – noch immer einen wichtigen Markt bildenden Osteuropa unseren Mann stehen müssen. Und neu ist auch, dass die Liberalisierung des Außenhandels neben den positiven Wirkungen zahlreiche, bisher noch nicht ausreichend ernstgenommene negative Folgen mit sich brachte, denken wir dabei nur an eine mangelnde Abstimmung beim Auftreten auf den Außenmärkten, oder an den wenig kontrollierten und für die Inlandproduzenten wahrscheinlich sehr negative Folgen bringenden, aber auch für die Verbraucher nicht unbedingt vorteilhaften Lebensmittelimport. Die Zersplittertheit, sogar das Fehlen der zur Funktion notwendigen minimalen Konzentration, die heute die sich mit dem Export und Import beschäftigenden Firmen kennzeichnet, ist in Zukunft unhaltbar, und auch auf administrativem Wege muss dieser Zustand beseitigt werden.

Bei der Stimulierung des Exportes spielt neben der Liberalisierung der Ausfuhr die Subventionierung die wichtigste Rolle. Hier ist der chronische Konflikt zwischen Bedürfnissen und Möglichkeiten charakteristisch, und das alte Dilemma besteht darin, wer im Interesse des gewünschten Zieles unterstützt werden muss, oder wen es sich zu unterstützen lohnt. Soll dem eine Unterstützung gegeben werden, der nicht ausreichend konkurrenzfähig ist, oder muss der gefördert werden, der mit den günstigsten, oder überhaupt günstigen Ergebnissen arbeitet? Gemäß der leider weiterlebenden – und aufgrund des Finanzmangels auch meistens zur Geltung kommenden Praxis unterstützen wir meistens die Schwachen, obwohl sich damit auch die Markterhaltungsabsicht verstärkt. Gleichzeitig schmälert sich aber aufgrund der allgemeinen Schwächung unser Wettbewerbsfähigkeit und der Entwicklung der Agrarweltmarktpreise auch der Kreis der Produkte die überhaupt keiner Exportunterstützung bedürfen. Somit gehen wir ungewollt ebenfalls in die Richtung, dass im Wesentlichen jeder Export eine gewisse „Grundstützung” bekommt und darüber hinaus gibt es die durch die Geldressourcen begrenzten produktspezifischen Überschüsse. Wir sind der Meinung, dass im Interesse der Erreichung einer effektiven Struktur diese Richtung verstärkt werden muss, damit die besseren Produkte Raum gewinnen und sich die konkurrenzfähigen Zweige zu Ungunsten der Unvorteilhaften weiterentwickeln. Der weitere Vorteil der Verstärkung des normativen Vorteils liegt darin, dass sich der Subjektivismus und der Kampf zwischen den einzelnen Branchen um die Eroberung der Geldressourcen verringern.

Heutzutage verstärkt sich die Ansicht, dass der Großteil der Exportunterstützungen vom Außenhandel und der Rest von der Nahrungsgüterindustrie eingesteckt würde, und im Endeffekt gerade die am wenigsten bekommen, für die die Unterstützung bestimmt war, die Landwirtschaft. Darin liegen natürlich viele spekulative Elemente, aber sicher ist, dass im Kampf um die Verwirklichung der Interessen die Situation der Landwirtschaft die schwächste ist, und der Außenhandel am ehesten in der Lage ist, nur solche Geschäfte anzunehmen, die ausreichende Chancen für einen entsprechenden Profit bieten. Unter normalen Verhältnissen müsste sich dieser Konflikt im Marktwettbewerb selbst lösen, dafür stehen aber heute die Chancen gering. Somit besteht ein ziemlich großer Druck in der Richtung, dass die landwirtschaftliche Produktionssphäre bei der Exportunterstützung bevorteilt werden, d.h. sie die Subventionen bekommen müsste. Zumindest formell wird diese Argumentation von dem Umstand unterstützt, dass in der EU die Landwirtschaft der Adressat der Exportsubventionen und die Lebensmittelindustrie Teil der nicht unterstützten Wettbewerbssphäre ist. Die hiesige Adaption dieser Lösung wäre aber nur dann eine reale Möglichkeit, wenn wirklich die bescheidene aber sichere Einkommensgarantie der landwirtschaftlichen Produktion gelöst werden könnte. Leider besteht dafür heute keine reale Möglichkeit, und zwar nicht nur aufgrund des fehlenden Geldes, sondern zumindest im gleichen Maße wegen der zerrütteten Verhältnisse.

Ein relativ neues, aber dennoch ziemlich nervendes Problem der Nahrungsgüterwirtschaft ist die für viele unerwartet eingebrochene Importkonkurrenz, der Raumgewinn der den Binnenmarkt immer stärker erobernden ausländischen Waren. Und zwar nicht unbedingt mit besseren und billigeren Waren, sondern oftmals infolge der die ausländischen Waren begünstigenden Unterstützungen. Das Land ist gleichzeitig nicht auf diesen Druck vorbereitet, es gibt (bzw. es gab bis zum Ende des Jahres 1994) kein entsprechendes Schutzzollsystem, und selbst andere Schutzmittel können von uns nicht eingesetzt werden (z.B. das auf Vereinbarungen basierende Importgenehmigungssystem), weil die elementarsten Spielregeln einfach technisch nicht durchgesetzt werden können. (Der Begriff des illegalen Imports hat schon seine vollkomme Existenzberechtigung, verschiedenste Methoden des Zollbetruges, gegenüber denen die Behörden bisher vollkommen machtlos waren, sind bekannt.) Deshalb muss neben einer Ordnung der Zölle vor allem dafür gesorgt werden, dass die Rechtsregeln bei der Abwicklung des Importes restlos zur Geltung kommen. Die inländische Nahrungsgüterwirtschaft hingegen muss auch dann präferiert werden, wenn der Import – durch die Unterstützungen aus dem Herstellerland – etwas billiger ist.

Bezüglich der anwendbaren Methoden entscheiden die finanziellen Quellen. Dennoch wäre es falsch zu vergessen, dass unsere Unterstützungs- und Marktschutzpolitik im Zusammenhang mit unseren GATT-Vereinbarungen stehen muss. Fast unabhängig davon, wie das die Anderen einhalten, oder uns gegenüber verletzen. Von der EU können wir auf diesem Gebiet weder ein Verständnis, noch eine vergünstigte Behandlung erhoffen, sondern wir müssen uns eher darauf vorbereiten, wie wir ihre weitere Expansion bremsen können.

 

7. Beschäftigungs- und Sozialpolitik

In der heutigen Übergangssituation macht sich das Fehlen eines gut funktionierenden Beschäftigungs- und Sozialsystems besonders stark bemerkbar. Das ist leider so, obwohl mit den Vorbereitungen zur Umverteilung der Aufgabe der Handhabung der Arbeitslosigkeit aus der betrieblich- unternehmerischen in die volkswirtschaftliche Sphäre, sowie der Ausarbeitung der dazugehörigen Rechtsregelungen und sogar zum Teil der Schaffung der Finanzfonds relativ zeitig begonnen wurde. Die sturzflugartige Abnahme der Arbeitsplätze und ihre starke geographische Konzentration wurden aber zu einem wesentlich größeren Problem als erwartet. Im Anfangszeitraum wurde die Frage der Arbeitslosigkeit von der Regierung noch als Erscheinung der positiven Veränderungen bewertet und behandelt, man musste aber schnell erkennen, dass die Kasse nur übergangsmäßig erweiterbar war und sogar Erschöpfungsanzeichen zeigte. Deshalb verringerte sich die Höhe und der Zeitraum der Versorgung, ein Teil der sowieso unerwünschten Arbeitskräftebasis der landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften wurde sogar – „dank einiger Gesetzeslücken” – aus dem Kreis der Berechtigten ausgeschlossen.

Gleichzeitig muss auch festgestellt werden, dass von den Betroffenen – obwohl nicht genau bekannt ist, wie viele Arbeitslose es gibt – sehr viele arbeiten, und die sogenannte Schwarzarbeit, ohne Steuern zu zahlen, fast schon allgemein verbreitet ist. Gleichzeitig wahr ist also die Tatsache des darauf Angewiesenseins und des Betruges, nebeneinander existieren die gesellschaftliche Hilfe und die gesellschaftliche Gleichgültigkeit, und es ist offensichtlich, dass die wirklich darauf Angewiesenen nicht getrennt von denen Hilfe erwarten können, die diese Hilfe nicht verdienen. Die landwirtschaftlichen Arbeitslosen haben dabei die geringste Chance auf Schwarzarbeit, denn auf dem Lande gibt es wenig Arbeitsmöglichkeiten, wahr ist aber auch, dass die Dorfbevölkerung die meisten Möglichkeiten für die aus eigener Produktion geschehende und wenigstens teilweise Befriedigung der elementaren Bedürfnisse zur Lebenserhaltung hat. Wahrscheinlich muss in dieser Richtung der Kreis der Übergangs- und Überbrückungslösungen gesucht werden, unter Akzeptierung und Betonung der Zwangsmäßigkeit, Perspektivenlosigkeit und des sozialen Charakters und der sich grundlegend von den landwirtschaftlichen Zielen unterscheidenden Ausgangsaspekte einer solchen selbstversorgenden und viele Zeichen der Naturalwirtschaft mit sich bringenden Produktion.

Die früheren ungarischen und auswertbaren ausländischen Erfahrungen zeigen gleichermaßen, dass die Landwirtschaft allein nicht die Beschäftigungsprobleme auf dem Lande lösen kann, auch bei uns nicht, wo gewiss mehr Leute in dieser Branche arbeiten werden, als in den entwickelten Industriestaaten. Deshalb ist der Ausweg die außerlandwirtschaftliche Sphäre, die in günstigem Falle auf dem Agrarsektor aufbaut (zum Beispiel als Lebensmittelverarbeitung), aber darüber hinaus meistens auch unabhängig sein kann. Dafür müsste also die Lösung nicht im Rahmen der Landwirtschaft gesucht werden, obwohl die beschäftigungsorientierten Entwicklungen der landwirtschaftlichen Großbetriebe des früheren Zeitraumes absolut nicht zu unterschätzende Erfahrungen und teilweise sogar neu zu belebende Beispiele anbieten.

Neue und unserer Denkweise noch vollkommen fremde Aufgaben bietet, bzw. erfordert die landschaftspflegende, sog. landschaftsgestaltende Landwirtschaft. Diese hat die Funktion, anstelle der aus der Wettbewerbssphäre ausgeschiedenen landwirtschaftlichen Produktion die Standorte vor der Vernichtung und Verwilderung zu schützen und die allgemeinen Aufgaben des Landschaftsschutzes in dieser Region zu versehen. In Ungarn bietet sich meistens die Bewaldung als Lösung an, die außerdem einen ziemlichen wirtschaftlichen Nutzen bringt. Sorgen verursacht hier wiederum der große Kapitalbedarf der Anpflanzungen, der von der hier lebenden und auch ansonsten verschuldeten Bevölkerung aus eigener Kraft nicht gelöst werden kann. Die Gesetze über die Entschädigung und die Verteilung des genossenschaftlichen Eigentums vermehren durch die unerhörte Aufsplitterung des Bodens nur noch die Sorgen. Dies kann, wenn wir nicht eine Lösung finden, die die Interessen der Gesellschaft und der örtlichen Mehrheit vor die der einzelnen Individuen setzt, (z.B. die Einführung des verbindlichen Flächenaustausches) die vielversprechenden Initiativen zugrunde richten. Wahrscheinlich können diese Spannungen nur durch staatliche Hilfe gelockert werden, ohne die die landschaftsschützende Landwirtschaft sowieso unvorstellbar ist. Hier sind die Erfahrungen und die Praxis der EU auch für uns maßgebend und wenn unser Beitritt real würde, geschähen auf diesem Gebiet vielleicht die augenscheinlichsten Veränderungen.

 

8. Regionale Entwicklung

Im Verlaufe der 80er Jahre hat die landwirtschaftliche Regierung – unter Außerachtlassung zahlreicher alarmierender Äußerungen von Wissenschaftlern – im Wesentlichen die auf regionalen Gesichtspunkten basierenden Unterstützungen liquidiert. Dies war umso weniger verständlich, da zu diesem Zeitpunkt bereits die verschiedenen internationalen Vorschläge zum Abbau der Subventionen bekannt waren, diese aber als Ausnahme und als zu bewahrende Form auch heute noch die Regionalentwicklung fördernden Zuschüsse behandeln. In den 90er Jahren hat sich diese Situation nicht verändert, das System der Regionalentwicklung ist sogar aus dem Landwirtschaftsministerium ausgegrenzt worden. Bei einer entsprechenden Koordination könnte man es tatsächlich als unwesentlich betrachten, wo nun die Aufsicht liegt, und in Zukunft sollte das Hauptgewicht eher auf den inhaltlichen Fragen liegen.

Sicher ist, dass im Verlaufe der Modernisierung des Systems der Agrarunterstützungen die auf regionaler Basis erfolgende Regierungshilfe wiederhergestellt werden muss, die in Form von Unterstützungen, Zinsvergünstigungen, oder Kreditpräferenzen gleichermaßen akzeptabel wäre. (Zuversichtlich stimmt, dass in den Subventionsvorschlägen des Landwirtschaftsministeriums für 1995 dieser Gedanke bereits eindeutig erscheint.) Das Ziel ist eine Verminderung der unerwünschten Differenzierung der Landwirtschaft und der sich aus den unterschiedlichen Gegebenheiten entstehenden wirtschaftlichen und sozialen Nachteile in der Weise, dass die dort erfolgende landwirtschaftliche Produktion gestärkt und wettbewerbsfähiger gemacht wird. Dies muss aber eindeutig vom Ziel und dem System der sozialen Unterstützung getrennt werden. Hierher gehört alles, was sich auf die sog. Entwicklung der landschaftsgebundenen Produktion bezieht und hier müssten auch die besonders wertvollen Regionen einbezogen werden, die als Naturschätze, oder als Betreiber einer spezifischen ungarischen Agrarkultur berechtigt einen Anspruch auf Schutz und eine gesonderte Behandlung erheben können (z.B. Tokaj und einige andere kleinere Weinbauregionen, die Paprikaproduktion von Kalocsa und Szeged, oder der Zwiebelanbau in Makó.)

Die Aufgabe der Unterstützung und des Aufschwunges für die zurückgebliebenen Regionen gehört in den bereits erwähnten regionalen Fragenkreis, der natürlich auch ein Agrarkapitel haben muss, aber als Teil eines breiteren Zusammenhanges und nicht im Interesse eigenständiger landwirtschaftlicher Ziele. Über die jetzt laufenden, mit Unterstützung des PHARE-Programmes begonnenen regionalen Entwicklungen gibt es noch keine Erfahrungen, aber es ist eine sehr interessante Frage, wie die der Landwirtschaft zugestandene Rolle in den über ungünstige natürliche Gegebenheiten verfügenden Gebieten in Borsod und Szabolcs aussehen wird.

In der EU laufen regionale Programme mit gewaltigen materiellen Unterstützungen, deren erstes Ziel es ist, den ärmeren Regionen beim Aufschluss zu helfen. Für uns ist vor allem die Beachtung der Erfahrungen wichtig, denen zufolge sich die additionalen, die örtlichen Initiativen ergänzenden und die örtlichen Ressourcen erhöhenden Unterstützungsformen ausdehnen, und der gemäß ein organischer Teil des Programmes die ständige Beobachtung, Auswertung und die strenge fachliche und finanzielle Kontrolle mitsamt des eigenen genauen statistischen Systems ist (was noch dazu eine Bedingung für die Berechtigung zur Unterstützung ist).

 

9. Umweltschutz

Die Situation auf diesem Gebiet ist sehr widersprüchlich. Die bewusste Pflege der Umwelt ist bei uns bekannter Weise sehr vernachlässigt und unentwickelt. Gleichzeitig aber ist in Westeuropa die landwirtschaftliche Umweltbelastung, die Nutzung von Chemikalien, die in großen Dosen und über Jahrzehnte hinauslaufende Mineraldüngung, das die Aufnahme- und Verarbeitungsfähigkeit des Bodens übersteigende Düngeniveau ein Mehrfaches des bei uns üblichen. Deshalb gibt es also einerseits zu bewahrende – und auf unseren Märkten bisher überhaupt nicht verkündete und angepriesene – Vorteile und andererseits parallel dazu zahlreiche solche Aufgaben, die für uns wirklich eine große Herausforderung bedeuten.

Auch die Situation ist eigen und aus der allgemeinen wirtschaftlichen Rückständigkeit zu erklären, die aus der Rückständigkeit der ländlichen Infrastruktur entstanden ist. Der kommunale Abfall der Dörfer und teilweise auch der städtischen Ansiedlungen ist ein gewaltiger umweltverschmutzender Faktor, von dem auch der von in bewohnten Gebieten betriebenen Tierhaltungen stammende, oftmals schlecht aufbereitete Abfall und Mist nicht getrennt werden kann. Deshalb ist heute schon kennzeichnend, dass wir bei einer weiteren Dezentralisierung unserer Tierhaltung eine fast unabsehbar große Umweltverschmutzung auf die ohnehin in ihrem Abfall schon fast erstickenden Dörfer loslassen. In Ungarn hatten die großen Tieranlagen die Abfallbehandlung in der Mehrzahl der Fälle annehmbar, an manchen Orten sogar auf gutem Niveau gelöst. Jetzt ist ein Teil dieser Anlagen auch außer Betrieb. In Zukunft wäre es angebracht, wenn den Anlagen die Möglichkeit zur Reaktivierung und Neuinbetriebnahme gegeben würde, die den Anforderungen des Umweltschutzes entsprechen. Bei denen das nicht der Fall ist, sollte die Vorbedingung für die Neuinbetriebnahme die Durchführung der Umweltschutzinvestitionen sein, zu denen der Staat eine gut nutzbare Unterstützung offerieren könnte.

Im Laufe der letzten Jahre ist die technische Basis für die Nährstoff- und Mineralienversorgung der Großbetriebe, das in der Landschaftserhaltung eine solch wichtige Rolle einnehmende agrochemische Netz und das die Nutzung von Flüssigdünger ermöglichende technische und unternehmerische Netzwerk verkümmert und wurde zum Teil aufgelöst. Für die Rettung der noch existierenden lebenswichtigen Objekte, umweltschonenden Chemikalienlager, Mineraldüngerspeicher und Pflanzenschutzmaschinen sind dringende Maßnahmen notwendig, da eine Anhebung der Chemisierung auf ein wiederum normales Niveau ohne diese kaum realisierbar ist. Nur mit einem entsprechend ausgebauten Netz, nur mit den noch rettbaren geistigen und materiellen Grundmitteln kann der aus den mangelnden Mitteln und dem mangelnden Sachverstand entstehenden Gefahr vorgebeugt werden, die aufgrund der zerfallenen Organisationsordnung in der Landwirtschaft auf uns zukommt. Dies sind solche Aufgaben, für die man die von der EU oder anderen Organisationen in Aussicht gestellte Unterstützung und auch die konkrete materielle Hilfe bekommen müsste. Teil des Ganzen ist auch die Entwicklung der Ordnung der Fachberatung und der Dienstleistungen, die ebenfalls die Chancen der auf diesem besonders diffizilen Gebiet so wichtig gewordenen Neuordnung erhöht.

 

10. Das Informationssystem der Landwirtschaft

Während sich in der EU alle Fachleute über eine Überwucherung der Bürokratie beschweren, behindert bei uns heute der Mangel an elementarsten Informationen die effektivere Arbeit. Die Sammlung statistischer Angaben ist schon lange die Zielscheibe der gegen die Staatsverwaltung gerichteten Kritiken, dies wurde verstärkt durch den im Verlauf des politischen Machtwechsels gegen die Leiter der Großbetriebe und ihre, die administrative Arbeit mit einer meistens geringen Effektivität und noch geringerer fachlicher Anerkennung erledigenden Mitarbeiter verkündeten Kampf, der infolge der vielen rechtlichen Unklarheiten und dem völligen Orientierungsmangel binnen kurzem dazu führte, dass die Regierung, ja sogar die Unternehmensleitung mittlerweile über fast keine Realitätskenntnisse verfügt. Dessen Folgen sind nicht so spektakulär, aber umso schwerwiegender. Wenn man kein Bild von der Gegenwart hat, verliert sich auch die Zukunft im Nebel und in Rätseleien. Der Dilettantismus und die billige Demagogie haben damit einen ziemlich breiten Spielraum bekommen, den sie auch sehr schnell ausfüllten hat.

Heute nun ist im Kreise der verantwortlichen Leiter und der Interessenvertreter die Erkenntnis klar geworden, dass die Situation so unhaltbar und ein Informationsbezug dringend notwendig ist. Diese Erkenntnis führt aber dahin, dass fast jeder Vertreter der Wirtschaft selbst versucht, seine Informationsbedürfnisse zu befriedigen. Fast jede Behörde, jeder Produktenrat, Verband oder jedes Interessenvertretungsorgan und auch die mit schmalen Ressourcen kämpfenden statistischen und informatorischen Institutionen versuchen eigene Datenbanken aufzubauen. Zu klären wäre, welches der Bereich für die aus dem Staatsbudget gedeckte Datensammlung und -verarbeitung, sowie die dazugehörige Zugriffsmöglichkeit wäre, und als Ergänzung dazu, wer mehr Daten braucht, wer diese besorgt, beziehungsweise zu welchen Konditionen er diese vertreiben kann. Am billigsten wäre es, wenn die meisten Bedürfnisse das KSH, das Zentralamt für Statistik (oder in seiner Vertretung andere zentrale Organisationen, wie z.B. das AKII*, des ARH** usw.) befriedigen könnte und wenn jeder nur die spezielle Bedürfnisse befriedigende Datensammlung selbst durchführen, oder von anderen, dafür prädestinierten Organisationen durchführen lassen würde, die er selbst benötigt, (oder die er vermarkten will). Wie diese Informationssammlung in der EU geschieht, was dazu verbindlich an Daten zu liefern ist, und wie man am Ende zu diesen Informationen kommen kann, dies sollten wir gründlich studieren. Dabei können wir uns auch darauf vorbereiten, was, wann und aus welcher Quelle wir als Sonderwunsch der EU befriedigen müssen. Dass dieser Mehrbedarf groß ist, darin dürfen wir sicher sein.

 

11. Einige allgemeine Schlussfolgerungen

Wenn man das Geschriebene überblickt, muss man zusammenfassend eine Unmasse von Aufgaben feststellen. Außerdem dürfen wir nicht vergessen, dass wir heute weiter von unserem Ziel entfernt sind, als wir es vor einigen Jahren waren und dass unsere Bedingungen – die inneren und äußeren gleichermaßen – wesentlich ungünstiger sind. Der westliche Teil Europas ist nicht mehr von Ungarn hingerissen, sein wirtschaftliches Ziel besteht eher in der Markteroberung als in der Integration. Wir selbst begründen das immer mehr mit unseren schwachen Leistungen und anstelle einer Erneuerung des früher wettbewerbsfähigen Agrarsektors mit dessen völliger Zerrüttung. Heute können wir nur noch hoffen, dass die EU die Gefahr ihrer kurzsichtigen Politik und die für den östlichen Teil Europas auch dadurch entstehende Krisensituation erkennt. Und wenn wir auch nur darauf hoffen können, handeln müssen wir hier zuhause auf alle Fälle, um zunächst den Sturzflug der Lebensmittelwirtschaft zu bremsen und danach die langwierige Arbeit zum Neuanschluss an die Weltspitze zu beginnen.

Die Mehrzahl unserer Aufgaben sind heute solche, die im Grunde unabhängig davon sind, ob wir Mitglied der EU sein wollen oder können. Diese Feststellung heißt aber nicht, dass, wenn wir schon aufbauen müssen, es dann ohne Rücksicht auf die EU, deren Normen und Regeln tun sollten. Gut wäre aber zu vermeiden, dass wir selbst unsere alltäglichsten Angelegenheiten immer unter Berufung auf die EU erledigen, dass wir – unsere eigenen positiven und bitteren Erfahrungen und unsere frühere erfolgreiche Praxis vergessend – wieder fremden Beispielen nachjagen, und dass den Platz der interessenverwirklichenden Bestrebungen weiterhin die Kompromisse schließende Anpassung einnimmt. Die Folgen, die sich aus dem Assoziierungsvertrag ergeben, und die wir jetzt schon an eigener Haut verspüren, weil sie sich tagtäglich in der Praxis zeigen, beweisen unmissverständlich, dass unsere Verhandlungsposition umso stärker ist, je effektiver und leistungsfähiger unsere Landwirtschaft ist. Dieser Rückzug unter Kompromissen, diese „Was wird man dazu sagen” – Auffassung muss über Bord geworfen und unter Einhaltung aller sinnvoller Normen auf den bisher halbseidig behandelten Gebieten, wie der Hygiene, des Gesundheitswesens und des Umweltschutzes die Wirtschaftlichkeit in den Mittelpunkt aller Entwicklungsbestrebungen gestellt werden. Dieses Prinzip muss dafür entscheidend sein, was, wie viel, wie, wo, und in welchem betrieblich-unternehmerischen System es sich lohnt zu produzieren, und nicht jene unsichere Vermutung, die man im Verlaufe der letzten Jahre versucht hat, aus den Worten einiger westlicher offizieller Experten, die ungarische Wirklichkeit nicht einmal oberflächlich kennender, delegierter Fachberater und Politiker wider Willen heraus zu interpretieren.

 

Quellenverzeichnis

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Az exportorientáció gondjai agrárgazdaságunkban. (Probleme der Exportorientierung in unserer Agrarwirtschaft) Ed. Udovecz, G. AKII Budapest, 1994. 159 p.

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3

H. Nallet–A. van Stolk: Die Verbindung der EU mit den Wirtschaften Mittel-Osteuropas. Bericht an die Europäische Kommission. Manuskript. 1994. 65 p.

4

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5

Pálovics, B-né–Varga, Gy.: Magyarország agrárgazdasága és az Európai Közösség. (Ungarns Agrarwirtschaft und die Europäische Gemeinschaft) AKII Budapest 1991. 148 p.

6

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7

Varga, Gy.: A magyar agrárpolitika és a közöspiaci csatlakozás. (Die ungarische Agrarpolitik und der Beitritt zum Gemeinsamen Markt) Külgazdaság Budapest, 1992. No. 2. 7

8

Varga, Gy.: Present State and Future of the Hungarian Agriculture. GKI Gazdaságkutató Rt. Budapest, 1994. 66 p.

 

Der Autor Prof. Dr. Gyula Varga ist stellvertretender Direktor des Institutes für Agrarökonomie und Informatik in Budapest.